Unter Vermoderung begreift man eine Zersetzung des Hol- zes, der Holzfaser und aller vegetabilischen Körper, bei Gegen- wart von Wasser und gehindertem Zutritt der Luft.
Die Braunkohle und Steinkohle sind Ueberreste von Vege- tabilien der Vorwelt; ihre Beschaffenheit zeigt, daß sie Pro- ducte der Zersetzungsprocesse sind, die man mit Fäulniß und Verwesung bezeichnet. Es ist leicht, durch die Analyse dersel- ben die Art und Weise festzustellen, in welcher sich die Be- standtheile geändert haben in der Voraussetzung, daß ihre Hauptmasse aus Holzfaser entstanden ist.
Um sich eine bestimmte Vorstellung über die Entstehung der Braunkohle und Steinkohle zu verschaffen, ist es nöthig, eine eigenthümliche Veränderung zu betrachten, welche die Holz- faser bei Gegenwart von Feuchtigkeit und dem völligen Abschluß oder bei gehindertem Zutritt der Luft erfährt.
Es ist bekannt, daß reine Holzfaser, Leinwand z. B., mit Wasser zusammengestellt, sich unter beträchtlicher Wärmeent- wickelung zu einer weichen zerreiblichen Masse zersetzt, welche ihren Zusammenhang zum größten Theil verloren hat; es ist dieß die Substanz, woraus man, vor der Anwendung des Chlors, Papier bereitete. Auf Haufen geschichtet bemerkt man während der Erhitzung eine Gasentwickelung, und die Lumpen
19
Vermoderung. Papier, Braun- und Steinkohle.
Vermoderung. Papier, Braunkohle und Steinkohle.
Unter Vermoderung begreift man eine Zerſetzung des Hol- zes, der Holzfaſer und aller vegetabiliſchen Körper, bei Gegen- wart von Waſſer und gehindertem Zutritt der Luft.
Die Braunkohle und Steinkohle ſind Ueberreſte von Vege- tabilien der Vorwelt; ihre Beſchaffenheit zeigt, daß ſie Pro- ducte der Zerſetzungsproceſſe ſind, die man mit Fäulniß und Verweſung bezeichnet. Es iſt leicht, durch die Analyſe derſel- ben die Art und Weiſe feſtzuſtellen, in welcher ſich die Be- ſtandtheile geändert haben in der Vorausſetzung, daß ihre Hauptmaſſe aus Holzfaſer entſtanden iſt.
Um ſich eine beſtimmte Vorſtellung über die Entſtehung der Braunkohle und Steinkohle zu verſchaffen, iſt es nöthig, eine eigenthümliche Veränderung zu betrachten, welche die Holz- faſer bei Gegenwart von Feuchtigkeit und dem völligen Abſchluß oder bei gehindertem Zutritt der Luft erfährt.
Es iſt bekannt, daß reine Holzfaſer, Leinwand z. B., mit Waſſer zuſammengeſtellt, ſich unter beträchtlicher Wärmeent- wickelung zu einer weichen zerreiblichen Maſſe zerſetzt, welche ihren Zuſammenhang zum größten Theil verloren hat; es iſt dieß die Subſtanz, woraus man, vor der Anwendung des Chlors, Papier bereitete. Auf Haufen geſchichtet bemerkt man während der Erhitzung eine Gasentwickelung, und die Lumpen
19
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0307"n="289"/><fwplace="top"type="header">Vermoderung. Papier, Braun- und Steinkohle.</fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Vermoderung</hi>.<lb/>
Papier, Braunkohle und Steinkohle.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Unter Vermoderung begreift man eine Zerſetzung des Hol-<lb/>
zes, der Holzfaſer und aller vegetabiliſchen Körper, bei Gegen-<lb/>
wart von Waſſer und <hirendition="#g">gehindertem</hi> Zutritt der Luft.</p><lb/><p>Die Braunkohle und Steinkohle ſind Ueberreſte von Vege-<lb/>
tabilien der Vorwelt; ihre Beſchaffenheit zeigt, daß ſie Pro-<lb/>
ducte der Zerſetzungsproceſſe ſind, die man mit Fäulniß und<lb/>
Verweſung bezeichnet. Es iſt leicht, durch die Analyſe derſel-<lb/>
ben die Art und Weiſe feſtzuſtellen, in welcher ſich die Be-<lb/>ſtandtheile geändert haben in der Vorausſetzung, daß ihre<lb/>
Hauptmaſſe aus Holzfaſer entſtanden iſt.</p><lb/><p>Um ſich eine beſtimmte Vorſtellung über die Entſtehung<lb/>
der Braunkohle und Steinkohle zu verſchaffen, iſt es nöthig,<lb/>
eine eigenthümliche Veränderung zu betrachten, welche die Holz-<lb/>
faſer bei Gegenwart von Feuchtigkeit und dem völligen Abſchluß<lb/>
oder bei gehindertem Zutritt der Luft erfährt.</p><lb/><p>Es iſt bekannt, daß reine Holzfaſer, Leinwand z. B., mit<lb/>
Waſſer zuſammengeſtellt, ſich unter beträchtlicher Wärmeent-<lb/>
wickelung zu einer weichen zerreiblichen Maſſe zerſetzt, welche<lb/>
ihren Zuſammenhang zum größten Theil verloren hat; es iſt<lb/>
dieß die Subſtanz, woraus man, vor der Anwendung des<lb/>
Chlors, Papier bereitete. Auf Haufen geſchichtet bemerkt man<lb/>
während der Erhitzung eine Gasentwickelung, und die Lumpen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">19</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[289/0307]
Vermoderung. Papier, Braun- und Steinkohle.
Vermoderung.
Papier, Braunkohle und Steinkohle.
Unter Vermoderung begreift man eine Zerſetzung des Hol-
zes, der Holzfaſer und aller vegetabiliſchen Körper, bei Gegen-
wart von Waſſer und gehindertem Zutritt der Luft.
Die Braunkohle und Steinkohle ſind Ueberreſte von Vege-
tabilien der Vorwelt; ihre Beſchaffenheit zeigt, daß ſie Pro-
ducte der Zerſetzungsproceſſe ſind, die man mit Fäulniß und
Verweſung bezeichnet. Es iſt leicht, durch die Analyſe derſel-
ben die Art und Weiſe feſtzuſtellen, in welcher ſich die Be-
ſtandtheile geändert haben in der Vorausſetzung, daß ihre
Hauptmaſſe aus Holzfaſer entſtanden iſt.
Um ſich eine beſtimmte Vorſtellung über die Entſtehung
der Braunkohle und Steinkohle zu verſchaffen, iſt es nöthig,
eine eigenthümliche Veränderung zu betrachten, welche die Holz-
faſer bei Gegenwart von Feuchtigkeit und dem völligen Abſchluß
oder bei gehindertem Zutritt der Luft erfährt.
Es iſt bekannt, daß reine Holzfaſer, Leinwand z. B., mit
Waſſer zuſammengeſtellt, ſich unter beträchtlicher Wärmeent-
wickelung zu einer weichen zerreiblichen Maſſe zerſetzt, welche
ihren Zuſammenhang zum größten Theil verloren hat; es iſt
dieß die Subſtanz, woraus man, vor der Anwendung des
Chlors, Papier bereitete. Auf Haufen geſchichtet bemerkt man
während der Erhitzung eine Gasentwickelung, und die Lumpen
19
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/307>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.