gemeinen durch die Sinne unterscheidet sich das Thier von der Pflanze.
Alle diese Thätigkeiten gehen von gewissen Werkzeugen aus, die in der Pflanze fehlen. Die vergleichende Anatomie zeigt, daß die Bewegungs- und Gefühlsäußerungen von ge- wissen Apparaten abhängig sind, die mit einander in keinem andern Zusammenhange stehen, als daß sie sich in einem ge- meinschaftlichen Centrum vereinigen. Die Substanz des Rü- ckenmarks, der Nerven, der Gehirnmaterie sind in ihrer Zu- sammensetzung und ihrem chemischen Verhalten wesentlich von der Substanz der Zellen, Membranen, Muskeln und der Haut verschieden.
Alles, was im Thierorganismus Bewegung genannt werden kann, geht von den Nervenapparaten aus. Die Be- wegungserscheinungen in den Pflanzen, die Saftcirculation, die man in manchen Charen beobachtet hat, das Schließen der Blüthen und Blätter hängt von physikalischen und me- chanischen Ursachen ab. Eine Pflanze enthält keine Nerven. Wärme und Licht sind die entfernteren Ursachen der Bewe- gungen in Pflanzen, in den Thieren erkennen wir in den Nervenapparaten eine Quelle von Kraft, die sich in jedem Zeitmomente ihres Lebens wieder zu erneuern vermag.
Aehnlich wie die Assimilation der Nahrungsmittel in den Pflanzen, ihr ganzer Bildungsproceß, abhängig ist von ge- wissen äußeren Ursachen, welche die Bewegungen vermitteln, ist die Entwickelung des Thierorganismus bis zu einem ge- wissen Grade unabhängig von diesen äußeren Ursachen, eben
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Reſpiration und Ernährung.
gemeinen durch die Sinne unterſcheidet ſich das Thier von der Pflanze.
Alle dieſe Thätigkeiten gehen von gewiſſen Werkzeugen aus, die in der Pflanze fehlen. Die vergleichende Anatomie zeigt, daß die Bewegungs- und Gefühlsäußerungen von ge- wiſſen Apparaten abhängig ſind, die mit einander in keinem andern Zuſammenhange ſtehen, als daß ſie ſich in einem ge- meinſchaftlichen Centrum vereinigen. Die Subſtanz des Rü- ckenmarks, der Nerven, der Gehirnmaterie ſind in ihrer Zu- ſammenſetzung und ihrem chemiſchen Verhalten weſentlich von der Subſtanz der Zellen, Membranen, Muskeln und der Haut verſchieden.
Alles, was im Thierorganismus Bewegung genannt werden kann, geht von den Nervenapparaten aus. Die Be- wegungserſcheinungen in den Pflanzen, die Saftcirculation, die man in manchen Charen beobachtet hat, das Schließen der Blüthen und Blätter hängt von phyſikaliſchen und me- chaniſchen Urſachen ab. Eine Pflanze enthält keine Nerven. Wärme und Licht ſind die entfernteren Urſachen der Bewe- gungen in Pflanzen, in den Thieren erkennen wir in den Nervenapparaten eine Quelle von Kraft, die ſich in jedem Zeitmomente ihres Lebens wieder zu erneuern vermag.
Aehnlich wie die Aſſimilation der Nahrungsmittel in den Pflanzen, ihr ganzer Bildungsproceß, abhängig iſt von ge- wiſſen äußeren Urſachen, welche die Bewegungen vermitteln, iſt die Entwickelung des Thierorganismus bis zu einem ge- wiſſen Grade unabhängig von dieſen äußeren Urſachen, eben
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Reſpiration und Ernährung.
gemeinen durch die Sinne unterſcheidet ſich das Thier von
der Pflanze.
Alle dieſe Thätigkeiten gehen von gewiſſen Werkzeugen
aus, die in der Pflanze fehlen. Die vergleichende Anatomie
zeigt, daß die Bewegungs- und Gefühlsäußerungen von ge-
wiſſen Apparaten abhängig ſind, die mit einander in keinem
andern Zuſammenhange ſtehen, als daß ſie ſich in einem ge-
meinſchaftlichen Centrum vereinigen. Die Subſtanz des Rü-
ckenmarks, der Nerven, der Gehirnmaterie ſind in ihrer Zu-
ſammenſetzung und ihrem chemiſchen Verhalten weſentlich von
der Subſtanz der Zellen, Membranen, Muskeln und der
Haut verſchieden.
Alles, was im Thierorganismus Bewegung genannt
werden kann, geht von den Nervenapparaten aus. Die Be-
wegungserſcheinungen in den Pflanzen, die Saftcirculation,
die man in manchen Charen beobachtet hat, das Schließen
der Blüthen und Blätter hängt von phyſikaliſchen und me-
chaniſchen Urſachen ab. Eine Pflanze enthält keine Nerven.
Wärme und Licht ſind die entfernteren Urſachen der Bewe-
gungen in Pflanzen, in den Thieren erkennen wir in den
Nervenapparaten eine Quelle von Kraft, die ſich in jedem
Zeitmomente ihres Lebens wieder zu erneuern vermag.
Aehnlich wie die Aſſimilation der Nahrungsmittel in den
Pflanzen, ihr ganzer Bildungsproceß, abhängig iſt von ge-
wiſſen äußeren Urſachen, welche die Bewegungen vermitteln,
iſt die Entwickelung des Thierorganismus bis zu einem ge-
wiſſen Grade unabhängig von dieſen äußeren Urſachen, eben
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/27>, abgerufen am 24.11.2024.
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