Proceß der Umsetzung der vorhandenen Gebilde. Wären beide Thätigkeiten gleich, so könnte ihr Gewicht nicht zunehmen, wäre der Verbrauch größer, so müßte sich ihr Gewicht ver- mindern.
Der Blutumlauf ist in dem jungen Thiere aber nicht schwächer, er ist im Gegentheil beschleunigter, die Athembe- wegungen sind rascher, und bei gleichem Körper-Volum muß der Sauerstoffverbrauch eher größer als kleiner sein, wie bei er- wachsenen Thieren. Aber da die Umsetzung der Gebilde langsamer vor sich geht, so würde es an denjenigen Materien fehlen, deren Kohlenstoff und Wasserstoff sich zur Verbindung mit dem Sauerstoff eignet, denn es sind ja bei den fleischfres- senden Thieren die neuen Verbindungen, die aus der Um- setzung der Organe entstanden, welche die Natur zum Widerstande gegen den einwirkenden Sauerstoff und zur Hervorbringung der animalischen Wärme bestimmt hat. Was also an diesem Wi- derstande fehlt, setzt eine bewunderungswürdige Weisheit dem jungen Thiere in seiner Nahrung zu.
Der Kohlenstoff und Wasserstoff der Butter, der Kohlenstoff des Milchzuckers, aus welchen kein Bestandtheil zu Blut, zu Fibrin und Albumin werden kann, sie sind zur Unterhaltung des Respirationsprocesses in einem Lebensalter bestimmt, wo ein stärkerer Widerstand sich der Metamorphose der vorhande- nen Gebilde entgegensetzt, der Erzeugung von Stoffen also, welche im erwachsenen Zustande in völlig zur Respiration aus- reichender Menge produzirt werden.
Das junge Thier empfängt seine Blutbestandtheile in dem
Reſpiration und Ernährung.
Proceß der Umſetzung der vorhandenen Gebilde. Wären beide Thätigkeiten gleich, ſo könnte ihr Gewicht nicht zunehmen, wäre der Verbrauch größer, ſo müßte ſich ihr Gewicht ver- mindern.
Der Blutumlauf iſt in dem jungen Thiere aber nicht ſchwächer, er iſt im Gegentheil beſchleunigter, die Athembe- wegungen ſind raſcher, und bei gleichem Körper-Volum muß der Sauerſtoffverbrauch eher größer als kleiner ſein, wie bei er- wachſenen Thieren. Aber da die Umſetzung der Gebilde langſamer vor ſich geht, ſo würde es an denjenigen Materien fehlen, deren Kohlenſtoff und Waſſerſtoff ſich zur Verbindung mit dem Sauerſtoff eignet, denn es ſind ja bei den fleiſchfreſ- ſenden Thieren die neuen Verbindungen, die aus der Um- ſetzung der Organe entſtanden, welche die Natur zum Widerſtande gegen den einwirkenden Sauerſtoff und zur Hervorbringung der animaliſchen Wärme beſtimmt hat. Was alſo an dieſem Wi- derſtande fehlt, ſetzt eine bewunderungswürdige Weisheit dem jungen Thiere in ſeiner Nahrung zu.
Der Kohlenſtoff und Waſſerſtoff der Butter, der Kohlenſtoff des Milchzuckers, aus welchen kein Beſtandtheil zu Blut, zu Fibrin und Albumin werden kann, ſie ſind zur Unterhaltung des Reſpirationsproceſſes in einem Lebensalter beſtimmt, wo ein ſtärkerer Widerſtand ſich der Metamorphoſe der vorhande- nen Gebilde entgegenſetzt, der Erzeugung von Stoffen alſo, welche im erwachſenen Zuſtande in völlig zur Reſpiration aus- reichender Menge produzirt werden.
Das junge Thier empfängt ſeine Blutbeſtandtheile in dem
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Reſpiration und Ernährung.
Proceß der Umſetzung der vorhandenen Gebilde. Wären beide
Thätigkeiten gleich, ſo könnte ihr Gewicht nicht zunehmen,
wäre der Verbrauch größer, ſo müßte ſich ihr Gewicht ver-
mindern.
Der Blutumlauf iſt in dem jungen Thiere aber nicht
ſchwächer, er iſt im Gegentheil beſchleunigter, die Athembe-
wegungen ſind raſcher, und bei gleichem Körper-Volum muß der
Sauerſtoffverbrauch eher größer als kleiner ſein, wie bei er-
wachſenen Thieren. Aber da die Umſetzung der Gebilde
langſamer vor ſich geht, ſo würde es an denjenigen Materien
fehlen, deren Kohlenſtoff und Waſſerſtoff ſich zur Verbindung
mit dem Sauerſtoff eignet, denn es ſind ja bei den fleiſchfreſ-
ſenden Thieren die neuen Verbindungen, die aus der Um-
ſetzung der Organe entſtanden, welche die Natur zum Widerſtande
gegen den einwirkenden Sauerſtoff und zur Hervorbringung der
animaliſchen Wärme beſtimmt hat. Was alſo an dieſem Wi-
derſtande fehlt, ſetzt eine bewunderungswürdige Weisheit dem
jungen Thiere in ſeiner Nahrung zu.
Der Kohlenſtoff und Waſſerſtoff der Butter, der Kohlenſtoff
des Milchzuckers, aus welchen kein Beſtandtheil zu Blut, zu
Fibrin und Albumin werden kann, ſie ſind zur Unterhaltung
des Reſpirationsproceſſes in einem Lebensalter beſtimmt, wo
ein ſtärkerer Widerſtand ſich der Metamorphoſe der vorhande-
nen Gebilde entgegenſetzt, der Erzeugung von Stoffen alſo,
welche im erwachſenen Zuſtande in völlig zur Reſpiration aus-
reichender Menge produzirt werden.
Das junge Thier empfängt ſeine Blutbeſtandtheile in dem
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/93>, abgerufen am 22.07.2024.
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