Die Gesellschaft der kleinen Geister hat einige Aehnlichklit mit der un- sichtbaren Kirche. Sie ist in der gantzen Welt ausgebreitet, und doch kan niemand sagen: siehe hie oder da ist sie. Jch sage dieses, um dem Vorwitz meiner Leser vorzubeugen, die sich ohne Zweifel bemühen werden zu entdecken, wo gegen- wärtige Lobrede eigentlich gehalten wor- den. Jch gebe Jhnen mein Wort, daß sie dieses so wenig errathen werden, als sie errathen werden wer der ältere Herr Bri- ontes sey. Sie dürffen aber darum nicht zweifeln, ob eine solche Gesellschaft auch würcklich vorhanden sey. Sie glauben eine unsichtbare Kirche: Sie glauben eine Patriotische Assemblee, und eine stille Todtengesellschaft zu Friedensburg. Sie glauben also, ob sie gleich nicht sehen. Warum wollen sie denn die Würcklichkeit der Gesellschaft der kleinen Geister in Zweifel ziehen, weil sie unsichtbar ist? Jch versichere sie, daß sie in der Welt ist. Sie können mir trauen. Jch lüge nicht. Es sind darinn viele grosse und berühmte Männer, die ich nahmhaft machen könn- te, wenn ich nicht besorgte, sie mögten es übel nehmen. Die Mitglieder unserer
Gesell-
J 5
Vorbericht.
Die Geſellſchaft der kleinen Geiſter hat einige Aehnlichklit mit der un- ſichtbaren Kirche. Sie iſt in der gantzen Welt ausgebreitet, und doch kan niemand ſagen: ſiehe hie oder da iſt ſie. Jch ſage dieſes, um dem Vorwitz meiner Leſer vorzubeugen, die ſich ohne Zweifel bemuͤhen werden zu entdecken, wo gegen- waͤrtige Lobrede eigentlich gehalten wor- den. Jch gebe Jhnen mein Wort, daß ſie dieſes ſo wenig errathen werden, als ſie errathen werden wer der aͤltere Herr Bri- ontes ſey. Sie duͤrffen aber darum nicht zweifeln, ob eine ſolche Geſellſchaft auch wuͤrcklich vorhanden ſey. Sie glauben eine unſichtbare Kirche: Sie glauben eine Patriotiſche Aſſemblée, und eine ſtille Todtengeſellſchaft zu Friedensburg. Sie glauben alſo, ob ſie gleich nicht ſehen. Warum wollen ſie denn die Wuͤrcklichkeit der Geſellſchaft der kleinen Geiſter in Zweifel ziehen, weil ſie unſichtbar iſt? Jch verſichere ſie, daß ſie in der Welt iſt. Sie koͤnnen mir trauen. Jch luͤge nicht. Es ſind darinn viele groſſe und beruͤhmte Maͤnner, die ich nahmhaft machen koͤnn- te, wenn ich nicht beſorgte, ſie moͤgten es uͤbel nehmen. Die Mitglieder unſerer
Geſell-
J 5
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0229"n="[137]"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Vorbericht.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Geſellſchaft der kleinen Geiſter<lb/>
hat einige Aehnlichklit mit der un-<lb/>ſichtbaren Kirche. Sie iſt in der<lb/>
gantzen Welt ausgebreitet, und doch kan<lb/>
niemand ſagen: ſiehe hie oder da iſt ſie.<lb/>
Jch ſage dieſes, um dem Vorwitz meiner<lb/>
Leſer vorzubeugen, die ſich ohne Zweifel<lb/>
bemuͤhen werden zu entdecken, wo gegen-<lb/>
waͤrtige Lobrede eigentlich gehalten wor-<lb/>
den. Jch gebe Jhnen mein Wort, daß<lb/>ſie dieſes ſo wenig errathen werden, als<lb/>ſie errathen werden wer der aͤltere Herr Bri-<lb/>
ontes ſey. Sie duͤrffen aber darum nicht<lb/>
zweifeln, ob eine ſolche Geſellſchaft auch<lb/>
wuͤrcklich vorhanden ſey. Sie glauben<lb/>
eine unſichtbare Kirche: Sie glauben eine<lb/>
Patriotiſche <hirendition="#aq">Aſſemblée,</hi> und eine ſtille<lb/>
Todtengeſellſchaft zu Friedensburg. Sie<lb/>
glauben alſo, ob ſie gleich nicht ſehen.<lb/>
Warum wollen ſie denn die Wuͤrcklichkeit<lb/>
der Geſellſchaft der kleinen Geiſter in<lb/>
Zweifel ziehen, weil ſie unſichtbar iſt?<lb/>
Jch verſichere ſie, daß ſie in der Welt iſt.<lb/>
Sie koͤnnen mir trauen. Jch luͤge nicht.<lb/>
Es ſind darinn viele groſſe und beruͤhmte<lb/>
Maͤnner, die ich nahmhaft machen koͤnn-<lb/>
te, wenn ich nicht beſorgte, ſie moͤgten<lb/>
es uͤbel nehmen. Die Mitglieder unſerer<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Geſell-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[137]/0229]
Vorbericht.
Die Geſellſchaft der kleinen Geiſter
hat einige Aehnlichklit mit der un-
ſichtbaren Kirche. Sie iſt in der
gantzen Welt ausgebreitet, und doch kan
niemand ſagen: ſiehe hie oder da iſt ſie.
Jch ſage dieſes, um dem Vorwitz meiner
Leſer vorzubeugen, die ſich ohne Zweifel
bemuͤhen werden zu entdecken, wo gegen-
waͤrtige Lobrede eigentlich gehalten wor-
den. Jch gebe Jhnen mein Wort, daß
ſie dieſes ſo wenig errathen werden, als
ſie errathen werden wer der aͤltere Herr Bri-
ontes ſey. Sie duͤrffen aber darum nicht
zweifeln, ob eine ſolche Geſellſchaft auch
wuͤrcklich vorhanden ſey. Sie glauben
eine unſichtbare Kirche: Sie glauben eine
Patriotiſche Aſſemblée, und eine ſtille
Todtengeſellſchaft zu Friedensburg. Sie
glauben alſo, ob ſie gleich nicht ſehen.
Warum wollen ſie denn die Wuͤrcklichkeit
der Geſellſchaft der kleinen Geiſter in
Zweifel ziehen, weil ſie unſichtbar iſt?
Jch verſichere ſie, daß ſie in der Welt iſt.
Sie koͤnnen mir trauen. Jch luͤge nicht.
Es ſind darinn viele groſſe und beruͤhmte
Maͤnner, die ich nahmhaft machen koͤnn-
te, wenn ich nicht beſorgte, ſie moͤgten
es uͤbel nehmen. Die Mitglieder unſerer
Geſell-
J 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. [137]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/229>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.