Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Dann zum Beschluß der große Dante, Der leider noch sehr unbekannte. (Soll ich mich ganz dem Dichter geben, Will ich kein Kommentar daneben.) Es führten ihn in ihrer Mitt' Herr Meierleben und Herr Schmitt. -- Und eine Leere trat nun ein, Vom Flusse schwand der Phosphorschein. Es rauschte Welle nur auf Welle Gemütlich durch die Mondeshelle. Da sieh! Beim heiligen Krucifixe! Es taucht hervor die Wassernixe. War das ein wundervolles Weib, War das ein wundervoller Leib. Als sie dem Schilf entstieg und Rohr, Da brach erschreckt ein Kranich vor, Und spannte schwer die breiten Flügel, Und hob sich über Holz und Hügel. Doch als ich näher ging und sah, Und endlich ganz der Nixe nah, Wen mußt' ich sehen! Gott der Gnade! Wen fand ich hier am Schilfgestade -- Die einst ich liebte warm und wahr. Doch damals hing das blonde Haar So lang noch nicht, wie nun es war. Es fließt ihr über Hals und Nacken, Bis leicht es lose Wellen packen. Die Kleidung schloß sich mehr decent Als hier im feuchten Element, Wenn ihre Arme auch und Hände Sich kreuzen vor der Brust als Wände. "O sprich, o sprich ein einzig Wort, Wie kamst du her an diesen Ort?" Doch blieb sie stumm und sah mich an, Dann zum Beſchluß der große Dante, Der leider noch ſehr unbekannte. (Soll ich mich ganz dem Dichter geben, Will ich kein Kommentar daneben.) Es führten ihn in ihrer Mitt’ Herr Meierleben und Herr Schmitt. — Und eine Leere trat nun ein, Vom Fluſſe ſchwand der Phosphorſchein. Es rauſchte Welle nur auf Welle Gemütlich durch die Mondeshelle. Da ſieh! Beim heiligen Krucifixe! Es taucht hervor die Waſſernixe. War das ein wundervolles Weib, War das ein wundervoller Leib. Als ſie dem Schilf entſtieg und Rohr, Da brach erſchreckt ein Kranich vor, Und ſpannte ſchwer die breiten Flügel, Und hob ſich über Holz und Hügel. Doch als ich näher ging und ſah, Und endlich ganz der Nixe nah, Wen mußt’ ich ſehen! Gott der Gnade! Wen fand ich hier am Schilfgeſtade — Die einſt ich liebte warm und wahr. Doch damals hing das blonde Haar So lang noch nicht, wie nun es war. Es fließt ihr über Hals und Nacken, Bis leicht es loſe Wellen packen. Die Kleidung ſchloß ſich mehr decent Als hier im feuchten Element, Wenn ihre Arme auch und Hände Sich kreuzen vor der Bruſt als Wände. „O ſprich, o ſprich ein einzig Wort, Wie kamſt du her an dieſen Ort?“ Doch blieb ſie ſtumm und ſah mich an, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0066" n="58"/> <lg n="8"> <l>Dann zum Beſchluß der große Dante,</l><lb/> <l>Der leider noch ſehr unbekannte.</l><lb/> <l>(Soll ich mich ganz dem Dichter geben,</l><lb/> <l>Will ich kein Kommentar daneben.)</l><lb/> <l>Es führten ihn in ihrer Mitt’</l><lb/> <l>Herr Meierleben und Herr Schmitt. —</l><lb/> <l>Und eine Leere trat nun ein,</l><lb/> <l>Vom Fluſſe ſchwand der Phosphorſchein.</l><lb/> <l>Es rauſchte Welle nur auf Welle</l><lb/> <l>Gemütlich durch die Mondeshelle.</l><lb/> <l>Da ſieh! Beim heiligen Krucifixe!</l><lb/> <l>Es taucht hervor die Waſſernixe.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>War das ein wundervolles Weib,</l><lb/> <l>War das ein wundervoller Leib.</l><lb/> <l>Als ſie dem Schilf entſtieg und Rohr,</l><lb/> <l>Da brach erſchreckt ein Kranich vor,</l><lb/> <l>Und ſpannte ſchwer die breiten Flügel,</l><lb/> <l>Und hob ſich über Holz und Hügel.</l><lb/> <l>Doch als ich näher ging und ſah,</l><lb/> <l>Und endlich ganz der Nixe nah,</l><lb/> <l>Wen mußt’ ich ſehen! Gott der Gnade!</l><lb/> <l>Wen fand ich hier am Schilfgeſtade —</l><lb/> <l>Die einſt ich liebte warm und wahr.</l><lb/> <l>Doch damals hing das blonde Haar</l><lb/> <l>So lang noch nicht, wie nun es war.</l><lb/> <l>Es fließt ihr über Hals und Nacken,</l><lb/> <l>Bis leicht es loſe Wellen packen.</l><lb/> <l>Die Kleidung ſchloß ſich mehr decent</l><lb/> <l>Als hier im feuchten Element,</l><lb/> <l>Wenn ihre Arme auch und Hände</l><lb/> <l>Sich kreuzen vor der Bruſt als Wände.</l><lb/> <l>„O ſprich, o ſprich ein einzig Wort,</l><lb/> <l>Wie kamſt du her an dieſen Ort?“</l><lb/> <l>Doch blieb ſie ſtumm und ſah mich an,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [58/0066]
Dann zum Beſchluß der große Dante,
Der leider noch ſehr unbekannte.
(Soll ich mich ganz dem Dichter geben,
Will ich kein Kommentar daneben.)
Es führten ihn in ihrer Mitt’
Herr Meierleben und Herr Schmitt. —
Und eine Leere trat nun ein,
Vom Fluſſe ſchwand der Phosphorſchein.
Es rauſchte Welle nur auf Welle
Gemütlich durch die Mondeshelle.
Da ſieh! Beim heiligen Krucifixe!
Es taucht hervor die Waſſernixe.
War das ein wundervolles Weib,
War das ein wundervoller Leib.
Als ſie dem Schilf entſtieg und Rohr,
Da brach erſchreckt ein Kranich vor,
Und ſpannte ſchwer die breiten Flügel,
Und hob ſich über Holz und Hügel.
Doch als ich näher ging und ſah,
Und endlich ganz der Nixe nah,
Wen mußt’ ich ſehen! Gott der Gnade!
Wen fand ich hier am Schilfgeſtade —
Die einſt ich liebte warm und wahr.
Doch damals hing das blonde Haar
So lang noch nicht, wie nun es war.
Es fließt ihr über Hals und Nacken,
Bis leicht es loſe Wellen packen.
Die Kleidung ſchloß ſich mehr decent
Als hier im feuchten Element,
Wenn ihre Arme auch und Hände
Sich kreuzen vor der Bruſt als Wände.
„O ſprich, o ſprich ein einzig Wort,
Wie kamſt du her an dieſen Ort?“
Doch blieb ſie ſtumm und ſah mich an,
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Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/66>, abgerufen am 16.02.2025. |