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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
nicht straf-
bar, kan
man spot-
ten.
Ehebruchs und anderer Verbrechen zu beschul-
digen, so erlaubt ist es, ihm solche Fehler bey-
zumessen, die nicht bestrafet werden, und sei-
nen ehrlichen Nahmen nicht beschmitzen. Jch
kan also von einem Menschen sagen, daß er
hochmüthig, geitzig, argwöhnisch, eigensin-
nig, lecker in Essen und Trincken, furchtsam,
verwegen, ein Verschwender, ein Müssig-
gänger und Säufer sey, ohne daß er mich
darum verklagen könnte. Jch habe dieses
gleichfals nicht zu besorgen, wenn ich über sei-
ne Auführung in Gesellschaften spotte. Wer
will mir z. E. wehren, über einen geschosse-
nen Seladon zu lachen, der mit seiner
Clarimene
a l' Hombre spielet, und alle-
mahl, wann er die Charten giebt, seine
Schöne mit verschmachtenden Augen
ansiehet, und die Charten, die sie haben
soll, aufs zärtlichste küsset?
Eine wunderli-
che Tracht, ein närrischer Gang, eine ungereim-
te und verdrießliche Art zu complimentiren und
dergleichen Fehler geben mir gleiches Recht,
und überhaupt alle Schwachheiten, die ich je-
tzo genennet habe, samt noch vielen andern, die
mir nicht beyfallen, können ohne Verletzung
des ehrlichen Nahmens derer, die zu ihrem Un-
glück damit behaftet sind, lächerlich gemacht
werden. Diese Fehler und Gebrechen sind es e-
ben, an welchen ein Spötter seine Kunst bewei-
sen kan; Daher sie dann auch Cicero materiem
ridiculorum
nennet. Er thut es an demjenigen
Ort, da er untersuchet, wie weit es einem Red-

ner

(o)
nicht ſtraf-
bar, kan
man ſpot-
ten.
Ehebruchs und anderer Verbrechen zu beſchul-
digen, ſo erlaubt iſt es, ihm ſolche Fehler bey-
zumeſſen, die nicht beſtrafet werden, und ſei-
nen ehrlichen Nahmen nicht beſchmitzen. Jch
kan alſo von einem Menſchen ſagen, daß er
hochmuͤthig, geitzig, argwoͤhniſch, eigenſin-
nig, lecker in Eſſen und Trincken, furchtſam,
verwegen, ein Verſchwender, ein Muͤſſig-
gaͤnger und Saͤufer ſey, ohne daß er mich
darum verklagen koͤnnte. Jch habe dieſes
gleichfals nicht zu beſorgen, wenn ich uͤber ſei-
ne Aufuͤhrung in Geſellſchaften ſpotte. Wer
will mir z. E. wehren, uͤber einen geſchoſſe-
nen Seladon zu lachen, der mit ſeiner
Clarimene
à l’ Hombre ſpielet, und alle-
mahl, wann er die Charten giebt, ſeine
Schoͤne mit verſchmachtenden Augen
anſiehet, und die Charten, die ſie haben
ſoll, aufs zaͤrtlichſte kuͤſſet?
Eine wunderli-
che Tracht, ein naͤrriſcher Gang, eine ungereim-
te und verdrießliche Art zu complimentiren und
dergleichen Fehler geben mir gleiches Recht,
und uͤberhaupt alle Schwachheiten, die ich je-
tzo genennet habe, ſamt noch vielen andern, die
mir nicht beyfallen, koͤnnen ohne Verletzung
des ehrlichen Nahmens derer, die zu ihrem Un-
gluͤck damit behaftet ſind, laͤcherlich gemacht
werden. Dieſe Fehler und Gebrechen ſind es e-
ben, an welchen ein Spoͤtter ſeine Kunſt bewei-
ſen kan; Daher ſie dann auch Cicero materiem
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[250/0342] (o) Ehebruchs und anderer Verbrechen zu beſchul- digen, ſo erlaubt iſt es, ihm ſolche Fehler bey- zumeſſen, die nicht beſtrafet werden, und ſei- nen ehrlichen Nahmen nicht beſchmitzen. Jch kan alſo von einem Menſchen ſagen, daß er hochmuͤthig, geitzig, argwoͤhniſch, eigenſin- nig, lecker in Eſſen und Trincken, furchtſam, verwegen, ein Verſchwender, ein Muͤſſig- gaͤnger und Saͤufer ſey, ohne daß er mich darum verklagen koͤnnte. Jch habe dieſes gleichfals nicht zu beſorgen, wenn ich uͤber ſei- ne Aufuͤhrung in Geſellſchaften ſpotte. Wer will mir z. E. wehren, uͤber einen geſchoſſe- nen Seladon zu lachen, der mit ſeiner Clarimene à l’ Hombre ſpielet, und alle- mahl, wann er die Charten giebt, ſeine Schoͤne mit verſchmachtenden Augen anſiehet, und die Charten, die ſie haben ſoll, aufs zaͤrtlichſte kuͤſſet? Eine wunderli- che Tracht, ein naͤrriſcher Gang, eine ungereim- te und verdrießliche Art zu complimentiren und dergleichen Fehler geben mir gleiches Recht, und uͤberhaupt alle Schwachheiten, die ich je- tzo genennet habe, ſamt noch vielen andern, die mir nicht beyfallen, koͤnnen ohne Verletzung des ehrlichen Nahmens derer, die zu ihrem Un- gluͤck damit behaftet ſind, laͤcherlich gemacht werden. Dieſe Fehler und Gebrechen ſind es e- ben, an welchen ein Spoͤtter ſeine Kunſt bewei- ſen kan; Daher ſie dann auch Cicero materiem ridiculorum nennet. Er thut es an demjenigen Ort, da er unterſuchet, wie weit es einem Red- ner nicht ſtraf- bar, kan man ſpot- ten.

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/342>, abgerufen am 23.11.2024.