dern nur durch vergleichende Beobachtungen erkennbar sind.
Wenn die Lebenserscheinungen nämlich als Aeußerungen einer eigenthümlichen Kraft angesehen werden, so müssen die Wirkungen dieser Kraft an gewisse erforschbare Gesetze ge- bunden sein, die mit den allgemeinsten Gesetzen des Wider- standes und der Bewegung im Einklange sind, welche die Weltkörper und Weltkörpersysteme in ihren Bahnen erhalten, wodurch Form- und Beschaffenheitsänderungen in den Kör- pern bedingt werden, ganz abgesehen von dem Stoff, wel- cher als Träger der Lebenskraft sich darstellt, oder der Form, in der sich die Lebenskraft äußert.
Die Lebenskraft giebt sich in einem belebten Körpertheil als eine Ursache der Zunahme an Masse, sowie des Wider- standes gegen äußere Thätigkeiten zu erkennen, welche die Form, Beschaffenheit und Zusammensetzung der Elementar- theilchen ihres Trägers zu ändern streben.
Als eine Kraft der Bewegung, Form- und Beschaffen- heitsänderung der Materie zeigt sie sich durch Störung und Aufhebung des Zustandes der Ruhe, in dem sich die chemi- schen Kräfte befinden, durch welche die Bestandtheile der ih- ren Trägern zugeführten Verbindungen, die wir als Nah- rungsstoffe kennen, zusammengehalten werden.
Die Lebenskraft bewirkt eine Zersetzung dieser Nahrungs- stoffe, sie hebt die Kraft der Anziehung auf, die zwischen ihren kleinsten Theilchen unausgesetzt thätig ist, sie ändert die Richtung der chemischen Kräfte in der Art, daß die Ele- mente der Nahrungsstoffe sich in einer andern Weise ordnen,
Die Bewegungserſcheinungen
dern nur durch vergleichende Beobachtungen erkennbar ſind.
Wenn die Lebenserſcheinungen nämlich als Aeußerungen einer eigenthümlichen Kraft angeſehen werden, ſo müſſen die Wirkungen dieſer Kraft an gewiſſe erforſchbare Geſetze ge- bunden ſein, die mit den allgemeinſten Geſetzen des Wider- ſtandes und der Bewegung im Einklange ſind, welche die Weltkörper und Weltkörperſyſteme in ihren Bahnen erhalten, wodurch Form- und Beſchaffenheitsänderungen in den Kör- pern bedingt werden, ganz abgeſehen von dem Stoff, wel- cher als Träger der Lebenskraft ſich darſtellt, oder der Form, in der ſich die Lebenskraft äußert.
Die Lebenskraft giebt ſich in einem belebten Körpertheil als eine Urſache der Zunahme an Maſſe, ſowie des Wider- ſtandes gegen äußere Thätigkeiten zu erkennen, welche die Form, Beſchaffenheit und Zuſammenſetzung der Elementar- theilchen ihres Trägers zu ändern ſtreben.
Als eine Kraft der Bewegung, Form- und Beſchaffen- heitsänderung der Materie zeigt ſie ſich durch Störung und Aufhebung des Zuſtandes der Ruhe, in dem ſich die chemi- ſchen Kräfte befinden, durch welche die Beſtandtheile der ih- ren Trägern zugeführten Verbindungen, die wir als Nah- rungsſtoffe kennen, zuſammengehalten werden.
Die Lebenskraft bewirkt eine Zerſetzung dieſer Nahrungs- ſtoffe, ſie hebt die Kraft der Anziehung auf, die zwiſchen ihren kleinſten Theilchen unausgeſetzt thätig iſt, ſie ändert die Richtung der chemiſchen Kräfte in der Art, daß die Ele- mente der Nahrungsſtoffe ſich in einer andern Weiſe ordnen,
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Die Bewegungserſcheinungen
dern nur durch vergleichende Beobachtungen erkennbar ſind.
Wenn die Lebenserſcheinungen nämlich als Aeußerungen
einer eigenthümlichen Kraft angeſehen werden, ſo müſſen die
Wirkungen dieſer Kraft an gewiſſe erforſchbare Geſetze ge-
bunden ſein, die mit den allgemeinſten Geſetzen des Wider-
ſtandes und der Bewegung im Einklange ſind, welche die
Weltkörper und Weltkörperſyſteme in ihren Bahnen erhalten,
wodurch Form- und Beſchaffenheitsänderungen in den Kör-
pern bedingt werden, ganz abgeſehen von dem Stoff, wel-
cher als Träger der Lebenskraft ſich darſtellt, oder der Form,
in der ſich die Lebenskraft äußert.
Die Lebenskraft giebt ſich in einem belebten Körpertheil
als eine Urſache der Zunahme an Maſſe, ſowie des Wider-
ſtandes gegen äußere Thätigkeiten zu erkennen, welche die
Form, Beſchaffenheit und Zuſammenſetzung der Elementar-
theilchen ihres Trägers zu ändern ſtreben.
Als eine Kraft der Bewegung, Form- und Beſchaffen-
heitsänderung der Materie zeigt ſie ſich durch Störung und
Aufhebung des Zuſtandes der Ruhe, in dem ſich die chemi-
ſchen Kräfte befinden, durch welche die Beſtandtheile der ih-
ren Trägern zugeführten Verbindungen, die wir als Nah-
rungsſtoffe kennen, zuſammengehalten werden.
Die Lebenskraft bewirkt eine Zerſetzung dieſer Nahrungs-
ſtoffe, ſie hebt die Kraft der Anziehung auf, die zwiſchen
ihren kleinſten Theilchen unausgeſetzt thätig iſt, ſie ändert
die Richtung der chemiſchen Kräfte in der Art, daß die Ele-
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/224>, abgerufen am 16.02.2025.
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