Billigkeit meiner Forderung zu beweisen, da ich gleich anfangs solche Leser verlangte, die fä- hig wären, den verborgenen Sinn einer Jronie zu erreichen. Hätten diejenigen, welche in dem, das der Verfasser des Briontes von Paulo sagt, ich weiß nicht was vor Greuel finden wol- len, diese Fähigkeit besessen, so würden sie nim- mer ein so unbilliges Urtheil gefället haben. Jch muß ihnen also das Verständniß öfnen.
Wahre Vorstel- lung der Sache.
Sie werden sich zu erinnern belieben, daß der Verfasser des Briontes, ehe er sich an dem Apostel Paulus so unverantwortlich vergreift, von derjenigen Stelle der sechs Philip- pischen Reden handelt, woselbst der Herr Prof. Philippi sagt: "Die unterirrdigen "Grotten wären durch die Ankunft einer "preißwürdigsten Göttin, (ein Titel, welchen "er den Königin von Pohlen giebt), beglück- "seeliget worden." Um diese wunderliche Aus- drückungen lächerlich zu machen, spricht er: "Es scheine, der Herr Philippi glaube, daß "ein Redner, wie ein Staats-Mann, ohne "Weib, Schaam und Religion seyn müsse. Weil es nun sein Endzweck ist, alle Thorheiten des Hn. Prof. Philippi zu loben, so fährt er fort, und sagt: "Dieses sey eine vortheilhaf- "te Einbildung; denn der Hr. Prof. Philip- "pi komme dadurch zur Erkänntniß solchet "Geheimnisse, die auch denen Heiligsten ver- "borgen geblieben. Er beweiset dieses mit ei- ner Stelle aus der Lob-Rede, die der Hr. Prof. Philippi auf dem König von Pohlen gehalten
hat,
(o)
Billigkeit meiner Forderung zu beweiſen, da ich gleich anfangs ſolche Leſer verlangte, die faͤ- hig waͤren, den verborgenen Sinn einer Jronie zu erreichen. Haͤtten diejenigen, welche in dem, das der Verfaſſer des Briontes von Paulo ſagt, ich weiß nicht was vor Greuel finden wol- len, dieſe Faͤhigkeit beſeſſen, ſo wuͤrden ſie nim- mer ein ſo unbilliges Urtheil gefaͤllet haben. Jch muß ihnen alſo das Verſtaͤndniß oͤfnen.
Wahre Vorſtel- lung der Sache.
Sie werden ſich zu erinnern belieben, daß der Verfaſſer des Briontes, ehe er ſich an dem Apoſtel Paulus ſo unverantwortlich vergreift, von derjenigen Stelle der ſechs Philip- piſchen Reden handelt, woſelbſt der Herr Prof. Philippi ſagt: “Die unterirrdigen „Grotten waͤren durch die Ankunft einer „preißwuͤrdigſten Goͤttin, (ein Titel, welchen „er den Koͤnigin von Pohlen giebt), begluͤck- „ſeeliget worden.” Um dieſe wunderliche Aus- druͤckungen laͤcherlich zu machen, ſpricht er: “Es ſcheine, der Herr Philippi glaube, daß „ein Redner, wie ein Staats-Mann, ohne „Weib, Schaam und Religion ſeyn muͤſſe. Weil es nun ſein Endzweck iſt, alle Thorheiten des Hn. Prof. Philippi zu loben, ſo faͤhrt er fort, und ſagt: “Dieſes ſey eine vortheilhaf- „te Einbildung; denn der Hr. Prof. Philip- „pi komme dadurch zur Erkaͤnntniß ſolchet „Geheimniſſe, die auch denen Heiligſten ver- „borgen geblieben. Er beweiſet dieſes mit ei- ner Stelle aus der Lob-Rede, die der Hr. Prof. Philippi auf dem Koͤnig von Pohlen gehalten
hat,
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Billigkeit meiner Forderung zu beweiſen, da
ich gleich anfangs ſolche Leſer verlangte, die faͤ-
hig waͤren, den verborgenen Sinn einer Jronie
zu erreichen. Haͤtten diejenigen, welche in dem,
das der Verfaſſer des Briontes von Paulo
ſagt, ich weiß nicht was vor Greuel finden wol-
len, dieſe Faͤhigkeit beſeſſen, ſo wuͤrden ſie nim-
mer ein ſo unbilliges Urtheil gefaͤllet haben. Jch
muß ihnen alſo das Verſtaͤndniß oͤfnen.
Sie werden ſich zu erinnern belieben, daß
der Verfaſſer des Briontes, ehe er ſich an dem
Apoſtel Paulus ſo unverantwortlich vergreift,
von derjenigen Stelle der ſechs Philip-
piſchen Reden handelt, woſelbſt der Herr
Prof. Philippi ſagt: “Die unterirrdigen
„Grotten waͤren durch die Ankunft einer
„preißwuͤrdigſten Goͤttin, (ein Titel, welchen
„er den Koͤnigin von Pohlen giebt), begluͤck-
„ſeeliget worden.” Um dieſe wunderliche Aus-
druͤckungen laͤcherlich zu machen, ſpricht er:
“Es ſcheine, der Herr Philippi glaube, daß
„ein Redner, wie ein Staats-Mann, ohne
„Weib, Schaam und Religion ſeyn muͤſſe.
Weil es nun ſein Endzweck iſt, alle Thorheiten
des Hn. Prof. Philippi zu loben, ſo faͤhrt er
fort, und ſagt: “Dieſes ſey eine vortheilhaf-
„te Einbildung; denn der Hr. Prof. Philip-
„pi komme dadurch zur Erkaͤnntniß ſolchet
„Geheimniſſe, die auch denen Heiligſten ver-
„borgen geblieben. Er beweiſet dieſes mit ei-
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Philippi auf dem Koͤnig von Pohlen gehalten
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/324>, abgerufen am 25.11.2024.
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