Liebknecht, Wilhelm: Zur orientalischen Frage oder Soll Europa kosakisch werden? 2. Aufl. Leipzig, 1878.Verpflichtung, es vor der Gefahr zu warnen, in welcher, Dank der Meinen Parteigenossen habe ich zu sagen, daß es mir An das deutsche Volk aber wende ich mich, weil ich es für Man klagt mich an, ich, der Sozialdemokrat, sei "dem eng- Warum die Wuth gegen mich? Einfach, weil ich der Ueber- Das ist freilich Majestätsbeleidigung -- denn die Majestät Es sind fast 200 Jahre her, seit in Frankreich ein König Das sind fast zwei Hundert Jahre her, und uns Deutschen Verpflichtung, es vor der Gefahr zu warnen, in welcher, Dank der Meinen Parteigenoſſen habe ich zu ſagen, daß es mir An das deutſche Volk aber wende ich mich, weil ich es für Man klagt mich an, ich, der Sozialdemokrat, ſei „dem eng- Warum die Wuth gegen mich? Einfach, weil ich der Ueber- Das iſt freilich Majeſtätsbeleidigung — denn die Majeſtät Es ſind faſt 200 Jahre her, ſeit in Frankreich ein König Das ſind faſt zwei Hundert Jahre her, und uns Deutſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="4"/> Verpflichtung, es vor der Gefahr zu warnen, in welcher, Dank der<lb/> Politik der Reichsregierung, unſer Vaterland ſchwebt.</p><lb/> <p>Meinen <hi rendition="#g">Parteigenoſſen</hi> habe ich zu ſagen, daß es mir<lb/> nicht eingefallen iſt, nicht einfallen konnte, die <hi rendition="#g">Partei als ſolche</hi><lb/> in Bezug auf die orientaliſche Frage nach <hi rendition="#g">irgend</hi> einer Richtung<lb/> zu engagiren. Was ich gethan habe, was ich thue und thun werde,<lb/> that und thue ich auf eigene Fauſt, alle Verantwortlichkeit auf <hi rendition="#g">mich</hi><lb/> nehmend.</p><lb/> <p>An das <hi rendition="#g">deutſche Volk</hi> aber wende ich mich, weil ich es für<lb/> ein „Culturvolk‟ halte, zu gut, um ſeine „Knochen‟ für eine Po-<lb/> litik zu opfern, die unſeren <hi rendition="#g">nationalen</hi> Jntereſſen ebenſo feind-<lb/> lich iſt, wie den <hi rendition="#g">Culturintereſſen</hi> der ganzen ziviliſirten Welt.<lb/> Jch will ihm zeigen, daß die einzige Partei, welche eine echt <hi rendition="#g">na-<lb/> tionale,</hi> das heißt die Jntereſſen des deutſchen Volkes fördernde<lb/> Politik hat, gerade <hi rendition="#g">die</hi> Partei iſt, der man die <hi rendition="#g">Leugnung,</hi> die<lb/><hi rendition="#g">Bekämpfung</hi> des nationalen Prinzips vorwirft, und daß, ander-<lb/> ſeits, gerade <hi rendition="#g">die</hi> Partei, <hi rendition="#g">die</hi> Politik unſere Nationalintereſſen be-<lb/> kämpft, ſie dem „Erb<hi rendition="#g">freund</hi>‟ genannten „Erb <hi rendition="#g">feind</hi>‟ preisgibt,<lb/> welche ſich mit Vorliebe in den Mantel der Nationalität hüllt.</p><lb/> <p>Man klagt mich an, ich, der Sozialdemokrat, ſei „dem eng-<lb/> liſchen Toryminiſterium zu Hülfe gekommen.‟ Albernes Geſchwatz.<lb/> Was geht mich Disraeli oder Lord Beaconsfield an? Freuen aber<lb/> ſoll’s mich, wenn Disraeli oder Lord Beaconsfield dem ruſſiſchen<lb/> Räuber und Mordbrenner in die Arme fällt. <hi rendition="#g">Den</hi> Mann, der<lb/> einem Banditen den zum Stoß erhobenen Dolch aus der Hand<lb/> windet, frage ich nicht nach ſeinem politiſchen Glaubensbekenntniß.</p><lb/> <p>Warum die Wuth gegen mich? Einfach, weil ich der Ueber-<lb/> zeugung bin, daß die <hi rendition="#g">deutſche Politik</hi> Sache des <hi rendition="#g">deutſchen<lb/> Volkes iſt,</hi> und nicht Sache des Fürſten Bismarck.</p><lb/> <p>Das iſt freilich Majeſtätsbeleidigung — denn <hi rendition="#g">die</hi> Majeſtät<lb/> in Deutſchland iſt ja Fürſt Bismarck, an dem die andern Majeſtäten<lb/> blos hängen, von dem ſie blos abhängen — nach Treitſchke’ſch natio-<lb/> nalliberaler Orthodoxie.</p><lb/> <p>Es ſind faſt 200 Jahre her, ſeit in Frankreich ein <hi rendition="#g">König</hi><lb/> das Wort ausſprach: <hi rendition="#g">Der Staat bin</hi> <hi rendition="#b">ich.</hi> Der Menſch, der<lb/> das frevelhafte Wort geſprochen, hat ein gar trauriges Ende ge-<lb/> nommen, und ſein Enkel hat Buße thun müſſen im Sack der Guil-<lb/> lotine für die Sünde des Urgroßvaters.</p><lb/> <p>Das ſind faſt <hi rendition="#g">zwei Hundert Jahre</hi> her, und uns Deutſchen<lb/> erdreiſtet man ſich heute, im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts,<lb/> ein vollſtändiges Aufgehen in den Willen eines einzigen Mannes<lb/> zuzumuthen — erdreiſtet ſich uns zuzumuthen, daß wir von dieſem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0008]
Verpflichtung, es vor der Gefahr zu warnen, in welcher, Dank der
Politik der Reichsregierung, unſer Vaterland ſchwebt.
Meinen Parteigenoſſen habe ich zu ſagen, daß es mir
nicht eingefallen iſt, nicht einfallen konnte, die Partei als ſolche
in Bezug auf die orientaliſche Frage nach irgend einer Richtung
zu engagiren. Was ich gethan habe, was ich thue und thun werde,
that und thue ich auf eigene Fauſt, alle Verantwortlichkeit auf mich
nehmend.
An das deutſche Volk aber wende ich mich, weil ich es für
ein „Culturvolk‟ halte, zu gut, um ſeine „Knochen‟ für eine Po-
litik zu opfern, die unſeren nationalen Jntereſſen ebenſo feind-
lich iſt, wie den Culturintereſſen der ganzen ziviliſirten Welt.
Jch will ihm zeigen, daß die einzige Partei, welche eine echt na-
tionale, das heißt die Jntereſſen des deutſchen Volkes fördernde
Politik hat, gerade die Partei iſt, der man die Leugnung, die
Bekämpfung des nationalen Prinzips vorwirft, und daß, ander-
ſeits, gerade die Partei, die Politik unſere Nationalintereſſen be-
kämpft, ſie dem „Erbfreund‟ genannten „Erb feind‟ preisgibt,
welche ſich mit Vorliebe in den Mantel der Nationalität hüllt.
Man klagt mich an, ich, der Sozialdemokrat, ſei „dem eng-
liſchen Toryminiſterium zu Hülfe gekommen.‟ Albernes Geſchwatz.
Was geht mich Disraeli oder Lord Beaconsfield an? Freuen aber
ſoll’s mich, wenn Disraeli oder Lord Beaconsfield dem ruſſiſchen
Räuber und Mordbrenner in die Arme fällt. Den Mann, der
einem Banditen den zum Stoß erhobenen Dolch aus der Hand
windet, frage ich nicht nach ſeinem politiſchen Glaubensbekenntniß.
Warum die Wuth gegen mich? Einfach, weil ich der Ueber-
zeugung bin, daß die deutſche Politik Sache des deutſchen
Volkes iſt, und nicht Sache des Fürſten Bismarck.
Das iſt freilich Majeſtätsbeleidigung — denn die Majeſtät
in Deutſchland iſt ja Fürſt Bismarck, an dem die andern Majeſtäten
blos hängen, von dem ſie blos abhängen — nach Treitſchke’ſch natio-
nalliberaler Orthodoxie.
Es ſind faſt 200 Jahre her, ſeit in Frankreich ein König
das Wort ausſprach: Der Staat bin ich. Der Menſch, der
das frevelhafte Wort geſprochen, hat ein gar trauriges Ende ge-
nommen, und ſein Enkel hat Buße thun müſſen im Sack der Guil-
lotine für die Sünde des Urgroßvaters.
Das ſind faſt zwei Hundert Jahre her, und uns Deutſchen
erdreiſtet man ſich heute, im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts,
ein vollſtändiges Aufgehen in den Willen eines einzigen Mannes
zuzumuthen — erdreiſtet ſich uns zuzumuthen, daß wir von dieſem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |