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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Assimilation des Kohlenstoffs.
auf dem ganzen Erdkörper zusammengenommen. Dieser Koh-
lenstoff ist also mehr als hinreichend, um den Bedarf zu ge-
nügen. Der Kohlenstoffgehalt des Meerwassers ist verhältniß-
mäßig noch größer.

Nehmen wir an, daß die Oberfläche der Blätter und grü-
nen Pflanzentheile, durch welche die Absorbtion der Kohlen-
säure geschieht, doppelt so viel beträgt, als die Oberfläche des
Bodens, auf dem die Pflanze wächst, was beim Wald, bei den
Wiesen und Getreidefeldern, die den meisten Kohlenstoff pro-
duciren, weit unter der wirklich thätigen Oberfläche ist; neh-
men wir ferner an, daß von einem Morgen, von 80000 Quadrat-
fuß also, in jeder Zeitsecunde, 8 Stunden täglich, der Luft
0,00067 ihres Volumens oder 1/1000 ihres Gewichtes an Koh-
lensäure entzogen wird, so nehmen diese Blätter in 200 Tagen
1000 Lb Kohlenstoff auf *).

*) Wieviel Kohlensäure der Luft in einer gegebenen Zeit entzogen wer-
den kann, giebt folgende Rechnung zu erkennen: Bei dem Weißen
eines kleinen Zimmers von 105 Meter Fläche (Wände und Decke zu-
sammengenommen) erhält es in 4 Tagen 6 Anstriche mit Kalkmilch,
es wird ein Ueberzug von kohlensaurem Kalk gebildet, zu welchem
die Luft die Kohlensäure liefert. Nach einer genauen Bestimmung
erhält ein Quadratdecimeter Fläche einen Ueberzug von kohlensaurem
Kalk, welcher 0,732 Grm. wiegt. Obige 105 Meter sind mithin be-
deckt mit 7686 Grm. kohlensauren Kalk, welche 4325,6 Grm. Koh-
lensäure enthalten. Das Gewicht eines Cubicdecimeters Kohlensäure
zu 2 Grm. angenommen (er wiegt 1,97978 Grm.) absorbirt mithin
obige Fläche 2,163 Cubicmeter Kohlensäure in 4 Tagen.
Ein Morgen Land = 2500 Quadratmeter würde bei einer gleichen
Behandlung in 4 Tagen 511/2 Cubicmeter Kohlensäure = 3296 Cu-
bicfuß, Kohlensäure absorbiren, in zweihundert Tagen würde dieß 2575
Cubicmeter = 164,800 Cubicfuß = 10300 Lb Kohlensäure = 2997 Lb
Kohlenstoff, also etwa dreimal mehr betragen, als die Blätter und
Wurzeln der Pflanzen, die auf diesem Boden wachsen, wirklich assi-
miliren.

Die Aſſimilation des Kohlenſtoffs.
auf dem ganzen Erdkörper zuſammengenommen. Dieſer Koh-
lenſtoff iſt alſo mehr als hinreichend, um den Bedarf zu ge-
nügen. Der Kohlenſtoffgehalt des Meerwaſſers iſt verhältniß-
mäßig noch größer.

Nehmen wir an, daß die Oberfläche der Blätter und grü-
nen Pflanzentheile, durch welche die Abſorbtion der Kohlen-
ſäure geſchieht, doppelt ſo viel beträgt, als die Oberfläche des
Bodens, auf dem die Pflanze wächſt, was beim Wald, bei den
Wieſen und Getreidefeldern, die den meiſten Kohlenſtoff pro-
duciren, weit unter der wirklich thätigen Oberfläche iſt; neh-
men wir ferner an, daß von einem Morgen, von 80000 Quadrat-
fuß alſo, in jeder Zeitſecunde, 8 Stunden täglich, der Luft
0,00067 ihres Volumens oder 1/1000 ihres Gewichtes an Koh-
lenſäure entzogen wird, ſo nehmen dieſe Blätter in 200 Tagen
1000 ℔ Kohlenſtoff auf *).

*) Wieviel Kohlenſäure der Luft in einer gegebenen Zeit entzogen wer-
den kann, giebt folgende Rechnung zu erkennen: Bei dem Weißen
eines kleinen Zimmers von 105 Meter Fläche (Wände und Decke zu-
ſammengenommen) erhält es in 4 Tagen 6 Anſtriche mit Kalkmilch,
es wird ein Ueberzug von kohlenſaurem Kalk gebildet, zu welchem
die Luft die Kohlenſäure liefert. Nach einer genauen Beſtimmung
erhält ein Quadratdecimeter Fläche einen Ueberzug von kohlenſaurem
Kalk, welcher 0,732 Grm. wiegt. Obige 105 Meter ſind mithin be-
deckt mit 7686 Grm. kohlenſauren Kalk, welche 4325,6 Grm. Koh-
lenſäure enthalten. Das Gewicht eines Cubicdecimeters Kohlenſäure
zu 2 Grm. angenommen (er wiegt 1,97978 Grm.) abſorbirt mithin
obige Fläche 2,163 Cubicmeter Kohlenſäure in 4 Tagen.
Ein Morgen Land = 2500 Quadratmeter würde bei einer gleichen
Behandlung in 4 Tagen 51½ Cubicmeter Kohlenſäure = 3296 Cu-
bicfuß, Kohlenſäure abſorbiren, in zweihundert Tagen würde dieß 2575
Cubicmeter = 164,800 Cubicfuß = 10300 ℔ Kohlenſäure = 2997 ℔
Kohlenſtoff, alſo etwa dreimal mehr betragen, als die Blätter und
Wurzeln der Pflanzen, die auf dieſem Boden wachſen, wirklich aſſi-
miliren.
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[21/0039] Die Aſſimilation des Kohlenſtoffs. auf dem ganzen Erdkörper zuſammengenommen. Dieſer Koh- lenſtoff iſt alſo mehr als hinreichend, um den Bedarf zu ge- nügen. Der Kohlenſtoffgehalt des Meerwaſſers iſt verhältniß- mäßig noch größer. Nehmen wir an, daß die Oberfläche der Blätter und grü- nen Pflanzentheile, durch welche die Abſorbtion der Kohlen- ſäure geſchieht, doppelt ſo viel beträgt, als die Oberfläche des Bodens, auf dem die Pflanze wächſt, was beim Wald, bei den Wieſen und Getreidefeldern, die den meiſten Kohlenſtoff pro- duciren, weit unter der wirklich thätigen Oberfläche iſt; neh- men wir ferner an, daß von einem Morgen, von 80000 Quadrat- fuß alſo, in jeder Zeitſecunde, 8 Stunden täglich, der Luft 0,00067 ihres Volumens oder 1/1000 ihres Gewichtes an Koh- lenſäure entzogen wird, ſo nehmen dieſe Blätter in 200 Tagen 1000 ℔ Kohlenſtoff auf *). *) Wieviel Kohlenſäure der Luft in einer gegebenen Zeit entzogen wer- den kann, giebt folgende Rechnung zu erkennen: Bei dem Weißen eines kleinen Zimmers von 105 Meter Fläche (Wände und Decke zu- ſammengenommen) erhält es in 4 Tagen 6 Anſtriche mit Kalkmilch, es wird ein Ueberzug von kohlenſaurem Kalk gebildet, zu welchem die Luft die Kohlenſäure liefert. Nach einer genauen Beſtimmung erhält ein Quadratdecimeter Fläche einen Ueberzug von kohlenſaurem Kalk, welcher 0,732 Grm. wiegt. Obige 105 Meter ſind mithin be- deckt mit 7686 Grm. kohlenſauren Kalk, welche 4325,6 Grm. Koh- lenſäure enthalten. Das Gewicht eines Cubicdecimeters Kohlenſäure zu 2 Grm. angenommen (er wiegt 1,97978 Grm.) abſorbirt mithin obige Fläche 2,163 Cubicmeter Kohlenſäure in 4 Tagen. Ein Morgen Land = 2500 Quadratmeter würde bei einer gleichen Behandlung in 4 Tagen 51½ Cubicmeter Kohlenſäure = 3296 Cu- bicfuß, Kohlenſäure abſorbiren, in zweihundert Tagen würde dieß 2575 Cubicmeter = 164,800 Cubicfuß = 10300 ℔ Kohlenſäure = 2997 ℔ Kohlenſtoff, alſo etwa dreimal mehr betragen, als die Blätter und Wurzeln der Pflanzen, die auf dieſem Boden wachſen, wirklich aſſi- miliren.

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/39>, abgerufen am 21.11.2024.