und unsere Gesellschaft von dem schimpflichen Ver- dacht einer Grobheit sichern kan. Jch habe die Re- de Ew. Hoch-Edelgeb. mit Gelassenheit angehöret, und die Vorzüge, die eine grosse, und sich auf eine bey nahe funfzig-jährige Erfahrung gründen- de Erkenntniß der Natur der kleinen Geister, und die daher entstehende tiefe Einsicht in den Abgrund der Verdienste und Vortreflichkeiten, mit welchen Ew. Hoch-Edelg. zur Zierde und zum Troste unserer Gesellschaft prangen, mir vor dem Rest meiner Mit- Brüder giebt, haben nicht zugegeben, daß die unbe- schreibliche Freude, welche mir Ew. Hoch-Edelgeb. Gegenwart verursachet, durch die bedencklichen Aus- drückungen, und das zornige Bezeigen, womit Ew. Hoch-Edelgeb. alle meine hier versammleten Brüder so sehr erschrecket, gestöret werden können.
Jch schmecke die Süßigkeit dieses entzückenden Vergnügens ohne Mischung der geringsten Bitter- keit, und rechne diesen Tag, an welchem Ew. Hoch- Edelgeb. unsere Gesellschaft mit dero hohen Ge- genwart beehret, unter diejenigen Tage, die wir vor andern zu mercken Ursache haben, und unter die glückseligsten meines langen und mühseeligen Lebens.
"Hic dies vere mihi festus atras "Eximet curas . . . .(3)
Jch will nun gerne sterben, allerliebster Philippi, nachdem ich dein Angesicht gesehen habe.
Und ach! was wolte ich darum geben, daß diese gantze Versammlung eben so gesinnet wäre, und mit mir erkennete, wie grosse Ursache wir haben, uns zu
freuen!
(3)Horat. Lib. III. Od. 14.
(o)
und unſere Geſellſchaft von dem ſchimpflichen Ver- dacht einer Grobheit ſichern kan. Jch habe die Re- de Ew. Hoch-Edelgeb. mit Gelaſſenheit angehoͤret, und die Vorzuͤge, die eine groſſe, und ſich auf eine bey nahe funfzig-jaͤhrige Erfahrung gruͤnden- de Erkenntniß der Natur der kleinen Geiſter, und die daher entſtehende tiefe Einſicht in den Abgrund der Verdienſte und Vortreflichkeiten, mit welchen Ew. Hoch-Edelg. zur Zierde und zum Troſte unſerer Geſellſchaft prangen, mir vor dem Reſt meiner Mit- Bruͤder giebt, haben nicht zugegeben, daß die unbe- ſchreibliche Freude, welche mir Ew. Hoch-Edelgeb. Gegenwart verurſachet, durch die bedencklichen Aus- druͤckungen, und das zornige Bezeigen, womit Ew. Hoch-Edelgeb. alle meine hier verſammleten Bruͤder ſo ſehr erſchrecket, geſtoͤret werden koͤnnen.
Jch ſchmecke die Suͤßigkeit dieſes entzuͤckenden Vergnuͤgens ohne Miſchung der geringſten Bitter- keit, und rechne dieſen Tag, an welchem Ew. Hoch- Edelgeb. unſere Geſellſchaft mit dero hohen Ge- genwart beehret, unter diejenigen Tage, die wir vor andern zu mercken Urſache haben, und unter die gluͤckſeligſten meines langen und muͤhſeeligen Lebens.
„Hic dies vere mihi feſtus atras „Eximet curas . . . .(3)
Jch will nun gerne ſterben, allerliebſter Philippi, nachdem ich dein Angeſicht geſehen habe.
Und ach! was wolte ich darum geben, daß dieſe gantze Verſammlung eben ſo geſinnet waͤre, und mit mir erkennete, wie groſſe Urſache wir haben, uns zu
freuen!
(3)Horat. Lib. III. Od. 14.
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(o)
und unſere Geſellſchaft von dem ſchimpflichen Ver-
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de Ew. Hoch-Edelgeb. mit Gelaſſenheit angehoͤret,
und die Vorzuͤge, die eine groſſe, und ſich auf eine
bey nahe funfzig-jaͤhrige Erfahrung gruͤnden-
de Erkenntniß der Natur der kleinen Geiſter, und
die daher entſtehende tiefe Einſicht in den Abgrund
der Verdienſte und Vortreflichkeiten, mit welchen
Ew. Hoch-Edelg. zur Zierde und zum Troſte unſerer
Geſellſchaft prangen, mir vor dem Reſt meiner Mit-
Bruͤder giebt, haben nicht zugegeben, daß die unbe-
ſchreibliche Freude, welche mir Ew. Hoch-Edelgeb.
Gegenwart verurſachet, durch die bedencklichen Aus-
druͤckungen, und das zornige Bezeigen, womit Ew.
Hoch-Edelgeb. alle meine hier verſammleten Bruͤder
ſo ſehr erſchrecket, geſtoͤret werden koͤnnen.
Jch ſchmecke die Suͤßigkeit dieſes entzuͤckenden
Vergnuͤgens ohne Miſchung der geringſten Bitter-
keit, und rechne dieſen Tag, an welchem Ew. Hoch-
Edelgeb. unſere Geſellſchaft mit dero hohen Ge-
genwart beehret, unter diejenigen Tage, die wir
vor andern zu mercken Urſache haben, und unter die
gluͤckſeligſten meines langen und muͤhſeeligen Lebens.
„Hic dies vere mihi feſtus atras
„Eximet curas . . . . (3)
Jch will nun gerne ſterben, allerliebſter Philippi,
nachdem ich dein Angeſicht geſehen habe.
Und ach! was wolte ich darum geben, daß dieſe
gantze Verſammlung eben ſo geſinnet waͤre, und mit
mir erkennete, wie groſſe Urſache wir haben, uns zu
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(3) Horat. Lib. III. Od. 14.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/448>, abgerufen am 25.11.2024.
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