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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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Wir wundern uns also nicht, daß du, wie du sa-"
gest, vorhin nicht glauben können, das auch in gros-"
sen Leibern kleine Geister
wohnen könnten, und"
immer gemeinet hast, Geister solcher Art fünden sich"
nur in kleinen Cörpern, biß du heute mit deinen"
sichtlichen Augen das Gegentheil gesehen." Deine
Gegenwart macht es uns gar begreiflich, wie es mög-
lich gewesen, daß du so lange in einem so mercklichen
Jrrthum stecken können. Eine lebhafte Empfindung
der genauen Gleichheit zwischen deinem Cör-
per, und Geiste
hat dich verleitet, aus dem, was du
an dir selbst wahrgenommen, eine allgemeine Regel
zu machen. Dieses ist eine Uebereilung, die wir dir leicht
zu gute halten, weil wir derselben alle unterworfen sind.

Wir wundern uns auch nicht, daß du das grosse"
Geschrey, das Geklatsche mit den Händen, die son-"
derbare Art mit den Zuhörern zu schertzen, und die lei-"
se Stimme und Unbeweglichkeit," so du an einigen
unserer hier gegenwärtigen Gleidern bemercket zu ha-
ben vorgiebst, auf eine hönische Art tadelst; da doch
alle diese Dinge kleinen Geistern wohl anstehen. Wir
bemercken in diesen Spöttereyen eine Unförmlichkeit,
die so sonderbar ist, daß es von undencklichen Jahren
her, niemand, als dem Haupt unserer Gesellschaft, ver-
gönnet gewesen, dieselbe zu begehen.

Nur solten wir fast vor Verwunderung ausser uns
gesetzet werden, wenn wir hören, daß du mit Zittern
und mit Zagen, mit einer kläglichen Stimme, und
mit einer blassen Todten-farbe anhebest zu klagen:
O! was sehe ich da vor eine vermischte Schaar bey-"
derley Geschlechts, die sich einer handfesten Bered-"
samkeit
rühmen. Jch sehe eine grosse Anzahl die an-"

statt"
(o)

Wir wundern uns alſo nicht, daß du, wie du ſa-„
geſt, vorhin nicht glauben koͤnnen, das auch in groſ-„
ſen Leibern kleine Geiſter
wohnen koͤnnten, und„
immer gemeinet haſt, Geiſter ſolcher Art fuͤnden ſich„
nur in kleinen Coͤrpern, biß du heute mit deinen„
ſichtlichen Augen das Gegentheil geſehen.‟ Deine
Gegenwart macht es uns gar begreiflich, wie es moͤg-
lich geweſen, daß du ſo lange in einem ſo mercklichen
Jrrthum ſtecken koͤnnen. Eine lebhafte Empfindung
der genauen Gleichheit zwiſchen deinem Coͤr-
per, und Geiſte
hat dich verleitet, aus dem, was du
an dir ſelbſt wahrgenommen, eine allgemeine Regel
zu machen. Dieſes iſt eine Uebeꝛeilung, die wiꝛ dir leicht
zu gute halten, weil wir derſelbẽ alle unterworfen ſind.

Wir wundern uns auch nicht, daß du das groſſe„
Geſchrey, das Geklatſche mit den Haͤnden, die ſon-„
derbare Art mit den Zuhoͤrern zu ſchertzen, und die lei-„
ſe Stimme und Unbeweglichkeit,‟ ſo du an einigen
unſerer hier gegenwaͤrtigen Gleidern bemercket zu ha-
ben vorgiebſt, auf eine hoͤniſche Art tadelſt; da doch
alle dieſe Dinge kleinen Geiſtern wohl anſtehen. Wir
bemercken in dieſen Spoͤttereyen eine Unfoͤrmlichkeit,
die ſo ſonderbar iſt, daß es von undencklichen Jahren
her, niemand, als dem Haupt unſerer Geſellſchaft, ver-
goͤnnet geweſen, dieſelbe zu begehen.

Nur ſolten wir faſt vor Verwunderung auſſer uns
geſetzet werden, wenn wir hoͤren, daß du mit Zittern
und mit Zagen, mit einer klaͤglichen Stimme, und
mit einer blaſſen Todten-farbe anhebeſt zu klagen:
O! was ſehe ich da vor eine vermiſchte Schaar bey-„
derley Geſchlechts, die ſich einer handfeſten Bered-„
ſamkeit
ruͤhmen. Jch ſehe eine groſſe Anzahl die an-„

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[367/0459] (o) Wir wundern uns alſo nicht, daß du, wie du ſa-„ geſt, vorhin nicht glauben koͤnnen, das auch in groſ-„ ſen Leibern kleine Geiſter wohnen koͤnnten, und„ immer gemeinet haſt, Geiſter ſolcher Art fuͤnden ſich„ nur in kleinen Coͤrpern, biß du heute mit deinen„ ſichtlichen Augen das Gegentheil geſehen.‟ Deine Gegenwart macht es uns gar begreiflich, wie es moͤg- lich geweſen, daß du ſo lange in einem ſo mercklichen Jrrthum ſtecken koͤnnen. Eine lebhafte Empfindung der genauen Gleichheit zwiſchen deinem Coͤr- per, und Geiſte hat dich verleitet, aus dem, was du an dir ſelbſt wahrgenommen, eine allgemeine Regel zu machen. Dieſes iſt eine Uebeꝛeilung, die wiꝛ dir leicht zu gute halten, weil wir derſelbẽ alle unterworfen ſind. Wir wundern uns auch nicht, daß du das groſſe„ Geſchrey, das Geklatſche mit den Haͤnden, die ſon-„ derbare Art mit den Zuhoͤrern zu ſchertzen, und die lei-„ ſe Stimme und Unbeweglichkeit,‟ ſo du an einigen unſerer hier gegenwaͤrtigen Gleidern bemercket zu ha- ben vorgiebſt, auf eine hoͤniſche Art tadelſt; da doch alle dieſe Dinge kleinen Geiſtern wohl anſtehen. Wir bemercken in dieſen Spoͤttereyen eine Unfoͤrmlichkeit, die ſo ſonderbar iſt, daß es von undencklichen Jahren her, niemand, als dem Haupt unſerer Geſellſchaft, ver- goͤnnet geweſen, dieſelbe zu begehen. Nur ſolten wir faſt vor Verwunderung auſſer uns geſetzet werden, wenn wir hoͤren, daß du mit Zittern und mit Zagen, mit einer klaͤglichen Stimme, und mit einer blaſſen Todten-farbe anhebeſt zu klagen: O! was ſehe ich da vor eine vermiſchte Schaar bey-„ derley Geſchlechts, die ſich einer handfeſten Bered-„ ſamkeit ruͤhmen. Jch ſehe eine groſſe Anzahl die an-„ ſtatt„

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/459>, abgerufen am 25.11.2024.