45. Der Gallenzucker Gmelin's (Picromel, Bilin nach Berzelius), welchen Berzelius als den Hauptbe- standtheil der Galle betrachtet, während ihn Demarcay im Wesentlichen für Choleinsäure hält, brennt an der Luft erhitzt wie Harz, liefert ammoniakalische Produkte und giebt, mit Säuren behandelt, Taurin und die Zersetzungsproducte der Choleinsäure, mit Alkalien liefert er Ammoniak und Cholinsäure. Jedenfalls enthält diese Substanz Stickstoff als Bestandtheil, ein weit kleineres Verhältniß von Sauerstoff wie Amylon oder Zucker und eine größere Menge wie die fetten Säuren. Wenn wir in der Metamorphose des Gallenzuckers oder der Choleinsäure durch ätzende Al- kalien den Stickstoff austreten machen, so erhalten wir eine krystallisirte, den fetten Säuren außerordentlich ähn- liche Säure (Cholinsäure), fähig mit den Basen Salze zu bilden, welche die Haupteigenschaften mit den Seifen gemein haben. Ja wir können sogar diese Hauptbestandtheile der Galle als Verbindungen von fetten Säuren mit organischen Oxyden betrachten, ähnlich den gewöhnlichen Fetten, und nur in sofern von ihnen verschieden, als sich kein Glyceryl- oxyd darin befindet. Die Choleinsäure z. B. läßt sich be- trachten als eine Verbindung von Choloidinsäure mit den Elementen des Allantoins und des Wassers.
[Tabelle]
oder von Cholinsäure, Harnstoff und Wasser:
Umſetzung der Gebilde.
45. Der Gallenzucker Gmelin’s (Picromel, Bilin nach Berzelius), welchen Berzelius als den Hauptbe- ſtandtheil der Galle betrachtet, während ihn Demarçay im Weſentlichen für Choleinſäure hält, brennt an der Luft erhitzt wie Harz, liefert ammoniakaliſche Produkte und giebt, mit Säuren behandelt, Taurin und die Zerſetzungsproducte der Choleinſäure, mit Alkalien liefert er Ammoniak und Cholinſäure. Jedenfalls enthält dieſe Subſtanz Stickſtoff als Beſtandtheil, ein weit kleineres Verhältniß von Sauerſtoff wie Amylon oder Zucker und eine größere Menge wie die fetten Säuren. Wenn wir in der Metamorphoſe des Gallenzuckers oder der Choleinſäure durch ätzende Al- kalien den Stickſtoff austreten machen, ſo erhalten wir eine kryſtalliſirte, den fetten Säuren außerordentlich ähn- liche Säure (Cholinſäure), fähig mit den Baſen Salze zu bilden, welche die Haupteigenſchaften mit den Seifen gemein haben. Ja wir können ſogar dieſe Hauptbeſtandtheile der Galle als Verbindungen von fetten Säuren mit organiſchen Oxyden betrachten, ähnlich den gewöhnlichen Fetten, und nur in ſofern von ihnen verſchieden, als ſich kein Glyceryl- oxyd darin befindet. Die Choleinſäure z. B. läßt ſich be- trachten als eine Verbindung von Choloidinſäure mit den Elementen des Allantoins und des Waſſers.
[Tabelle]
oder von Cholinſäure, Harnſtoff und Waſſer:
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Umſetzung der Gebilde.
45. Der Gallenzucker Gmelin’s (Picromel, Bilin
nach Berzelius), welchen Berzelius als den Hauptbe-
ſtandtheil der Galle betrachtet, während ihn Demarçay im
Weſentlichen für Choleinſäure hält, brennt an der Luft
erhitzt wie Harz, liefert ammoniakaliſche Produkte und giebt,
mit Säuren behandelt, Taurin und die Zerſetzungsproducte
der Choleinſäure, mit Alkalien liefert er Ammoniak und
Cholinſäure. Jedenfalls enthält dieſe Subſtanz Stickſtoff
als Beſtandtheil, ein weit kleineres Verhältniß von
Sauerſtoff wie Amylon oder Zucker und eine größere Menge
wie die fetten Säuren. Wenn wir in der Metamorphoſe
des Gallenzuckers oder der Choleinſäure durch ätzende Al-
kalien den Stickſtoff austreten machen, ſo erhalten wir
eine kryſtalliſirte, den fetten Säuren außerordentlich ähn-
liche Säure (Cholinſäure), fähig mit den Baſen Salze zu
bilden, welche die Haupteigenſchaften mit den Seifen gemein
haben. Ja wir können ſogar dieſe Hauptbeſtandtheile der
Galle als Verbindungen von fetten Säuren mit organiſchen
Oxyden betrachten, ähnlich den gewöhnlichen Fetten, und
nur in ſofern von ihnen verſchieden, als ſich kein Glyceryl-
oxyd darin befindet. Die Choleinſäure z. B. läßt ſich be-
trachten als eine Verbindung von Choloidinſäure mit den
Elementen des Allantoins und des Waſſers.
oder von Cholinſäure, Harnſtoff und Waſſer:
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/175>, abgerufen am 27.11.2024.
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