die Verführung derer zu bewahren, die ihn vieleicht durch die schmeichelnde Ein- bildung daß ihm in dem Briontes sehr zu nahe geschehen, und diese Satyre, ich weiß nicht wie ehrenrührig, gottloß und strafbar sey, von Vollführung des wich- tigen Wercks seiner Bekehrung, in wel- chem er begrifen ist, abhalten, und durch ihr loses, und dem Fleische angenehmes Geschwätz auf die unvernünftigen Gedan- cken bringen möchten, es sey nicht nur nöthig, sondern auch möglich, daß er seine Feh- ler gegen den Verfasser des Briontes biß auf den letzten Bluts-Tropfen ver- theidige.
Gute Erinnerungen sind dem äussern Men- schen allemahl verdrießlich. Er will nicht ge- meistert seyn. Unsere verderbte Natur wie- derstrebet dem Guten, und die uns allen ange- bohrne Selbst-Liebe blendet uns so sehr, daß wir dasjenige, welches andere an uns tadeln und verabscheuen, oft vor unsere beste Eigen- schaft halten. Es ist also gar natürlich, daß eine Schrift, wie der Briontes, dem Herrn Pro- fessor Philippi, der sich, ich weiß nicht warum, eine gute Zeit eingebildet hat, er sey ein heroi- scher Redner, und ein vortreflicher Dichter, nicht sonderlich gefallen müsse, weil sie ihm diese süsse Einbildung, wieder seinen Willen raubet, und zu allerhand verdrießlichen Be- trachtungen Anlaß giebt. Die Gelassenheit, die der Herr Professer bißhero bezeiget, lässet
uns
(o)
die Verfuͤhrung derer zu bewahren, die ihn vieleicht durch die ſchmeichelnde Ein- bildung daß ihm in dem Briontes ſehr zu nahe geſchehen, und dieſe Satyre, ich weiß nicht wie ehrenruͤhrig, gottloß und ſtrafbar ſey, von Vollfuͤhrung des wich- tigen Wercks ſeiner Bekehrung, in wel- chem er begrifen iſt, abhalten, und durch ihr loſes, und dem Fleiſche angenehmes Geſchwaͤtz auf die unvernuͤnftigen Gedan- cken bringen moͤchten, es ſey nicht nur noͤthig, ſondern auch moͤglich, daß er ſeine Feh- ler gegen den Verfaſſer des Briontes biß auf den letzten Bluts-Tropfen ver- theidige.
Gute Erinnerungen ſind dem aͤuſſern Men- ſchen allemahl verdrießlich. Er will nicht ge- meiſtert ſeyn. Unſere verderbte Natur wie- derſtrebet dem Guten, und die uns allen ange- bohrne Selbſt-Liebe blendet uns ſo ſehr, daß wir dasjenige, welches andere an uns tadeln und verabſcheuen, oft vor unſere beſte Eigen- ſchaft halten. Es iſt alſo gar natuͤrlich, daß eine Schrift, wie der Briontes, dem Herrn Pro- feſſor Philippi, der ſich, ich weiß nicht warum, eine gute Zeit eingebildet hat, er ſey ein heroi- ſcher Redner, und ein vortreflicher Dichter, nicht ſonderlich gefallen muͤſſe, weil ſie ihm dieſe ſuͤſſe Einbildung, wieder ſeinen Willen raubet, und zu allerhand verdrießlichen Be- trachtungen Anlaß giebt. Die Gelaſſenheit, die der Herr Profeſſer bißhero bezeiget, laͤſſet
uns
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[232[332]/0424]
(o)
die Verfuͤhrung derer zu bewahren, die
ihn vieleicht durch die ſchmeichelnde Ein-
bildung daß ihm in dem Briontes ſehr
zu nahe geſchehen, und dieſe Satyre, ich
weiß nicht wie ehrenruͤhrig, gottloß und
ſtrafbar ſey, von Vollfuͤhrung des wich-
tigen Wercks ſeiner Bekehrung, in wel-
chem er begrifen iſt, abhalten, und durch
ihr loſes, und dem Fleiſche angenehmes
Geſchwaͤtz auf die unvernuͤnftigen Gedan-
cken bringen moͤchten, es ſey nicht nur noͤthig,
ſondern auch moͤglich, daß er ſeine Feh-
ler gegen den Verfaſſer des Briontes
biß auf den letzten Bluts-Tropfen ver-
theidige.
Gute Erinnerungen ſind dem aͤuſſern Men-
ſchen allemahl verdrießlich. Er will nicht ge-
meiſtert ſeyn. Unſere verderbte Natur wie-
derſtrebet dem Guten, und die uns allen ange-
bohrne Selbſt-Liebe blendet uns ſo ſehr, daß
wir dasjenige, welches andere an uns tadeln
und verabſcheuen, oft vor unſere beſte Eigen-
ſchaft halten. Es iſt alſo gar natuͤrlich, daß eine
Schrift, wie der Briontes, dem Herrn Pro-
feſſor Philippi, der ſich, ich weiß nicht warum,
eine gute Zeit eingebildet hat, er ſey ein heroi-
ſcher Redner, und ein vortreflicher Dichter,
nicht ſonderlich gefallen muͤſſe, weil ſie ihm
dieſe ſuͤſſe Einbildung, wieder ſeinen Willen
raubet, und zu allerhand verdrießlichen Be-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 232[332]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/424>, abgerufen am 25.11.2024.
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