Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Die Mädchen lachen Arm in Arm, Soldaten stehen vor der Wache, Und aus der Schule bricht ein Schwarm, Der lustig lärmt in meiner Sprache. Es schreit mein Herz, es jauchzt und bebt Der alten Heimat heiß entgegen. Und was als Kind ich je durchlebt, Klingt wieder mir auf allen Wegen. Waldschnepfenjagd. Vor Tagesanbruch ging ich einst zum Busch, Den scheuen Vogel zu erlegen, der, Im Frühlingswanderzug nach ferner Küste, Geheimnißvoll durch unsre Wälder zieht. Bald stand ich schußbereit am Holzesrande, Zu Füßen, jagdgierzitternd, saß der Hund. In schwerem Dunste lag die feuchte Wiese, Und drüber weg, trotz Dämmerung und Nebel Sah deutlich ich's, bog sich ein Kranz von Tannen. Schon zwitscherten, doch klang es noch aus Träumen, Vereinzelt Vogelstimmen, und es brach, Wie flüsternd durch die kahlen, schwarzen Äste, Ein kurzer, kühler Windstoß, der, ein Läufer, Den Sonnenaufgang eilig pflegt zu künden. Da sah zwei Menschen ich am Tannensaum. Im Jagdrock er, die Büchse umgehangen, Den Hut ein wenig auf das Ohr geschoben. Das Mädchen eingeschmiegt in dichte Pelze, Die Mädchen lachen Arm in Arm, Soldaten ſtehen vor der Wache, Und aus der Schule bricht ein Schwarm, Der luſtig lärmt in meiner Sprache. Es ſchreit mein Herz, es jauchzt und bebt Der alten Heimat heiß entgegen. Und was als Kind ich je durchlebt, Klingt wieder mir auf allen Wegen. Waldſchnepfenjagd. Vor Tagesanbruch ging ich einſt zum Buſch, Den ſcheuen Vogel zu erlegen, der, Im Frühlingswanderzug nach ferner Küſte, Geheimnißvoll durch unſre Wälder zieht. Bald ſtand ich ſchußbereit am Holzesrande, Zu Füßen, jagdgierzitternd, ſaß der Hund. In ſchwerem Dunſte lag die feuchte Wieſe, Und drüber weg, trotz Dämmerung und Nebel Sah deutlich ich’s, bog ſich ein Kranz von Tannen. Schon zwitſcherten, doch klang es noch aus Träumen, Vereinzelt Vogelſtimmen, und es brach, Wie flüſternd durch die kahlen, ſchwarzen Äſte, Ein kurzer, kühler Windſtoß, der, ein Läufer, Den Sonnenaufgang eilig pflegt zu künden. Da ſah zwei Menſchen ich am Tannenſaum. Im Jagdrock er, die Büchſe umgehangen, Den Hut ein wenig auf das Ohr geſchoben. Das Mädchen eingeſchmiegt in dichte Pelze, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0086" n="78"/> <lg n="3"> <l>Die Mädchen lachen Arm in Arm,</l><lb/> <l>Soldaten ſtehen vor der Wache,</l><lb/> <l>Und aus der Schule bricht ein Schwarm,</l><lb/> <l>Der luſtig lärmt in <hi rendition="#g">meiner</hi> Sprache.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Es ſchreit mein Herz, es jauchzt und bebt</l><lb/> <l>Der alten Heimat heiß entgegen.</l><lb/> <l>Und was als Kind ich je durchlebt,</l><lb/> <l>Klingt wieder mir auf allen Wegen.</l> </lg> </lg> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Waldſchnepfenjagd.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">V</hi>or Tagesanbruch ging ich einſt zum Buſch,</l><lb/> <l>Den ſcheuen Vogel zu erlegen, der,</l><lb/> <l>Im Frühlingswanderzug nach ferner Küſte,</l><lb/> <l>Geheimnißvoll durch unſre Wälder zieht.</l><lb/> <l>Bald ſtand ich ſchußbereit am Holzesrande,</l><lb/> <l>Zu Füßen, jagdgierzitternd, ſaß der Hund.</l><lb/> <l>In ſchwerem Dunſte lag die feuchte Wieſe,</l><lb/> <l>Und drüber weg, trotz Dämmerung und Nebel</l><lb/> <l>Sah deutlich ich’s, bog ſich ein Kranz von Tannen.</l><lb/> <l>Schon zwitſcherten, doch klang es noch aus Träumen,</l><lb/> <l>Vereinzelt Vogelſtimmen, und es brach,</l><lb/> <l>Wie flüſternd durch die kahlen, ſchwarzen Äſte,</l><lb/> <l>Ein kurzer, kühler Windſtoß, der, ein Läufer,</l><lb/> <l>Den Sonnenaufgang eilig pflegt zu künden.</l><lb/> <l>Da ſah zwei Menſchen ich am Tannenſaum.</l><lb/> <l>Im Jagdrock er, die Büchſe umgehangen,</l><lb/> <l>Den Hut ein wenig auf das Ohr geſchoben.</l><lb/> <l>Das Mädchen eingeſchmiegt in dichte Pelze,</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [78/0086]
Die Mädchen lachen Arm in Arm,
Soldaten ſtehen vor der Wache,
Und aus der Schule bricht ein Schwarm,
Der luſtig lärmt in meiner Sprache.
Es ſchreit mein Herz, es jauchzt und bebt
Der alten Heimat heiß entgegen.
Und was als Kind ich je durchlebt,
Klingt wieder mir auf allen Wegen.
Waldſchnepfenjagd.
Vor Tagesanbruch ging ich einſt zum Buſch,
Den ſcheuen Vogel zu erlegen, der,
Im Frühlingswanderzug nach ferner Küſte,
Geheimnißvoll durch unſre Wälder zieht.
Bald ſtand ich ſchußbereit am Holzesrande,
Zu Füßen, jagdgierzitternd, ſaß der Hund.
In ſchwerem Dunſte lag die feuchte Wieſe,
Und drüber weg, trotz Dämmerung und Nebel
Sah deutlich ich’s, bog ſich ein Kranz von Tannen.
Schon zwitſcherten, doch klang es noch aus Träumen,
Vereinzelt Vogelſtimmen, und es brach,
Wie flüſternd durch die kahlen, ſchwarzen Äſte,
Ein kurzer, kühler Windſtoß, der, ein Läufer,
Den Sonnenaufgang eilig pflegt zu künden.
Da ſah zwei Menſchen ich am Tannenſaum.
Im Jagdrock er, die Büchſe umgehangen,
Den Hut ein wenig auf das Ohr geſchoben.
Das Mädchen eingeſchmiegt in dichte Pelze,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/86 |
Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/86>, abgerufen am 22.02.2025. |