Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorbericht.

Die Gesellschaft der kleinen Geister
hat einige Aehnlichklit mit der un-
sichtbaren Kirche. Sie ist in der
gantzen Welt ausgebreitet, und doch kan
niemand sagen: siehe hie oder da ist sie.
Jch sage dieses, um dem Vorwitz meiner
Leser vorzubeugen, die sich ohne Zweifel
bemühen werden zu entdecken, wo gegen-
wärtige Lobrede eigentlich gehalten wor-
den. Jch gebe Jhnen mein Wort, daß
sie dieses so wenig errathen werden, als
sie errathen werden wer der ältere Herr Bri-
ontes sey. Sie dürffen aber darum nicht
zweifeln, ob eine solche Gesellschaft auch
würcklich vorhanden sey. Sie glauben
eine unsichtbare Kirche: Sie glauben eine
Patriotische Assemblee, und eine stille
Todtengesellschaft zu Friedensburg. Sie
glauben also, ob sie gleich nicht sehen.
Warum wollen sie denn die Würcklichkeit
der Gesellschaft der kleinen Geister in
Zweifel ziehen, weil sie unsichtbar ist?
Jch versichere sie, daß sie in der Welt ist.
Sie können mir trauen. Jch lüge nicht.
Es sind darinn viele grosse und berühmte
Männer, die ich nahmhaft machen könn-
te, wenn ich nicht besorgte, sie mögten
es übel nehmen. Die Mitglieder unserer

Gesell-
J 5
Vorbericht.

Die Geſellſchaft der kleinen Geiſter
hat einige Aehnlichklit mit der un-
ſichtbaren Kirche. Sie iſt in der
gantzen Welt ausgebreitet, und doch kan
niemand ſagen: ſiehe hie oder da iſt ſie.
Jch ſage dieſes, um dem Vorwitz meiner
Leſer vorzubeugen, die ſich ohne Zweifel
bemuͤhen werden zu entdecken, wo gegen-
waͤrtige Lobrede eigentlich gehalten wor-
den. Jch gebe Jhnen mein Wort, daß
ſie dieſes ſo wenig errathen werden, als
ſie errathen werden wer der aͤltere Herr Bri-
ontes ſey. Sie duͤrffen aber darum nicht
zweifeln, ob eine ſolche Geſellſchaft auch
wuͤrcklich vorhanden ſey. Sie glauben
eine unſichtbare Kirche: Sie glauben eine
Patriotiſche Aſſemblée, und eine ſtille
Todtengeſellſchaft zu Friedensburg. Sie
glauben alſo, ob ſie gleich nicht ſehen.
Warum wollen ſie denn die Wuͤrcklichkeit
der Geſellſchaft der kleinen Geiſter in
Zweifel ziehen, weil ſie unſichtbar iſt?
Jch verſichere ſie, daß ſie in der Welt iſt.
Sie koͤnnen mir trauen. Jch luͤge nicht.
Es ſind darinn viele groſſe und beruͤhmte
Maͤnner, die ich nahmhaft machen koͤnn-
te, wenn ich nicht beſorgte, ſie moͤgten
es uͤbel nehmen. Die Mitglieder unſerer

Geſell-
J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0229" n="[137]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vorbericht.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der kleinen Gei&#x017F;ter<lb/>
hat einige Aehnlichklit mit der un-<lb/>
&#x017F;ichtbaren Kirche. Sie i&#x017F;t in der<lb/>
gantzen Welt ausgebreitet, und doch kan<lb/>
niemand &#x017F;agen: &#x017F;iehe hie oder da i&#x017F;t &#x017F;ie.<lb/>
Jch &#x017F;age die&#x017F;es, um dem Vorwitz meiner<lb/>
Le&#x017F;er vorzubeugen, die &#x017F;ich ohne Zweifel<lb/>
bemu&#x0364;hen werden zu entdecken, wo gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtige Lobrede eigentlich gehalten wor-<lb/>
den. Jch gebe Jhnen mein Wort, daß<lb/>
&#x017F;ie die&#x017F;es &#x017F;o wenig errathen werden, als<lb/>
&#x017F;ie errathen werden wer der a&#x0364;ltere Herr Bri-<lb/>
ontes &#x017F;ey. Sie du&#x0364;rffen aber darum nicht<lb/>
zweifeln, ob eine &#x017F;olche Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft auch<lb/>
wu&#x0364;rcklich vorhanden &#x017F;ey. Sie glauben<lb/>
eine un&#x017F;ichtbare Kirche: Sie glauben eine<lb/>
Patrioti&#x017F;che <hi rendition="#aq">A&#x017F;&#x017F;emblée,</hi> und eine &#x017F;tille<lb/>
Todtenge&#x017F;ell&#x017F;chaft zu Friedensburg. Sie<lb/>
glauben al&#x017F;o, ob &#x017F;ie gleich nicht &#x017F;ehen.<lb/>
Warum wollen &#x017F;ie denn die Wu&#x0364;rcklichkeit<lb/>
der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der kleinen Gei&#x017F;ter in<lb/>
Zweifel ziehen, weil &#x017F;ie un&#x017F;ichtbar i&#x017F;t?<lb/>
Jch ver&#x017F;ichere &#x017F;ie, daß &#x017F;ie in der Welt i&#x017F;t.<lb/>
Sie ko&#x0364;nnen mir trauen. Jch lu&#x0364;ge nicht.<lb/>
Es &#x017F;ind darinn viele gro&#x017F;&#x017F;e und beru&#x0364;hmte<lb/>
Ma&#x0364;nner, die ich nahmhaft machen ko&#x0364;nn-<lb/>
te, wenn ich nicht be&#x017F;orgte, &#x017F;ie mo&#x0364;gten<lb/>
es u&#x0364;bel nehmen. Die Mitglieder un&#x017F;erer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Ge&#x017F;ell-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[137]/0229] Vorbericht. Die Geſellſchaft der kleinen Geiſter hat einige Aehnlichklit mit der un- ſichtbaren Kirche. Sie iſt in der gantzen Welt ausgebreitet, und doch kan niemand ſagen: ſiehe hie oder da iſt ſie. Jch ſage dieſes, um dem Vorwitz meiner Leſer vorzubeugen, die ſich ohne Zweifel bemuͤhen werden zu entdecken, wo gegen- waͤrtige Lobrede eigentlich gehalten wor- den. Jch gebe Jhnen mein Wort, daß ſie dieſes ſo wenig errathen werden, als ſie errathen werden wer der aͤltere Herr Bri- ontes ſey. Sie duͤrffen aber darum nicht zweifeln, ob eine ſolche Geſellſchaft auch wuͤrcklich vorhanden ſey. Sie glauben eine unſichtbare Kirche: Sie glauben eine Patriotiſche Aſſemblée, und eine ſtille Todtengeſellſchaft zu Friedensburg. Sie glauben alſo, ob ſie gleich nicht ſehen. Warum wollen ſie denn die Wuͤrcklichkeit der Geſellſchaft der kleinen Geiſter in Zweifel ziehen, weil ſie unſichtbar iſt? Jch verſichere ſie, daß ſie in der Welt iſt. Sie koͤnnen mir trauen. Jch luͤge nicht. Es ſind darinn viele groſſe und beruͤhmte Maͤnner, die ich nahmhaft machen koͤnn- te, wenn ich nicht beſorgte, ſie moͤgten es uͤbel nehmen. Die Mitglieder unſerer Geſell- J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/229
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. [137]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/229>, abgerufen am 27.11.2024.