Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.Gift, Contagien, Miasmen. solche, welche der Gährung, Fäulniß und Verwesung überhauptentgegen wirken, welche diesen besondern Zersetzungsweisen überall eine Grenze setzen, wenn sie in hinreichender Menge zugegen sind. Eben so wenig als in den vergifteten Würsten ist man im Man hat zur Erklärung der Fähigkeit der Contagien, An- Wenn man mit Leben die Fähigkeit einer Materie Ich nehme einen Körper A, er sei Oxamid (eine im Gift, Contagien, Miasmen. ſolche, welche der Gährung, Fäulniß und Verweſung überhauptentgegen wirken, welche dieſen beſondern Zerſetzungsweiſen überall eine Grenze ſetzen, wenn ſie in hinreichender Menge zugegen ſind. Eben ſo wenig als in den vergifteten Würſten iſt man im Man hat zur Erklärung der Fähigkeit der Contagien, An- Wenn man mit Leben die Fähigkeit einer Materie Ich nehme einen Körper A, er ſei Oxamid (eine im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0336" n="318"/><fw place="top" type="header">Gift, Contagien, Miasmen.</fw><lb/> ſolche, welche der Gährung, Fäulniß und Verweſung überhaupt<lb/> entgegen wirken, welche dieſen beſondern Zerſetzungsweiſen<lb/> überall eine Grenze ſetzen, wenn ſie in hinreichender Menge<lb/> zugegen ſind.</p><lb/> <p>Eben ſo wenig als in den vergifteten Würſten iſt man im<lb/> Stande geweſen, aus der Blatternmaterie, dem Peſtgifte eine<lb/> eigenthümliche Materie zu iſoliren, der man die Wirkung zu-<lb/> ſchreiben könnte; eben weil ihre Wirkung nur in einer eigen-<lb/> thümlichen Thätigkeit liegt, deren Exiſtenz für unſere Sinne<lb/> nur durch Erſcheinungen erkennbar iſt.</p><lb/> <p>Man hat zur Erklärung der Fähigkeit der Contagien, An-<lb/> ſteckung zu bewirken, dieſen Stoffen ein eigenthümliches Leben<lb/> zugeſchrieben, ähnlich wie der Keim eines Samens es beſitzt;<lb/> eine Fähigkeit alſo, ſich unter gewiſſen günſtigen Bedingungen<lb/> zu entwickeln, fortzupflanzen und zu vervielfältigen. Es giebt<lb/> gewiß kein richtigeres <hi rendition="#g">Bild</hi> für dieſe Erſcheinungen, eben ſo<lb/> anwendbar auf Contagien als wie auf Ferment, auf thieriſche<lb/> und vegetabiliſche Subſtanzen, die ſich im Zuſtande der Fäul-<lb/> niß, Gährung und Verweſung befinden, auf ein Stück faules<lb/> Holz, was durch ſeine bloße Berührung friſches Holz nach<lb/> und nach gänzlich in Moder, faules Holz, verwandelt.</p><lb/> <p>Wenn man mit <hi rendition="#g">Leben die Fähigkeit einer Materie<lb/> bezeichnet, in irgend einer andern eine Veränderung<lb/> hervorzurufen, in Folge welcher die erſtere mit al-<lb/> len ihren Eigenſchaften wieder erzeugt wird</hi>, ſo gehö-<lb/> ren allerdings alle dieſe Erſcheinungen dem Leben an; aber<lb/> nicht bloß dieſe müſſen wir alsdann lebendig nennen, ſondern<lb/> dieſer Ausdruck umfaßt in dieſem Sinne den größten Theil<lb/> aller Erſcheinungen der organiſchen Chemie; überall, wo chemi-<lb/> ſche Kräfte walten, wird man Leben vorausſetzen müſſen.</p><lb/> <p>Ich nehme einen Körper <hi rendition="#aq">A</hi>, er ſei <hi rendition="#g">Oxamid</hi> (eine im<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0336]
Gift, Contagien, Miasmen.
ſolche, welche der Gährung, Fäulniß und Verweſung überhaupt
entgegen wirken, welche dieſen beſondern Zerſetzungsweiſen
überall eine Grenze ſetzen, wenn ſie in hinreichender Menge
zugegen ſind.
Eben ſo wenig als in den vergifteten Würſten iſt man im
Stande geweſen, aus der Blatternmaterie, dem Peſtgifte eine
eigenthümliche Materie zu iſoliren, der man die Wirkung zu-
ſchreiben könnte; eben weil ihre Wirkung nur in einer eigen-
thümlichen Thätigkeit liegt, deren Exiſtenz für unſere Sinne
nur durch Erſcheinungen erkennbar iſt.
Man hat zur Erklärung der Fähigkeit der Contagien, An-
ſteckung zu bewirken, dieſen Stoffen ein eigenthümliches Leben
zugeſchrieben, ähnlich wie der Keim eines Samens es beſitzt;
eine Fähigkeit alſo, ſich unter gewiſſen günſtigen Bedingungen
zu entwickeln, fortzupflanzen und zu vervielfältigen. Es giebt
gewiß kein richtigeres Bild für dieſe Erſcheinungen, eben ſo
anwendbar auf Contagien als wie auf Ferment, auf thieriſche
und vegetabiliſche Subſtanzen, die ſich im Zuſtande der Fäul-
niß, Gährung und Verweſung befinden, auf ein Stück faules
Holz, was durch ſeine bloße Berührung friſches Holz nach
und nach gänzlich in Moder, faules Holz, verwandelt.
Wenn man mit Leben die Fähigkeit einer Materie
bezeichnet, in irgend einer andern eine Veränderung
hervorzurufen, in Folge welcher die erſtere mit al-
len ihren Eigenſchaften wieder erzeugt wird, ſo gehö-
ren allerdings alle dieſe Erſcheinungen dem Leben an; aber
nicht bloß dieſe müſſen wir alsdann lebendig nennen, ſondern
dieſer Ausdruck umfaßt in dieſem Sinne den größten Theil
aller Erſcheinungen der organiſchen Chemie; überall, wo chemi-
ſche Kräfte walten, wird man Leben vorausſetzen müſſen.
Ich nehme einen Körper A, er ſei Oxamid (eine im
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