welche eben die gringe und verächtliche Sache gering und verächtlich macht, so wird die Ver- gleichung der grossen und ehrwürdigen nach- theilig.
Jch erläutere das, was ich jetzo gesaget habe2) durch Exempel. mit Exempeln. Die Apostel Petrus und Pau- lus sagen, des Menschen Sohn werde kommen als ein Dieb in der Nacht. Diese Ver- gleichung lesen wir ohne Aergerniß. War- um? Weil die Aehnlichkeit, so die heiligen Ur- heber derselben zwischen des Menschen Sohn und einem Diebe wahrnehmen, nur die unver- muthete Ankunft, und nicht eine Eigenschaft eines Diebes betrift, die ihn just zum Diebe macht. Ein Dieb ist darum kein Dieb, weil er unangemeldet kömmt. Wer ärgert sich wohl, wann ein Hof-Prediger auf der Cantzel sagt: Ein König ist vor GOtt nichts mehr als der geringste Bettler? Die Ursache ist die- se: Weil man wohl siehet, daß der König darum doch König, und der Bettler ein Bett- ler bleibt; ob sie gleich darinn einander ähnlich sind, daß sie beyde GOtt vor ihren Herrn er- kennen müssen. Wolte ich aber sagen, der König gleiche dem geringsten seiner Untertha- nen darinn, daß er, wenn er wieder die Gesetze handelt, eben so wohlstrafbar sey, als ein ande- rer, so würde ich seine Majestät beleidigen, weil diese Vergleichung den wesentlichen Unter- scheid zwischen einem König und seinen Un- terthanen aufhebet.
Wenn
(o)
welche eben die gringe und veraͤchtliche Sache gering und veraͤchtlich macht, ſo wird die Ver- gleichung der groſſen und ehrwuͤrdigen nach- theilig.
Jch erlaͤutere das, was ich jetzo geſaget habe2) durch Exempel. mit Exempeln. Die Apoſtel Petrus und Pau- lus ſagen, des Menſchen Sohn werde kommen als ein Dieb in der Nacht. Dieſe Ver- gleichung leſen wir ohne Aergerniß. War- um? Weil die Aehnlichkeit, ſo die heiligen Ur- heber derſelben zwiſchen des Menſchen Sohn und einem Diebe wahrnehmen, nur die unver- muthete Ankunft, und nicht eine Eigenſchaft eines Diebes betrift, die ihn juſt zum Diebe macht. Ein Dieb iſt darum kein Dieb, weil er unangemeldet koͤmmt. Wer aͤrgert ſich wohl, wann ein Hof-Prediger auf der Cantzel ſagt: Ein Koͤnig iſt vor GOtt nichts mehr als der geringſte Bettler? Die Urſache iſt die- ſe: Weil man wohl ſiehet, daß der Koͤnig darum doch Koͤnig, und der Bettler ein Bett- ler bleibt; ob ſie gleich darinn einander aͤhnlich ſind, daß ſie beyde GOtt vor ihren Herrn er- kennen muͤſſen. Wolte ich aber ſagen, der Koͤnig gleiche dem geringſten ſeiner Untertha- nen darinn, daß er, wenn er wieder die Geſetze handelt, eben ſo wohlſtrafbar ſey, als ein ande- rer, ſo wuͤrde ich ſeine Majeſtaͤt beleidigen, weil dieſe Vergleichung den weſentlichen Unter- ſcheid zwiſchen einem Koͤnig und ſeinen Un- terthanen aufhebet.
Wenn
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(o)
welche eben die gringe und veraͤchtliche Sache
gering und veraͤchtlich macht, ſo wird die Ver-
gleichung der groſſen und ehrwuͤrdigen nach-
theilig.
Jch erlaͤutere das, was ich jetzo geſaget habe
mit Exempeln. Die Apoſtel Petrus und Pau-
lus ſagen, des Menſchen Sohn werde kommen
als ein Dieb in der Nacht. Dieſe Ver-
gleichung leſen wir ohne Aergerniß. War-
um? Weil die Aehnlichkeit, ſo die heiligen Ur-
heber derſelben zwiſchen des Menſchen Sohn
und einem Diebe wahrnehmen, nur die unver-
muthete Ankunft, und nicht eine Eigenſchaft
eines Diebes betrift, die ihn juſt zum Diebe
macht. Ein Dieb iſt darum kein Dieb, weil
er unangemeldet koͤmmt. Wer aͤrgert ſich
wohl, wann ein Hof-Prediger auf der Cantzel
ſagt: Ein Koͤnig iſt vor GOtt nichts mehr
als der geringſte Bettler? Die Urſache iſt die-
ſe: Weil man wohl ſiehet, daß der Koͤnig
darum doch Koͤnig, und der Bettler ein Bett-
ler bleibt; ob ſie gleich darinn einander aͤhnlich
ſind, daß ſie beyde GOtt vor ihren Herrn er-
kennen muͤſſen. Wolte ich aber ſagen, der
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nen darinn, daß er, wenn er wieder die Geſetze
handelt, eben ſo wohlſtrafbar ſey, als ein ande-
rer, ſo wuͤrde ich ſeine Majeſtaͤt beleidigen, weil
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/311>, abgerufen am 26.11.2024.
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