sey dir demnach, O! aussetordentlicher Philippi, daß du zur Aufnahme der wahren und hertzbrechen- den Beredsamkeit, einen Handgrif ans Tages Licht gebracht hast, von dem die Alten nichts gewust haben, und der wohl immer würde verborgen geblieben seyn, wann du nicht durch deine Ohnmacht darauf geleitet, und von deinem heroischen Geist angefeuret worden wärest, denselben ohne alle Furcht der Ur- theile, so darüber ergehen würden, kund zu machen. Diesem alle Schrancken der gemeinen Rede-Kunst durchbrechenden Heldenmuth haben wir alles zu dancken, was in den Reden des Herrn Pr. Philippi seltenes, schönes und anmuthiges ist.
Wir Christen stellen uns den Ort, wohin die seeligen Seelen der Gläubigen, nach ihrem Abschiede aus dem Cörper, versetzet werden, als einen Platz vor, den wir über uns suchen müssen. Die Hey- den hergegen haben in ihren Fabeln den Verstor- benen eine unterirrdische Wohnung angewiesen. Darinn aber kommen Heyden und Christen über- ein, daß in iener Welt der Unterschied des Standes und der Würde aufhöre. Diese Begrife legen die gemeinen Redner allemahl zum Grunde, wenn sie von dem Zustande der Verstorbenen reden, und hal- ten es nicht nur einem Christen unanständig, die Sprache der Heyden anzunehmen, sondern sie ha- ben auch eine eigene Regel, die ihnen verbietet, die Fabeln der Heyden mit den Wahrheiten des Chri-
stenthums
monstratione, sed significatione declarans, laterum inflexione hac forti, ac virili, non ab scena & histrio- nibus, sed ab armis aut etiam a palaestra.
(o)
ſey dir demnach, O! auſſetordentlicher Philippi, daß du zur Aufnahme der wahren und hertzbrechen- den Beredſamkeit, einen Handgrif ans Tages Licht gebracht haſt, von dem die Alten nichts gewuſt haben, und der wohl immer wuͤrde verborgen geblieben ſeyn, wann du nicht durch deine Ohnmacht darauf geleitet, und von deinem heroiſchen Geiſt angefeuret worden waͤreſt, denſelben ohne alle Furcht der Ur- theile, ſo daruͤber ergehen wuͤrden, kund zu machen. Dieſem alle Schrancken der gemeinen Rede-Kunſt durchbrechenden Heldenmuth haben wir alles zu dancken, was in den Reden des Herrn Pr. Philippi ſeltenes, ſchoͤnes und anmuthiges iſt.
Wir Chriſten ſtellen uns den Ort, wohin die ſeeligen Seelen der Glaͤubigen, nach ihrem Abſchiede aus dem Coͤrper, verſetzet werden, als einen Platz vor, den wir uͤber uns ſuchen muͤſſen. Die Hey- den hergegen haben in ihren Fabeln den Verſtor- benen eine unterirrdiſche Wohnung angewieſen. Darinn aber kommen Heyden und Chriſten uͤber- ein, daß in iener Welt der Unterſchied des Standes und der Wuͤrde aufhoͤre. Dieſe Begrife legen die gemeinen Redner allemahl zum Grunde, wenn ſie von dem Zuſtande der Verſtorbenen reden, und hal- ten es nicht nur einem Chriſten unanſtaͤndig, die Sprache der Heyden anzunehmen, ſondern ſie ha- ben auch eine eigene Regel, die ihnen verbietet, die Fabeln der Heyden mit den Wahrheiten des Chri-
ſtenthums
monſtratione, ſed ſignificatione declarans, laterum inflexione hac forti, ac virili, non ab ſcena & hiſtrio- nibus, ſed ab armis aut etiam a palæſtra.
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(o)
ſey dir demnach, O! auſſetordentlicher Philippi,
daß du zur Aufnahme der wahren und hertzbrechen-
den Beredſamkeit, einen Handgrif ans Tages Licht
gebracht haſt, von dem die Alten nichts gewuſt haben,
und der wohl immer wuͤrde verborgen geblieben
ſeyn, wann du nicht durch deine Ohnmacht darauf
geleitet, und von deinem heroiſchen Geiſt angefeuret
worden waͤreſt, denſelben ohne alle Furcht der Ur-
theile, ſo daruͤber ergehen wuͤrden, kund zu machen.
Dieſem alle Schrancken der gemeinen Rede-Kunſt
durchbrechenden Heldenmuth haben wir alles zu
dancken, was in den Reden des Herrn Pr. Philippi
ſeltenes, ſchoͤnes und anmuthiges iſt.
Wir Chriſten ſtellen uns den Ort, wohin die
ſeeligen Seelen der Glaͤubigen, nach ihrem Abſchiede
aus dem Coͤrper, verſetzet werden, als einen Platz
vor, den wir uͤber uns ſuchen muͤſſen. Die Hey-
den hergegen haben in ihren Fabeln den Verſtor-
benen eine unterirrdiſche Wohnung angewieſen.
Darinn aber kommen Heyden und Chriſten uͤber-
ein, daß in iener Welt der Unterſchied des Standes
und der Wuͤrde aufhoͤre. Dieſe Begrife legen die
gemeinen Redner allemahl zum Grunde, wenn ſie
von dem Zuſtande der Verſtorbenen reden, und hal-
ten es nicht nur einem Chriſten unanſtaͤndig, die
Sprache der Heyden anzunehmen, ſondern ſie ha-
ben auch eine eigene Regel, die ihnen verbietet, die
Fabeln der Heyden mit den Wahrheiten des Chri-
ſtenthums
35)
35) monſtratione, ſed ſignificatione declarans, laterum
inflexione hac forti, ac virili, non ab ſcena & hiſtrio-
nibus, ſed ab armis aut etiam a palæſtra.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/267>, abgerufen am 26.11.2024.
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