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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Wechselwirthschaft und der Dünger.
tern ersetzen die Wiesen den jährlichen Ausfall an Stickstoff
aufs Vollständigste wieder.

Der einzige wirkliche Verlust an Stickstoff beschränkt sich
demnach auf diejenige Quantität, welche die Menschen mit in
ihre Gräber nehmen, aber diese kann im Maximo nicht über
3 Lb für jedes Individuum betragen, welche sich auf ein gan-
zes Menschenalter vertheilen; sie bleibt, wie man weiß, den Ge-
wächsen unverloren, denn durch Fäulniß und Verwesung kehrt
dieselbe in der Form von Ammoniak in die Atmosphäre zurück.

Eine gesteigerte Cultur erfordert eine gesteigerte Düngung,
mit derselben wird die Ausfuhr an Getreide und Vieh wach-
sen, sie wird gehemmt durch den Mangel an Dünger.

Der höchste Werth als stickstoffhaltigen Dünger muß nach
dem Vorhergehenden vor Allem den flüssigen Excrementen der
Thiere und Menschen beigelegt werden. Der größte Theil des
Mehrertrages, des Zuwachses also, dessen Steigerung wir in
der Hand haben, geht von ihnen ausschließlich aus.

Wenn man erwägt, daß jedes Pfund Ammoniak, welches un-
benutzt verdampft, einem Verlust von 60 Lb Getreide gleich-
kommt, daß mit jedem Pfunde Urin ein Pfund Weizen gewonnen
werden kann, so ist die Leichtfertigkeit unbegreiflich, mit welcher
gerade die flüssigen Excremente betrachtet werden; man benutzt
an den meisten Orten nur die, von welchen die festen durch-
drungen und befeuchtet sind; man schützt die Düngerstätten we-
der vor dem Regen, noch vor der Verdunstung. Die festen
Excremente enthalten die unlöslichen, die flüssigen alle lösli-
chen phosphorsauren Salze, und die letzteren enthalten alles
Kali, was die verzehrten Pflanzen in der Form von organisch-
sauern Salzen enthalten.

Die frischen Knochen, Wolle, Lumpen, Haare, Klauen und
Horn sind stickstoffhaltige Dünger, welche gleichzeitig durch ihren

12*

Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
tern erſetzen die Wieſen den jährlichen Ausfall an Stickſtoff
aufs Vollſtändigſte wieder.

Der einzige wirkliche Verluſt an Stickſtoff beſchränkt ſich
demnach auf diejenige Quantität, welche die Menſchen mit in
ihre Gräber nehmen, aber dieſe kann im Maximo nicht über
3 ℔ für jedes Individuum betragen, welche ſich auf ein gan-
zes Menſchenalter vertheilen; ſie bleibt, wie man weiß, den Ge-
wächſen unverloren, denn durch Fäulniß und Verweſung kehrt
dieſelbe in der Form von Ammoniak in die Atmoſphäre zurück.

Eine geſteigerte Cultur erfordert eine geſteigerte Düngung,
mit derſelben wird die Ausfuhr an Getreide und Vieh wach-
ſen, ſie wird gehemmt durch den Mangel an Dünger.

Der höchſte Werth als ſtickſtoffhaltigen Dünger muß nach
dem Vorhergehenden vor Allem den flüſſigen Excrementen der
Thiere und Menſchen beigelegt werden. Der größte Theil des
Mehrertrages, des Zuwachſes alſo, deſſen Steigerung wir in
der Hand haben, geht von ihnen ausſchließlich aus.

Wenn man erwägt, daß jedes Pfund Ammoniak, welches un-
benutzt verdampft, einem Verluſt von 60 ℔ Getreide gleich-
kommt, daß mit jedem Pfunde Urin ein Pfund Weizen gewonnen
werden kann, ſo iſt die Leichtfertigkeit unbegreiflich, mit welcher
gerade die flüſſigen Excremente betrachtet werden; man benutzt
an den meiſten Orten nur die, von welchen die feſten durch-
drungen und befeuchtet ſind; man ſchützt die Düngerſtätten we-
der vor dem Regen, noch vor der Verdunſtung. Die feſten
Excremente enthalten die unlöslichen, die flüſſigen alle lösli-
chen phosphorſauren Salze, und die letzteren enthalten alles
Kali, was die verzehrten Pflanzen in der Form von organiſch-
ſauern Salzen enthalten.

Die friſchen Knochen, Wolle, Lumpen, Haare, Klauen und
Horn ſind ſtickſtoffhaltige Dünger, welche gleichzeitig durch ihren

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[179/0197] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. tern erſetzen die Wieſen den jährlichen Ausfall an Stickſtoff aufs Vollſtändigſte wieder. Der einzige wirkliche Verluſt an Stickſtoff beſchränkt ſich demnach auf diejenige Quantität, welche die Menſchen mit in ihre Gräber nehmen, aber dieſe kann im Maximo nicht über 3 ℔ für jedes Individuum betragen, welche ſich auf ein gan- zes Menſchenalter vertheilen; ſie bleibt, wie man weiß, den Ge- wächſen unverloren, denn durch Fäulniß und Verweſung kehrt dieſelbe in der Form von Ammoniak in die Atmoſphäre zurück. Eine geſteigerte Cultur erfordert eine geſteigerte Düngung, mit derſelben wird die Ausfuhr an Getreide und Vieh wach- ſen, ſie wird gehemmt durch den Mangel an Dünger. Der höchſte Werth als ſtickſtoffhaltigen Dünger muß nach dem Vorhergehenden vor Allem den flüſſigen Excrementen der Thiere und Menſchen beigelegt werden. Der größte Theil des Mehrertrages, des Zuwachſes alſo, deſſen Steigerung wir in der Hand haben, geht von ihnen ausſchließlich aus. Wenn man erwägt, daß jedes Pfund Ammoniak, welches un- benutzt verdampft, einem Verluſt von 60 ℔ Getreide gleich- kommt, daß mit jedem Pfunde Urin ein Pfund Weizen gewonnen werden kann, ſo iſt die Leichtfertigkeit unbegreiflich, mit welcher gerade die flüſſigen Excremente betrachtet werden; man benutzt an den meiſten Orten nur die, von welchen die feſten durch- drungen und befeuchtet ſind; man ſchützt die Düngerſtätten we- der vor dem Regen, noch vor der Verdunſtung. Die feſten Excremente enthalten die unlöslichen, die flüſſigen alle lösli- chen phosphorſauren Salze, und die letzteren enthalten alles Kali, was die verzehrten Pflanzen in der Form von organiſch- ſauern Salzen enthalten. Die friſchen Knochen, Wolle, Lumpen, Haare, Klauen und Horn ſind ſtickſtoffhaltige Dünger, welche gleichzeitig durch ihren 12*

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/197>, abgerufen am 24.11.2024.