finden, irgend eine Ursache von Außen, deren Thätigkeit sich der stärkeren Anziehung der Elementartheilchen nach einer andern Richtung hinzufügt, hinreichen, um dieser stärkeren Anziehung das Uebergewicht zu geben, das Beharrungs- vermögen zu überwinden, ihre Form und Beschaffenheit, welche sie der Mitwirkung fremder Ursachen verdanken, zu ändern, ein Zerfallen der Verbindung in eine oder meh- rere neue Körper von veränderten Eigenschaften zu be- wirken.
Umsetzungen, oder wenn man will, Bewegungserschei- nungen, können in Verbindungen dieser Classe, bewirkt werden durch die in einer andern chemischen Verbindung frei und verwendbar wirkende chemische Kraft, und zwar ohne daß ihre Aeußerung durch Widerstände erschöpft oder aufgehoben wird. So wird das Gleichgewicht in der Anziehung der Elemente des Rohrzuckers, durch Berührung mit einer sehr kleinen Menge Schwefelsäure aufgehoben; er verwandelt sich in Traubenzucker; ganz ähnlich sehen wir die Elemente des Amylons sich mit den Elementen des Wassers zu einer neuen Form ordnen, ohne daß die Schwefelsäure, welche gedient hatte, um diese Umsetzung zu bewirken, ihren chemischen Charakter verliert, sie bleibt in Bezug auf andere Ma- terien, auf die sie eine Wirkung äußert, ebenso activ als wie vorher, grade so, als wenn sie keine Art von Wirkung auf das Amylon ausgeübt hätte.
Ganz verschieden von der Aeußerung der sogenannten mechanischen Kräfte haben wir in den chemischen Kräften
Die Bewegungserſcheinungen
finden, irgend eine Urſache von Außen, deren Thätigkeit ſich der ſtärkeren Anziehung der Elementartheilchen nach einer andern Richtung hinzufügt, hinreichen, um dieſer ſtärkeren Anziehung das Uebergewicht zu geben, das Beharrungs- vermögen zu überwinden, ihre Form und Beſchaffenheit, welche ſie der Mitwirkung fremder Urſachen verdanken, zu ändern, ein Zerfallen der Verbindung in eine oder meh- rere neue Körper von veränderten Eigenſchaften zu be- wirken.
Umſetzungen, oder wenn man will, Bewegungserſchei- nungen, können in Verbindungen dieſer Claſſe, bewirkt werden durch die in einer andern chemiſchen Verbindung frei und verwendbar wirkende chemiſche Kraft, und zwar ohne daß ihre Aeußerung durch Widerſtände erſchöpft oder aufgehoben wird. So wird das Gleichgewicht in der Anziehung der Elemente des Rohrzuckers, durch Berührung mit einer ſehr kleinen Menge Schwefelſäure aufgehoben; er verwandelt ſich in Traubenzucker; ganz ähnlich ſehen wir die Elemente des Amylons ſich mit den Elementen des Waſſers zu einer neuen Form ordnen, ohne daß die Schwefelſäure, welche gedient hatte, um dieſe Umſetzung zu bewirken, ihren chemiſchen Charakter verliert, ſie bleibt in Bezug auf andere Ma- terien, auf die ſie eine Wirkung äußert, ebenſo activ als wie vorher, grade ſo, als wenn ſie keine Art von Wirkung auf das Amylon ausgeübt hätte.
Ganz verſchieden von der Aeußerung der ſogenannten mechaniſchen Kräfte haben wir in den chemiſchen Kräften
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Die Bewegungserſcheinungen
finden, irgend eine Urſache von Außen, deren Thätigkeit
ſich der ſtärkeren Anziehung der Elementartheilchen nach einer
andern Richtung hinzufügt, hinreichen, um dieſer ſtärkeren
Anziehung das Uebergewicht zu geben, das Beharrungs-
vermögen zu überwinden, ihre Form und Beſchaffenheit,
welche ſie der Mitwirkung fremder Urſachen verdanken, zu
ändern, ein Zerfallen der Verbindung in eine oder meh-
rere neue Körper von veränderten Eigenſchaften zu be-
wirken.
Umſetzungen, oder wenn man will, Bewegungserſchei-
nungen, können in Verbindungen dieſer Claſſe, bewirkt
werden durch die in einer andern chemiſchen Verbindung frei
und verwendbar wirkende chemiſche Kraft, und zwar ohne daß
ihre Aeußerung durch Widerſtände erſchöpft oder aufgehoben
wird. So wird das Gleichgewicht in der Anziehung der
Elemente des Rohrzuckers, durch Berührung mit einer ſehr
kleinen Menge Schwefelſäure aufgehoben; er verwandelt ſich
in Traubenzucker; ganz ähnlich ſehen wir die Elemente des
Amylons ſich mit den Elementen des Waſſers zu einer neuen
Form ordnen, ohne daß die Schwefelſäure, welche gedient
hatte, um dieſe Umſetzung zu bewirken, ihren chemiſchen
Charakter verliert, ſie bleibt in Bezug auf andere Ma-
terien, auf die ſie eine Wirkung äußert, ebenſo activ als
wie vorher, grade ſo, als wenn ſie keine Art von Wirkung
auf das Amylon ausgeübt hätte.
Ganz verſchieden von der Aeußerung der ſogenannten
mechaniſchen Kräfte haben wir in den chemiſchen Kräften
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/236>, abgerufen am 15.08.2024.
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