an meinen bißher in Druck gegebenen Schriften be- zeuget; So schätze es vor ein Glück, daß wenig- stens euch, als einer so zahlreichen Gesellschaft, damit dienen können, und ich verbinde mich hiedurch in meiner unter Händen habenden Anatomie des menschlichen Verstandes ein eigen Capitel von der Stärcke eurer Einbildungs-Kraft, von der Glück- seeligkeit eurer Einfälle, von der angenehmen Ver- bindung ausländischer, und anderer bedenckli- chen Redens-Arten, in eurer ans Licht gestellten Wercken, von der Richtigkeit eurer Urtheile, Gründ- lichkeit eurer Schlüsse, und in Summa, was zur Vollkommenheit der kleinen Geister gehöret, zu reden.
Jch behalte mir auch vor, eure gerechte Beschwer- den darinne zu prüfen, daß die grossen Geister sich in ihren Begrifen nicht nach euch richten, sondern sich oft nicht entblöden Dinge zu reden, und zu schrei- ben, die gantz über euren Horizont sind. Hin- gegen verspreche euch hiermit, künftig nichts mehr in Druck ausgehen zu lassen, dabey ich nicht eurer alle- zeit in Ehren gedencken sollte, und wenn ich ja weiter Schriften ans Licht stellen möchte, die, wie mein neuester Philosophischer Tractat, von der Unmöglichkeit einer ewigen Welt, euch unbe- greiflich wären; So glaubet doch, ich habe so viel Hochachtung vor euch, daß ich euch deren Durch- lesung nicht einmahl anmuthe.
Doch ich erinnere mich einer gantz besondern Pflicht, die ich den Augenblick, da ich diese Stelle betreten, gegen euch abzutragen, so schuldig als wil- lig bin. Jch bezeuge euch nemlich meine ungemei-
ne
(o)
an meinen bißher in Druck gegebenen Schriften be- zeuget; So ſchaͤtze es vor ein Gluͤck, daß wenig- ſtens euch, als einer ſo zahlreichen Geſellſchaft, damit dienen koͤnnen, und ich verbinde mich hiedurch in meiner unter Haͤnden habenden Anatomie des menſchlichen Verſtandes ein eigen Capitel von der Staͤrcke eurer Einbildungs-Kraft, von der Gluͤck- ſeeligkeit eurer Einfaͤlle, von der angenehmen Ver- bindung auslaͤndiſcher, und anderer bedenckli- chen Redens-Arten, in eurer ans Licht geſtellten Wercken, von der Richtigkeit eurer Urtheile, Gruͤnd- lichkeit eurer Schluͤſſe, und in Summa, was zur Vollkommenheit der kleinen Geiſter gehoͤret, zu reden.
Jch behalte mir auch vor, eure gerechte Beſchwer- den darinne zu pruͤfen, daß die groſſen Geiſter ſich in ihren Begrifen nicht nach euch richten, ſondern ſich oft nicht entbloͤden Dinge zu reden, und zu ſchrei- ben, die gantz uͤber euren Horizont ſind. Hin- gegen verſpreche euch hiermit, kuͤnftig nichts mehr in Druck ausgehen zu laſſen, dabey ich nicht eurer alle- zeit in Ehren gedencken ſollte, und wenn ich ja weiter Schriften ans Licht ſtellen moͤchte, die, wie mein neueſter Philoſophiſcher Tractat, von der Unmoͤglichkeit einer ewigen Welt, euch unbe- greiflich waͤren; So glaubet doch, ich habe ſo viel Hochachtung vor euch, daß ich euch deren Durch- leſung nicht einmahl anmuthe.
Doch ich erinnere mich einer gantz beſondern Pflicht, die ich den Augenblick, da ich dieſe Stelle betreten, gegen euch abzutragen, ſo ſchuldig als wil- lig bin. Jch bezeuge euch nemlich meine ungemei-
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[244[344]/0436]
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an meinen bißher in Druck gegebenen Schriften be-
zeuget; So ſchaͤtze es vor ein Gluͤck, daß wenig-
ſtens euch, als einer ſo zahlreichen Geſellſchaft,
damit dienen koͤnnen, und ich verbinde mich hiedurch
in meiner unter Haͤnden habenden Anatomie des
menſchlichen Verſtandes ein eigen Capitel von
der Staͤrcke eurer Einbildungs-Kraft, von der Gluͤck-
ſeeligkeit eurer Einfaͤlle, von der angenehmen Ver-
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chen Redens-Arten, in eurer ans Licht geſtellten
Wercken, von der Richtigkeit eurer Urtheile, Gruͤnd-
lichkeit eurer Schluͤſſe, und in Summa, was zur
Vollkommenheit der kleinen Geiſter gehoͤret, zu
reden.
Jch behalte mir auch vor, eure gerechte Beſchwer-
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in ihren Begrifen nicht nach euch richten, ſondern
ſich oft nicht entbloͤden Dinge zu reden, und zu ſchrei-
ben, die gantz uͤber euren Horizont ſind. Hin-
gegen verſpreche euch hiermit, kuͤnftig nichts mehr in
Druck ausgehen zu laſſen, dabey ich nicht eurer alle-
zeit in Ehren gedencken ſollte, und wenn ich ja
weiter Schriften ans Licht ſtellen moͤchte, die, wie
mein neueſter Philoſophiſcher Tractat, von der
Unmoͤglichkeit einer ewigen Welt, euch unbe-
greiflich waͤren; So glaubet doch, ich habe ſo viel
Hochachtung vor euch, daß ich euch deren Durch-
leſung nicht einmahl anmuthe.
Doch ich erinnere mich einer gantz beſondern
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 244[344]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/436>, abgerufen am 22.11.2024.
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