licher Flamme, du ungeheuchelte GOttes- Furcht! steigest du denn nicht deiner Natur nach, lieber aufwärts in die Höhe, als her- unter in die Tiefe? Ach freylich! dein mächti- ger Strahl dringet, aus dem ewigen Lichte des Unsichtbaren und Allmächtigen, in die Hertzen derer, die dich begierig auffassen, und schläget von da nach beschehener Entzün- dung des von Natur eiskalten Hertzens, in sei- nen ersten Ursprung wiederum zurück.
Dieß Steigen und Fallen des göttlichen Liebes-Feuers, das bald aus dem Hertzen zu GOtt empor steiget, bald aus dem Altar des Heiligthums herunter fällt, und die göttlich- entzündeten Hertzen immer noch mehr durch- glüet, wäret denn in einer wunderbaren Ab- wechselung, und in einem beständigen Lauf- Feuer so lange, bis davon endlich das Sterb- liche in das Unsterbliche, der Tod in das Le- ben verschlungen, und, gleich jenem Wasser um den Brand-Opfer-Altar, von dem himm- lischen Feuer gäntzlich verzehret, mithin die zerstörliche menschliche Leibes-Hütte in eine unzerstörliche, und alleredelste Natur verse- tzet wird26).
Was meinen Sie, Hochgeehrte Herren, sind dies Reden eines Thomasianers? Oder vielmehr, sind es Reden eines sich selbst gelassenen Menschen? Jch betriege mich sehr, oder Ausdrückungen dieser Art haben einen höhern Ursprung, als die ihr selbst
gelassene
26) S. die sechs deutschen Reden p. 32. 33.
L
(o)
licher Flamme, du ungeheuchelte GOttes- Furcht! ſteigeſt du denn nicht deiner Natur nach, lieber aufwaͤrts in die Hoͤhe, als her- unter in die Tiefe? Ach freylich! dein maͤchti- ger Strahl dringet, aus dem ewigen Lichte des Unſichtbaren und Allmaͤchtigen, in die Hertzen derer, die dich begierig auffaſſen, und ſchlaͤget von da nach beſchehener Entzuͤn- dung des von Natur eiskalten Hertzens, in ſei- nen erſten Urſprung wiederum zuruͤck.
Dieß Steigen und Fallen des goͤttlichen Liebes-Feuers, das bald aus dem Hertzen zu GOtt empor ſteiget, bald aus dem Altar des Heiligthums herunter faͤllt, und die goͤttlich- entzuͤndeten Hertzen immer noch mehr durch- gluͤet, waͤret denn in einer wunderbaren Ab- wechſelung, und in einem beſtaͤndigen Lauf- Feuer ſo lange, bis davon endlich das Sterb- liche in das Unſterbliche, der Tod in das Le- ben verſchlungen, und, gleich jenem Waſſer um den Brand-Opfer-Altar, von dem himm- liſchen Feuer gaͤntzlich verzehret, mithin die zerſtoͤrliche menſchliche Leibes-Huͤtte in eine unzerſtoͤrliche, und alleredelſte Natur verſe- tzet wird26).
Was meinen Sie, Hochgeehrte Herren, ſind dies Reden eines Thomaſianers? Oder vielmehr, ſind es Reden eines ſich ſelbſt gelaſſenen Menſchen? Jch betriege mich ſehr, oder Ausdruͤckungen dieſer Art haben einen hoͤhern Urſprung, als die ihr ſelbſt
gelaſſene
26) S. die ſechs deutſchen Reden p. 32. 33.
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(o)
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nach, lieber aufwaͤrts in die Hoͤhe, als her-
unter in die Tiefe? Ach freylich! dein maͤchti-
ger Strahl dringet, aus dem ewigen Lichte
des Unſichtbaren und Allmaͤchtigen, in die
Hertzen derer, die dich begierig auffaſſen, und
ſchlaͤget von da nach beſchehener Entzuͤn-
dung des von Natur eiskalten Hertzens, in ſei-
nen erſten Urſprung wiederum zuruͤck.
Dieß Steigen und Fallen des goͤttlichen
Liebes-Feuers, das bald aus dem Hertzen zu
GOtt empor ſteiget, bald aus dem Altar des
Heiligthums herunter faͤllt, und die goͤttlich-
entzuͤndeten Hertzen immer noch mehr durch-
gluͤet, waͤret denn in einer wunderbaren Ab-
wechſelung, und in einem beſtaͤndigen Lauf-
Feuer ſo lange, bis davon endlich das Sterb-
liche in das Unſterbliche, der Tod in das Le-
ben verſchlungen, und, gleich jenem Waſſer
um den Brand-Opfer-Altar, von dem himm-
liſchen Feuer gaͤntzlich verzehret, mithin die
zerſtoͤrliche menſchliche Leibes-Huͤtte in eine
unzerſtoͤrliche, und alleredelſte Natur verſe-
tzet wird 26).
Was meinen Sie, Hochgeehrte Herren, ſind
dies Reden eines Thomaſianers? Oder vielmehr,
ſind es Reden eines ſich ſelbſt gelaſſenen Menſchen?
Jch betriege mich ſehr, oder Ausdruͤckungen dieſer
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gelaſſene
26) S. die ſechs deutſchen Reden p. 32. 33.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/253>, abgerufen am 24.11.2024.
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