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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Der Ursprung und die Assimilation des Stickstoffs.
welcher es geschieht, welche ihren so auffallenden Einfluß auf
die Fruchtbarkeit des Bodens bedingt.

Die wildwachsenden Pflanzen erhalten durch die Atmosphäre
in den meisten Fällen mehr Stickstoff in der Form von Am-
moniak, als sie zu ihrer Entwickelung bedürfen, denn das Was-
ser, was durch die Blüthen und Blätter verdunstet, geht in
stinkende Fäulniß über, eine Eigenschaft, welche nur stickstoff-
haltigen Materien zukommt.

Die Culturpflanzen empfangen von der Atmosphäre die nem-
liche Quantität Stickstoff, wie die wildwachsenden, wie die
Bäume und Sträucher; allein er ist nicht hinreichend für die
Zwecke der Feldwirthschaft; sie unterscheidet sich darin wesent-
lich von der Forstwirthschaft, als ihre Hauptaufgabe, ihr wich-
tigster Zweck, in der Produktion von assimilirbarem Stickstoff
in irgend einer Form besteht, während der Zweck der Forst-
wirthschaft sich hauptsächlich nur auf die Produktion von Koh-
lenstoff beschränkt.

Diesen beiden Zwecken sind alle Mittel der Cultur unter-
geordnet. Von dem kohlensauren Ammoniak, was das Regen-
wasser dem Boden zuführt, geht nur ein Theil in die Pflanze
über, denn mit dem verdampfenden Wasser verflüchtigt sich,
jeder Zeit, eine gewisse Menge davon. Nur was der Boden
in größerer Tiefe empfängt, was mit dem Thau unmittelbar
den Blättern zugeführt wird, was sie aus der Luft mit der
Kohlensäure einsaugen, nur dieß Ammoniak wird für die Assi-
milation gewonnen werden können.

Die flüssigen thierischen Excremente, der Urin der Menschen
und Thiere, mit welchem die ersten durchdrungen sind, ent-
halten den größten Theil des Ammoniaks in der Form von
Salzen, in einer Form, wo es seine Fähigkeit sich zu verflüchti-
gen gänzlich verloren hat.

Der Urſprung und die Aſſimilation des Stickſtoffs.
welcher es geſchieht, welche ihren ſo auffallenden Einfluß auf
die Fruchtbarkeit des Bodens bedingt.

Die wildwachſenden Pflanzen erhalten durch die Atmoſphäre
in den meiſten Fällen mehr Stickſtoff in der Form von Am-
moniak, als ſie zu ihrer Entwickelung bedürfen, denn das Waſ-
ſer, was durch die Blüthen und Blätter verdunſtet, geht in
ſtinkende Fäulniß über, eine Eigenſchaft, welche nur ſtickſtoff-
haltigen Materien zukommt.

Die Culturpflanzen empfangen von der Atmoſphäre die nem-
liche Quantität Stickſtoff, wie die wildwachſenden, wie die
Bäume und Sträucher; allein er iſt nicht hinreichend für die
Zwecke der Feldwirthſchaft; ſie unterſcheidet ſich darin weſent-
lich von der Forſtwirthſchaft, als ihre Hauptaufgabe, ihr wich-
tigſter Zweck, in der Produktion von aſſimilirbarem Stickſtoff
in irgend einer Form beſteht, während der Zweck der Forſt-
wirthſchaft ſich hauptſächlich nur auf die Produktion von Koh-
lenſtoff beſchränkt.

Dieſen beiden Zwecken ſind alle Mittel der Cultur unter-
geordnet. Von dem kohlenſauren Ammoniak, was das Regen-
waſſer dem Boden zuführt, geht nur ein Theil in die Pflanze
über, denn mit dem verdampfenden Waſſer verflüchtigt ſich,
jeder Zeit, eine gewiſſe Menge davon. Nur was der Boden
in größerer Tiefe empfängt, was mit dem Thau unmittelbar
den Blättern zugeführt wird, was ſie aus der Luft mit der
Kohlenſäure einſaugen, nur dieß Ammoniak wird für die Aſſi-
milation gewonnen werden können.

Die flüſſigen thieriſchen Excremente, der Urin der Menſchen
und Thiere, mit welchem die erſten durchdrungen ſind, ent-
halten den größten Theil des Ammoniaks in der Form von
Salzen, in einer Form, wo es ſeine Fähigkeit ſich zu verflüchti-
gen gänzlich verloren hat.

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[79/0097] Der Urſprung und die Aſſimilation des Stickſtoffs. welcher es geſchieht, welche ihren ſo auffallenden Einfluß auf die Fruchtbarkeit des Bodens bedingt. Die wildwachſenden Pflanzen erhalten durch die Atmoſphäre in den meiſten Fällen mehr Stickſtoff in der Form von Am- moniak, als ſie zu ihrer Entwickelung bedürfen, denn das Waſ- ſer, was durch die Blüthen und Blätter verdunſtet, geht in ſtinkende Fäulniß über, eine Eigenſchaft, welche nur ſtickſtoff- haltigen Materien zukommt. Die Culturpflanzen empfangen von der Atmoſphäre die nem- liche Quantität Stickſtoff, wie die wildwachſenden, wie die Bäume und Sträucher; allein er iſt nicht hinreichend für die Zwecke der Feldwirthſchaft; ſie unterſcheidet ſich darin weſent- lich von der Forſtwirthſchaft, als ihre Hauptaufgabe, ihr wich- tigſter Zweck, in der Produktion von aſſimilirbarem Stickſtoff in irgend einer Form beſteht, während der Zweck der Forſt- wirthſchaft ſich hauptſächlich nur auf die Produktion von Koh- lenſtoff beſchränkt. Dieſen beiden Zwecken ſind alle Mittel der Cultur unter- geordnet. Von dem kohlenſauren Ammoniak, was das Regen- waſſer dem Boden zuführt, geht nur ein Theil in die Pflanze über, denn mit dem verdampfenden Waſſer verflüchtigt ſich, jeder Zeit, eine gewiſſe Menge davon. Nur was der Boden in größerer Tiefe empfängt, was mit dem Thau unmittelbar den Blättern zugeführt wird, was ſie aus der Luft mit der Kohlenſäure einſaugen, nur dieß Ammoniak wird für die Aſſi- milation gewonnen werden können. Die flüſſigen thieriſchen Excremente, der Urin der Menſchen und Thiere, mit welchem die erſten durchdrungen ſind, ent- halten den größten Theil des Ammoniaks in der Form von Salzen, in einer Form, wo es ſeine Fähigkeit ſich zu verflüchti- gen gänzlich verloren hat.

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/97>, abgerufen am 22.11.2024.