Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Wechselwirthschaft und der Dünger.
nistet hat, nicht vertrieben werden kann; man begreift es nicht,
und säet es jedes Jahr von neuem an. Ein berühmter Bo-
taniker, der in den neunziger Jahren mit der holländischen Ge-
sandtschaft nach China reis'te, konnte auf den chinesischen Ge-
treidefeldern kaum irgend eine andere Pflanze finden als das
Korn selbst. (Ingenhouß, die Ernährung der Pflanzen
S. 129).

Der Harn der Pferde ist weit weniger reich an Stickstoff
und phosphorsauren Salzen. Nach Foucroy und Vauque-
lin
enthält er nur 5 p. c. feste Substanz, und darinn nur
0,7 Harnstoff. 100 Theile Menschenharn enthalten mehr wie
viermal so viel.

Der Kuhharn ist vorzüglich reich an Kalisalzen; nach
Rouelle und Brande enthält er sogar keine Natronsalze.
Der Harn der Schweine ist vorzüglich reich an phosphorsau-
rem Bittererde-Ammoniak, welches die so häufig vorkommen-
den Steine in den Harnblasen dieser Thiere bildet.

Es ist klar, daß wenn wir die festen und flüssigen Excre-
mente der Menschen, und die flüssigen der Thiere in dem Ver-
hältnisse zu dem Stickstoff auf unsere Aecker bringen, den wir
in der Form von Gewächsen darauf geerntet haben, so wird
die Summe des Stickstoffs auf dem Gute jährlich wachsen
müssen. Denn zu dem, welchen wir in dem Dünger zuführen,
ist aus der Atmosphäre eine gewisse Quantität hinzugekom-
men. Was wir in der Form von Getreide und Vieh an
Stickstoff ausführen, was sich davon in großen Städten an-
häuft, kommt andern Feldern zu gut, wenn wir ihn nicht er-
setzen. Ein Gut, was keine Wiesen hat und nicht Felder ge-
nug für den Anbau von Futtergewächsen besitzt, muß stickstoff-
haltigen Dünger von Außen einführen, wenn man auf ihm
ein Maximum von Ertrag erzielen will. Auf größeren Gü-

Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
niſtet hat, nicht vertrieben werden kann; man begreift es nicht,
und ſäet es jedes Jahr von neuem an. Ein berühmter Bo-
taniker, der in den neunziger Jahren mit der holländiſchen Ge-
ſandtſchaft nach China reiſ’te, konnte auf den chineſiſchen Ge-
treidefeldern kaum irgend eine andere Pflanze finden als das
Korn ſelbſt. (Ingenhouß, die Ernährung der Pflanzen
S. 129).

Der Harn der Pferde iſt weit weniger reich an Stickſtoff
und phosphorſauren Salzen. Nach Foucroy und Vauque-
lin
enthält er nur 5 p. c. feſte Subſtanz, und darinn nur
0,7 Harnſtoff. 100 Theile Menſchenharn enthalten mehr wie
viermal ſo viel.

Der Kuhharn iſt vorzüglich reich an Kaliſalzen; nach
Rouelle und Brande enthält er ſogar keine Natronſalze.
Der Harn der Schweine iſt vorzüglich reich an phosphorſau-
rem Bittererde-Ammoniak, welches die ſo häufig vorkommen-
den Steine in den Harnblaſen dieſer Thiere bildet.

Es iſt klar, daß wenn wir die feſten und flüſſigen Excre-
mente der Menſchen, und die flüſſigen der Thiere in dem Ver-
hältniſſe zu dem Stickſtoff auf unſere Aecker bringen, den wir
in der Form von Gewächſen darauf geerntet haben, ſo wird
die Summe des Stickſtoffs auf dem Gute jährlich wachſen
müſſen. Denn zu dem, welchen wir in dem Dünger zuführen,
iſt aus der Atmoſphäre eine gewiſſe Quantität hinzugekom-
men. Was wir in der Form von Getreide und Vieh an
Stickſtoff ausführen, was ſich davon in großen Städten an-
häuft, kommt andern Feldern zu gut, wenn wir ihn nicht er-
ſetzen. Ein Gut, was keine Wieſen hat und nicht Felder ge-
nug für den Anbau von Futtergewächſen beſitzt, muß ſtickſtoff-
haltigen Dünger von Außen einführen, wenn man auf ihm
ein Maximum von Ertrag erzielen will. Auf größeren Gü-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0196" n="178"/><fw place="top" type="header">Die Wech&#x017F;elwirth&#x017F;chaft und der Dünger.</fw><lb/>
ni&#x017F;tet hat, nicht vertrieben werden kann; man begreift es nicht,<lb/>
und &#x017F;äet es jedes Jahr von neuem an. Ein berühmter Bo-<lb/>
taniker, der in den neunziger Jahren mit der holländi&#x017F;chen Ge-<lb/>
&#x017F;andt&#x017F;chaft nach China rei&#x017F;&#x2019;te, konnte auf den chine&#x017F;i&#x017F;chen Ge-<lb/>
treidefeldern kaum irgend eine andere Pflanze finden als das<lb/>
Korn &#x017F;elb&#x017F;t. (<hi rendition="#g">Ingenhouß</hi>, die Ernährung der Pflanzen<lb/>
S. 129).</p><lb/>
          <p>Der Harn der Pferde i&#x017F;t weit weniger reich an Stick&#x017F;toff<lb/>
und phosphor&#x017F;auren Salzen. Nach <hi rendition="#g">Foucroy</hi> und <hi rendition="#g">Vauque-<lb/>
lin</hi> enthält er nur 5 <hi rendition="#aq">p. c.</hi> fe&#x017F;te Sub&#x017F;tanz, und darinn nur<lb/>
0,7 Harn&#x017F;toff. 100 Theile Men&#x017F;chenharn enthalten mehr wie<lb/>
viermal &#x017F;o viel.</p><lb/>
          <p>Der Kuhharn i&#x017F;t vorzüglich reich an Kali&#x017F;alzen; nach<lb/><hi rendition="#g">Rouelle</hi> und <hi rendition="#g">Brande</hi> enthält er &#x017F;ogar keine Natron&#x017F;alze.<lb/>
Der Harn der Schweine i&#x017F;t vorzüglich reich an phosphor&#x017F;au-<lb/>
rem Bittererde-Ammoniak, welches die &#x017F;o häufig vorkommen-<lb/>
den Steine in den Harnbla&#x017F;en die&#x017F;er Thiere bildet.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t klar, daß wenn wir die fe&#x017F;ten und flü&#x017F;&#x017F;igen Excre-<lb/>
mente der Men&#x017F;chen, und die flü&#x017F;&#x017F;igen der Thiere in dem Ver-<lb/>
hältni&#x017F;&#x017F;e zu dem Stick&#x017F;toff auf un&#x017F;ere Aecker bringen, den wir<lb/>
in der Form von Gewäch&#x017F;en darauf geerntet haben, &#x017F;o wird<lb/>
die Summe des Stick&#x017F;toffs auf dem Gute jährlich wach&#x017F;en<lb/>&#x017F;&#x017F;en. Denn zu dem, welchen wir in dem Dünger zuführen,<lb/>
i&#x017F;t aus der Atmo&#x017F;phäre eine gewi&#x017F;&#x017F;e Quantität hinzugekom-<lb/>
men. Was wir in der Form von Getreide und Vieh an<lb/>
Stick&#x017F;toff ausführen, was &#x017F;ich davon in großen Städten an-<lb/>
häuft, kommt andern Feldern zu gut, wenn wir ihn nicht er-<lb/>
&#x017F;etzen. Ein Gut, was keine Wie&#x017F;en hat und nicht Felder ge-<lb/>
nug für den Anbau von Futtergewäch&#x017F;en be&#x017F;itzt, muß &#x017F;tick&#x017F;toff-<lb/>
haltigen Dünger von Außen einführen, wenn man auf ihm<lb/>
ein Maximum von Ertrag erzielen will. Auf größeren Gü-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0196] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. niſtet hat, nicht vertrieben werden kann; man begreift es nicht, und ſäet es jedes Jahr von neuem an. Ein berühmter Bo- taniker, der in den neunziger Jahren mit der holländiſchen Ge- ſandtſchaft nach China reiſ’te, konnte auf den chineſiſchen Ge- treidefeldern kaum irgend eine andere Pflanze finden als das Korn ſelbſt. (Ingenhouß, die Ernährung der Pflanzen S. 129). Der Harn der Pferde iſt weit weniger reich an Stickſtoff und phosphorſauren Salzen. Nach Foucroy und Vauque- lin enthält er nur 5 p. c. feſte Subſtanz, und darinn nur 0,7 Harnſtoff. 100 Theile Menſchenharn enthalten mehr wie viermal ſo viel. Der Kuhharn iſt vorzüglich reich an Kaliſalzen; nach Rouelle und Brande enthält er ſogar keine Natronſalze. Der Harn der Schweine iſt vorzüglich reich an phosphorſau- rem Bittererde-Ammoniak, welches die ſo häufig vorkommen- den Steine in den Harnblaſen dieſer Thiere bildet. Es iſt klar, daß wenn wir die feſten und flüſſigen Excre- mente der Menſchen, und die flüſſigen der Thiere in dem Ver- hältniſſe zu dem Stickſtoff auf unſere Aecker bringen, den wir in der Form von Gewächſen darauf geerntet haben, ſo wird die Summe des Stickſtoffs auf dem Gute jährlich wachſen müſſen. Denn zu dem, welchen wir in dem Dünger zuführen, iſt aus der Atmoſphäre eine gewiſſe Quantität hinzugekom- men. Was wir in der Form von Getreide und Vieh an Stickſtoff ausführen, was ſich davon in großen Städten an- häuft, kommt andern Feldern zu gut, wenn wir ihn nicht er- ſetzen. Ein Gut, was keine Wieſen hat und nicht Felder ge- nug für den Anbau von Futtergewächſen beſitzt, muß ſtickſtoff- haltigen Dünger von Außen einführen, wenn man auf ihm ein Maximum von Ertrag erzielen will. Auf größeren Gü-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/196
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/196>, abgerufen am 24.11.2024.