Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.Gährung und Fäulniß. sind, und daß mit ihrer Zusammengesetztheit, ihre Veränder-lichkeit, ihre leichte Zersetzbarkeit zunimmt, offenbar nur deshalb, weil mit der Anzahl der Atome, welche in Verbindung treten, die Richtungen sich vervielfältigen, in denen ihre Anziehung thätig ist. Welche Art von Vorstellung man auch über die Natur der Vergleicht man nun die Zusammensetzung der organischen In eben dem Grade, als die anorganischen Verbindungen Gährung und Fäulniß. ſind, und daß mit ihrer Zuſammengeſetztheit, ihre Veränder-lichkeit, ihre leichte Zerſetzbarkeit zunimmt, offenbar nur deshalb, weil mit der Anzahl der Atome, welche in Verbindung treten, die Richtungen ſich vervielfältigen, in denen ihre Anziehung thätig iſt. Welche Art von Vorſtellung man auch über die Natur der Vergleicht man nun die Zuſammenſetzung der organiſchen In eben dem Grade, als die anorganiſchen Verbindungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0231" n="213"/><fw place="top" type="header">Gährung und Fäulniß.</fw><lb/> ſind, und daß mit ihrer Zuſammengeſetztheit, ihre Veränder-<lb/> lichkeit, ihre leichte Zerſetzbarkeit zunimmt, offenbar nur deshalb,<lb/> weil mit der Anzahl der Atome, welche in Verbindung treten,<lb/> die Richtungen ſich vervielfältigen, in denen ihre Anziehung<lb/> thätig iſt.</p><lb/> <p>Welche Art von Vorſtellung man auch über die Natur der<lb/> Materie haben mag, die Exiſtenz der chemiſchen Proportionen<lb/> weiſ’t jeden Zweifel über das Vorhandenſein von gewiſſen be-<lb/> grenzten Gruppen oder Maſſen von Materie zurück, über deren<lb/> weitere Spaltung oder Theilung wir keine Erfahrungen beſitzen.<lb/> Dieſe in der Chemie <hi rendition="#g">Aequivalente</hi> benannten Maſſen ſind<lb/> nicht unendlich klein, denn ſie <hi rendition="#g">wiegen</hi>, indem ſie je nach ihren<lb/> Anziehungen ſich auf die mannigfaltigſte Weiſe ordnen, gehen<lb/> aus dieſer Verbindung die zahlloſen zuſammengeſetzten Atome<lb/> hervor, deren Eigenſchaften in der organiſchen Natur nach der<lb/> Form, ja man kann bei vielen ſagen, nach der Richtung, nach<lb/> dem Platze wechſeln, den ſie in dem zuſammengeſetzten Atome<lb/> einnehmen.</p><lb/> <p>Vergleicht man nun die Zuſammenſetzung der organiſchen<lb/> mit den anorganiſchen Verbindungen, ſo wird man wahrhaft<lb/> überraſcht durch die Exiſtenz von Verbindungen, in denen ſich<lb/> 90 und mehrere hundert einzelne Atome oder Aequivalente<lb/> vereinigt finden, zu einem einzigen zuſammengeſetzten Atom.<lb/> Das Atom einer organiſchen Säure von einfacher Zuſammen-<lb/> ſetzung, die Eſſigſäure z. B. enthält 12 Aequivalente, 1 Atom,<lb/> Chinaſäure enthält 33, 1 Atom Zucker 36, Amygdalin ent-<lb/> hält 90 und 1 Atom Talgſäure 138 Aequivalente an Elemen-<lb/> ten und die Beſtandtheile der thieriſchen Körper übertreffen die<lb/> genannten bei weitem noch an Zuſammengeſetztheit.</p><lb/> <p>In eben dem Grade, als die anorganiſchen Verbindungen<lb/> die organiſchen an Einfachheit in ihrer Zuſammenſetzung über-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0231]
Gährung und Fäulniß.
ſind, und daß mit ihrer Zuſammengeſetztheit, ihre Veränder-
lichkeit, ihre leichte Zerſetzbarkeit zunimmt, offenbar nur deshalb,
weil mit der Anzahl der Atome, welche in Verbindung treten,
die Richtungen ſich vervielfältigen, in denen ihre Anziehung
thätig iſt.
Welche Art von Vorſtellung man auch über die Natur der
Materie haben mag, die Exiſtenz der chemiſchen Proportionen
weiſ’t jeden Zweifel über das Vorhandenſein von gewiſſen be-
grenzten Gruppen oder Maſſen von Materie zurück, über deren
weitere Spaltung oder Theilung wir keine Erfahrungen beſitzen.
Dieſe in der Chemie Aequivalente benannten Maſſen ſind
nicht unendlich klein, denn ſie wiegen, indem ſie je nach ihren
Anziehungen ſich auf die mannigfaltigſte Weiſe ordnen, gehen
aus dieſer Verbindung die zahlloſen zuſammengeſetzten Atome
hervor, deren Eigenſchaften in der organiſchen Natur nach der
Form, ja man kann bei vielen ſagen, nach der Richtung, nach
dem Platze wechſeln, den ſie in dem zuſammengeſetzten Atome
einnehmen.
Vergleicht man nun die Zuſammenſetzung der organiſchen
mit den anorganiſchen Verbindungen, ſo wird man wahrhaft
überraſcht durch die Exiſtenz von Verbindungen, in denen ſich
90 und mehrere hundert einzelne Atome oder Aequivalente
vereinigt finden, zu einem einzigen zuſammengeſetzten Atom.
Das Atom einer organiſchen Säure von einfacher Zuſammen-
ſetzung, die Eſſigſäure z. B. enthält 12 Aequivalente, 1 Atom,
Chinaſäure enthält 33, 1 Atom Zucker 36, Amygdalin ent-
hält 90 und 1 Atom Talgſäure 138 Aequivalente an Elemen-
ten und die Beſtandtheile der thieriſchen Körper übertreffen die
genannten bei weitem noch an Zuſammengeſetztheit.
In eben dem Grade, als die anorganiſchen Verbindungen
die organiſchen an Einfachheit in ihrer Zuſammenſetzung über-
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