Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
sich, wie ein Mensch, der nicht eine Wissenschaft recht
studiret, in allen so beschlagen seyn könnte. Viele be-
sorgten, er würde sich endlich erschöpffen, und einige
propheceyeten ihm gar einen frühen Tod. Der Aus-
gang hat gewiesen, daß die Sorge der ersten unnöthig
gewesen, und ich wünsche, daß die Weissagung der
letzten falsch seyn möge. GOtt verleihe dem Herrn
Makewind ein langes Leben! Wir würden an ihm
gar zu viel verlieren.

Aber wieder auf die Schriften dieses grossen Man-
nes zu kommen, so waren sie alle von ausnehmender
Schönheit, und kan man mit Wahrheit sagen, daß
die Welt dergleichen nicht gesehen.

Der Haupt-Zweck aller seiner Arbeit war, die leichte
und gemächliche Schreib-Art, die wir in unserer
Sprache Bombast nennen, und welche seit einiger
Zeit ziemlich in Abnahme und Verachtung gerathen
ist, wieder in den Gang zu bringen, die Scribenten von
dem schweren Joche der Sprach-Kunst zu befreyen,
und, durch Widerlegung des Horatz und Boileau, die
Herrschafft des Reims, über die Vernunft, zu be-
haupten. Gewiß ein Unternehmen, das vielen Muth
und Geschicklichkeit erforderte, und welches von dem
Hrn. Makewind auf eine so sonderbare Art ausgefüh-
ret worden, daß man nöthwendig seine Klugheit be-
wundern, und gestehen muß, daß niemand, als er, ge-
schickt dazu gewesen.

Er sahe wohl, daß es eine vergebliche Arbeit seyn
würde, wenn er gerade zu, und ohne Umschweiff, den
Bombast vertheidigen, die Sprach-Kunst verwerf-
fen, und den Horatz und Boileau widerlegen wolte. Er
war viel zu schlau, als daß er nicht hätte mercken sol-

len,

(o)
ſich, wie ein Menſch, der nicht eine Wiſſenſchaft recht
ſtudiret, in allen ſo beſchlagen ſeyn koͤnnte. Viele be-
ſorgten, er wuͤrde ſich endlich erſchoͤpffen, und einige
propheceyeten ihm gar einen fruͤhen Tod. Der Aus-
gang hat gewieſen, daß die Sorge der erſten unnoͤthig
geweſen, und ich wuͤnſche, daß die Weiſſagung der
letzten falſch ſeyn moͤge. GOtt verleihe dem Herrn
Makewind ein langes Leben! Wir wuͤrden an ihm
gar zu viel verlieren.

Aber wieder auf die Schriften dieſes groſſen Man-
nes zu kommen, ſo waren ſie alle von ausnehmender
Schoͤnheit, und kan man mit Wahrheit ſagen, daß
die Welt dergleichen nicht geſehen.

Der Haupt-Zweck aller ſeiner Arbeit war, die leichte
und gemaͤchliche Schreib-Art, die wir in unſerer
Sprache Bombaſt nennen, und welche ſeit einiger
Zeit ziemlich in Abnahme und Verachtung gerathen
iſt, wieder in den Gang zu bringen, die Scribenten von
dem ſchweren Joche der Sprach-Kunſt zu befreyen,
und, durch Widerlegung des Horatz und Boileau, die
Herrſchafft des Reims, uͤber die Vernunft, zu be-
haupten. Gewiß ein Unternehmen, das vielen Muth
und Geſchicklichkeit erforderte, und welches von dem
Hrn. Makewind auf eine ſo ſonderbare Art ausgefuͤh-
ret worden, daß man noͤthwendig ſeine Klugheit be-
wundern, und geſtehen muß, daß niemand, als er, ge-
ſchickt dazu geweſen.

Er ſahe wohl, daß es eine vergebliche Arbeit ſeyn
wuͤrde, wenn er gerade zu, und ohne Umſchweiff, den
Bombaſt vertheidigen, die Sprach-Kunſt verwerf-
fen, und den Horatz und Boileau widerlegen wolte. Er
war viel zu ſchlau, als daß er nicht haͤtte mercken ſol-

len,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0171" n="79"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
&#x017F;ich, wie ein Men&#x017F;ch, der nicht eine Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft recht<lb/>
&#x017F;tudiret, in allen &#x017F;o be&#x017F;chlagen &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte. Viele be-<lb/>
&#x017F;orgten, er wu&#x0364;rde &#x017F;ich endlich er&#x017F;cho&#x0364;pffen, und einige<lb/>
propheceyeten ihm gar einen fru&#x0364;hen Tod. Der Aus-<lb/>
gang hat gewie&#x017F;en, daß die Sorge der er&#x017F;ten unno&#x0364;thig<lb/>
gewe&#x017F;en, und ich wu&#x0364;n&#x017F;che, daß die Wei&#x017F;&#x017F;agung der<lb/>
letzten fal&#x017F;ch &#x017F;eyn mo&#x0364;ge. GOtt verleihe dem Herrn<lb/>
Makewind ein langes Leben! Wir wu&#x0364;rden an ihm<lb/>
gar zu viel verlieren.</p><lb/>
          <p>Aber wieder auf die Schriften die&#x017F;es gro&#x017F;&#x017F;en Man-<lb/>
nes zu kommen, &#x017F;o waren &#x017F;ie alle von ausnehmender<lb/>
Scho&#x0364;nheit, und kan man mit Wahrheit &#x017F;agen, daß<lb/>
die Welt dergleichen nicht ge&#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Der Haupt-Zweck aller &#x017F;einer Arbeit war, die leichte<lb/>
und gema&#x0364;chliche Schreib-Art, die wir in un&#x017F;erer<lb/>
Sprache Bomba&#x017F;t nennen, und welche &#x017F;eit einiger<lb/>
Zeit ziemlich in Abnahme und Verachtung gerathen<lb/>
i&#x017F;t, wieder in den Gang zu bringen, die Scribenten von<lb/>
dem &#x017F;chweren Joche der Sprach-Kun&#x017F;t zu befreyen,<lb/>
und, durch Widerlegung des Horatz und Boileau, die<lb/>
Herr&#x017F;chafft des Reims, u&#x0364;ber die Vernunft, zu be-<lb/>
haupten. Gewiß ein Unternehmen, das vielen Muth<lb/>
und Ge&#x017F;chicklichkeit erforderte, und welches von dem<lb/>
Hrn. Makewind auf eine &#x017F;o &#x017F;onderbare Art ausgefu&#x0364;h-<lb/>
ret worden, daß man no&#x0364;thwendig &#x017F;eine Klugheit be-<lb/>
wundern, und ge&#x017F;tehen muß, daß niemand, als er, ge-<lb/>
&#x017F;chickt dazu gewe&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Er &#x017F;ahe wohl, daß es eine vergebliche Arbeit &#x017F;eyn<lb/>
wu&#x0364;rde, wenn er gerade zu, und ohne Um&#x017F;chweiff, den<lb/>
Bomba&#x017F;t vertheidigen, die Sprach-Kun&#x017F;t verwerf-<lb/>
fen, und den Horatz und Boileau widerlegen wolte. Er<lb/>
war viel zu &#x017F;chlau, als daß er nicht ha&#x0364;tte mercken &#x017F;ol-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">len,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0171] (o) ſich, wie ein Menſch, der nicht eine Wiſſenſchaft recht ſtudiret, in allen ſo beſchlagen ſeyn koͤnnte. Viele be- ſorgten, er wuͤrde ſich endlich erſchoͤpffen, und einige propheceyeten ihm gar einen fruͤhen Tod. Der Aus- gang hat gewieſen, daß die Sorge der erſten unnoͤthig geweſen, und ich wuͤnſche, daß die Weiſſagung der letzten falſch ſeyn moͤge. GOtt verleihe dem Herrn Makewind ein langes Leben! Wir wuͤrden an ihm gar zu viel verlieren. Aber wieder auf die Schriften dieſes groſſen Man- nes zu kommen, ſo waren ſie alle von ausnehmender Schoͤnheit, und kan man mit Wahrheit ſagen, daß die Welt dergleichen nicht geſehen. Der Haupt-Zweck aller ſeiner Arbeit war, die leichte und gemaͤchliche Schreib-Art, die wir in unſerer Sprache Bombaſt nennen, und welche ſeit einiger Zeit ziemlich in Abnahme und Verachtung gerathen iſt, wieder in den Gang zu bringen, die Scribenten von dem ſchweren Joche der Sprach-Kunſt zu befreyen, und, durch Widerlegung des Horatz und Boileau, die Herrſchafft des Reims, uͤber die Vernunft, zu be- haupten. Gewiß ein Unternehmen, das vielen Muth und Geſchicklichkeit erforderte, und welches von dem Hrn. Makewind auf eine ſo ſonderbare Art ausgefuͤh- ret worden, daß man noͤthwendig ſeine Klugheit be- wundern, und geſtehen muß, daß niemand, als er, ge- ſchickt dazu geweſen. Er ſahe wohl, daß es eine vergebliche Arbeit ſeyn wuͤrde, wenn er gerade zu, und ohne Umſchweiff, den Bombaſt vertheidigen, die Sprach-Kunſt verwerf- fen, und den Horatz und Boileau widerlegen wolte. Er war viel zu ſchlau, als daß er nicht haͤtte mercken ſol- len,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/171
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/171>, abgerufen am 24.11.2024.