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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
gegen setzen, und alle Einrede der gesunden Ver-
nunft und Erfahrung großmüthig in den Wind
schlagen?

Wie kanst du demnach verlangen, o! eckeler und
eigensinniger Longin, daß der Herr Prof. Philippi
sich nach deinen critischen Grillen richten sollen?
Verdencke es, so lange du wilt, dem Theopompus,
daß Er eine prächtige Beschreibung der Ankunft ei-
nes Königes von Persien in Egypten durch die ohne
Noth aufgethürmte Berge von gesaltzenem Fleische
verdorben hat40). Der Herr Prof. Philippi muß
freye Hände haben. Diesem grossen Manne ste-
het es frey, von grossen und geringen Sachen durch
einander, nach eigenem Belieben, bald hoch, bald
niedrig, zu reden. Er ist befugt, von der Zehe sei-
nes Königes zu sprechen, wann es ihm gut dünckt:
Er kan sagen: "Daß das veränderliche Schick-"
sal, das wohl eher die grössten Potentaten völlig zu"
Boden geworfen, und von dem höchsten Gipfel"
der Ehren herab gestürtzet hat, sich nur ehedem an die"
Zehe, als einen entbehrlichen Rest von der gehei-"
ligten Person des Königes, wagen dürfen. Nie-"
mand wundere sich, daß der Herr Prof. hier zu ei-
ner Zeit, da er recht prächtig schreiben will, von der
krancken Zehe eines Königes spricht. Jch bin versi-
chert, daß der Herr Prof. Philippi kein Bedencken
tragen würde, nach Beschaffenheit der Umstände,
auf die prächtigste Art von Verstopfungen und Cly-
stiren zu reden. Dieses erfodern die Regeln einer na-

türli-
40) Longinus de sublimi Cap. XXXIV.
M 3

(o)
gegen ſetzen, und alle Einrede der geſunden Ver-
nunft und Erfahrung großmuͤthig in den Wind
ſchlagen?

Wie kanſt du demnach verlangen, o! eckeler und
eigenſinniger Longin, daß der Herr Prof. Philippi
ſich nach deinen critiſchen Grillen richten ſollen?
Verdencke es, ſo lange du wilt, dem Theopompus,
daß Er eine praͤchtige Beſchreibung der Ankunft ei-
nes Koͤniges von Perſien in Egypten durch die ohne
Noth aufgethuͤrmte Berge von geſaltzenem Fleiſche
verdorben hat40). Der Herr Prof. Philippi muß
freye Haͤnde haben. Dieſem groſſen Manne ſte-
het es frey, von groſſen und geringen Sachen durch
einander, nach eigenem Belieben, bald hoch, bald
niedrig, zu reden. Er iſt befugt, von der Zehe ſei-
nes Koͤniges zu ſprechen, wann es ihm gut duͤnckt:
Er kan ſagen: “Daß das veraͤnderliche Schick-„
ſal, das wohl eher die groͤſſten Potentaten voͤllig zu„
Boden geworfen, und von dem hoͤchſten Gipfel„
der Ehren herab geſtuͤrtzet hat, ſich nur ehedem an die„
Zehe, als einen entbehrlichen Reſt von der gehei-„
ligten Perſon des Koͤniges, wagen duͤrfen. Nie-„
mand wundere ſich, daß der Herr Prof. hier zu ei-
ner Zeit, da er recht praͤchtig ſchreiben will, von der
krancken Zehe eines Koͤniges ſpricht. Jch bin verſi-
chert, daß der Herr Prof. Philippi kein Bedencken
tragen wuͤrde, nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde,
auf die praͤchtigſte Art von Verſtopfungen und Cly-
ſtiren zu reden. Dieſes erfodern die Regeln einer na-

tuͤrli-
40) Longinus de ſublimi Cap. XXXIV.
M 3
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[181/0273] (o) gegen ſetzen, und alle Einrede der geſunden Ver- nunft und Erfahrung großmuͤthig in den Wind ſchlagen? Wie kanſt du demnach verlangen, o! eckeler und eigenſinniger Longin, daß der Herr Prof. Philippi ſich nach deinen critiſchen Grillen richten ſollen? Verdencke es, ſo lange du wilt, dem Theopompus, daß Er eine praͤchtige Beſchreibung der Ankunft ei- nes Koͤniges von Perſien in Egypten durch die ohne Noth aufgethuͤrmte Berge von geſaltzenem Fleiſche verdorben hat 40). Der Herr Prof. Philippi muß freye Haͤnde haben. Dieſem groſſen Manne ſte- het es frey, von groſſen und geringen Sachen durch einander, nach eigenem Belieben, bald hoch, bald niedrig, zu reden. Er iſt befugt, von der Zehe ſei- nes Koͤniges zu ſprechen, wann es ihm gut duͤnckt: Er kan ſagen: “Daß das veraͤnderliche Schick-„ ſal, das wohl eher die groͤſſten Potentaten voͤllig zu„ Boden geworfen, und von dem hoͤchſten Gipfel„ der Ehren herab geſtuͤrtzet hat, ſich nur ehedem an die„ Zehe, als einen entbehrlichen Reſt von der gehei-„ ligten Perſon des Koͤniges, wagen duͤrfen. Nie-„ mand wundere ſich, daß der Herr Prof. hier zu ei- ner Zeit, da er recht praͤchtig ſchreiben will, von der krancken Zehe eines Koͤniges ſpricht. Jch bin verſi- chert, daß der Herr Prof. Philippi kein Bedencken tragen wuͤrde, nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde, auf die praͤchtigſte Art von Verſtopfungen und Cly- ſtiren zu reden. Dieſes erfodern die Regeln einer na- tuͤrli- 40) Longinus de ſublimi Cap. XXXIV. M 3

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/273>, abgerufen am 26.11.2024.