Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Wie war der Wald so weiß und still, Der Schnee lag stumm auf den Zweigen. Fern von der Weltesche Yggdrasil Zog her ein traurig Schweigen. Tuk Ebbson, der Bote, sang vor sich hin, Als in den Wald sie traten. Und leise sang er vor sich hin, Wie Kriemhild die Brüder verraten. Der Herzog hört nicht. Mit fröhlichem Sinn Verfolgt er den Flug einer Meise. Tuk Ebbson, der Bote, singt vor sich hin, Von Günthers Heunenreise. König Magnus sitzt auf dem Eichenstumpf, Allein, ohn' Paladine. Unterm Bärenpelz und Wolffellstrumpf Klirrt heimlich Panzer und Schiene. Auf springt er, als er den Herzog erschaut, Und eilt ihm freudig entgegen. Er küßt ihn auf die Lippen traut, Und grüßt den treuen Degen. Dann tritt er zurück und klatscht in die Hand, Die Mörder sind gerufen. Und an der Waldblöße lichten Rand Traben plötzlich zweihundert Hufen. "Nun soll es sich zeigen, beim heiligen Christ, Wer König wird von uns beiden." Dem Herzog ließ er keine Frist, Dem blieb das Schwert in der Scheiden. Wie war der Wald ſo weiß und ſtill, Der Schnee lag ſtumm auf den Zweigen. Fern von der Welteſche Yggdraſil Zog her ein traurig Schweigen. Tuk Ebbſon, der Bote, ſang vor ſich hin, Als in den Wald ſie traten. Und leiſe ſang er vor ſich hin, Wie Kriemhild die Brüder verraten. Der Herzog hört nicht. Mit fröhlichem Sinn Verfolgt er den Flug einer Meiſe. Tuk Ebbſon, der Bote, ſingt vor ſich hin, Von Günthers Heunenreiſe. König Magnus ſitzt auf dem Eichenſtumpf, Allein, ohn’ Paladine. Unterm Bärenpelz und Wolffellſtrumpf Klirrt heimlich Panzer und Schiene. Auf ſpringt er, als er den Herzog erſchaut, Und eilt ihm freudig entgegen. Er küßt ihn auf die Lippen traut, Und grüßt den treuen Degen. Dann tritt er zurück und klatſcht in die Hand, Die Mörder ſind gerufen. Und an der Waldblöße lichten Rand Traben plötzlich zweihundert Hufen. „Nun ſoll es ſich zeigen, beim heiligen Chriſt, Wer König wird von uns beiden.“ Dem Herzog ließ er keine Friſt, Dem blieb das Schwert in der Scheiden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0042" n="34"/> <lg n="10"> <l>Wie war der Wald ſo weiß und ſtill,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Der Schnee lag ſtumm auf den Zweigen.</hi> </l><lb/> <l>Fern von der Welteſche Yggdraſil</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Zog her ein traurig Schweigen.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Tuk Ebbſon, der Bote, ſang vor ſich hin,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Als in den Wald ſie traten.</hi> </l><lb/> <l>Und leiſe ſang er vor ſich hin,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wie Kriemhild die Brüder verraten.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Der Herzog hört nicht. Mit fröhlichem Sinn</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Verfolgt er den Flug einer Meiſe.</hi> </l><lb/> <l>Tuk Ebbſon, der Bote, ſingt vor ſich hin,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Von Günthers Heunenreiſe.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>König Magnus ſitzt auf dem Eichenſtumpf,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Allein, ohn’ Paladine.</hi> </l><lb/> <l>Unterm Bärenpelz und Wolffellſtrumpf</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Klirrt heimlich Panzer und Schiene.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Auf ſpringt er, als er den Herzog erſchaut,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und eilt ihm freudig entgegen.</hi> </l><lb/> <l>Er küßt ihn auf die Lippen traut,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und grüßt den treuen Degen.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Dann tritt er zurück und klatſcht in die Hand,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Die Mörder ſind gerufen.</hi> </l><lb/> <l>Und an der Waldblöße lichten Rand</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Traben plötzlich zweihundert Hufen.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>„Nun ſoll es ſich zeigen, beim heiligen Chriſt,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wer König wird von uns beiden.“</hi> </l><lb/> <l>Dem Herzog ließ er keine Friſt,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Dem blieb das Schwert in der Scheiden.</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [34/0042]
Wie war der Wald ſo weiß und ſtill,
Der Schnee lag ſtumm auf den Zweigen.
Fern von der Welteſche Yggdraſil
Zog her ein traurig Schweigen.
Tuk Ebbſon, der Bote, ſang vor ſich hin,
Als in den Wald ſie traten.
Und leiſe ſang er vor ſich hin,
Wie Kriemhild die Brüder verraten.
Der Herzog hört nicht. Mit fröhlichem Sinn
Verfolgt er den Flug einer Meiſe.
Tuk Ebbſon, der Bote, ſingt vor ſich hin,
Von Günthers Heunenreiſe.
König Magnus ſitzt auf dem Eichenſtumpf,
Allein, ohn’ Paladine.
Unterm Bärenpelz und Wolffellſtrumpf
Klirrt heimlich Panzer und Schiene.
Auf ſpringt er, als er den Herzog erſchaut,
Und eilt ihm freudig entgegen.
Er küßt ihn auf die Lippen traut,
Und grüßt den treuen Degen.
Dann tritt er zurück und klatſcht in die Hand,
Die Mörder ſind gerufen.
Und an der Waldblöße lichten Rand
Traben plötzlich zweihundert Hufen.
„Nun ſoll es ſich zeigen, beim heiligen Chriſt,
Wer König wird von uns beiden.“
Dem Herzog ließ er keine Friſt,
Dem blieb das Schwert in der Scheiden.
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Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/42>, abgerufen am 16.07.2024. |