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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Wechselwirthschaft und der Dünger.
phosphorsaures Ammoniak, die vegetabilischen Theile, welche
darinn enthalten sind, gehen ebenfalls in Fäulniß über, alle
schwefelsauren Salze werden zersetzt, der Schwefel bildet Schwe-
felwasserstoff und flüchtiges Schwefelammonium. Die an der
Luft trocken gewordene Masse hat mehr wie die Hälfte ihres
Stickstoffgehalts mit dem verdampfenden Wasser verloren, der
Rückstand besteht neben phosphorsaurem und milchsaurem Am-
moniak, zum größten Theil aus phosphorsaurem Kalk, etwas
harnsaurer Bittererde und fettigen Substanzen; er ist nichts
desto weniger noch ein sehr kräftiger Dünger, aber seine Fä-
higkeit zu düngen wäre verdoppelt und verdreifacht worden,
wenn man die Excremente vor diesem Eintrocknen durch eine
wohlfeile Mineralsäure neutralisirt hätte.

In andern Fabriken mengt man die weichen Excremente
mit Holzasche oder mit Erde, die eine reichliche Quantität
ätzendem Kalk enthält, und bewirkt damit eine völlige Austrei-
bung alles Ammoniaks, wobei sie ihren Geruch aufs Vollstän-
digste verlieren. Wenn dieser Rückstand düngt, so geschieht
dieß lediglich nur durch die phosphorsauren Salze, die er noch
enthält, denn alle Ammoniakverbindungen sind zersetzt und das
Ammoniak ist ausgetrieben worden.

In dem sterilen Boden der Küsten Südamerika's düngt man
mit Guano, mit harnsauren und anderen Ammoniaksalzen, und
erhält damit eine üppige Vegetation und die reichsten Ernten.
In China giebt man den Getreidefeldern keinen anderen Dün-
ger als Menschenexcremente; bei uns überfährt man die Fel-
der jährlich mit dem Saamen von allen Unkrautpflanzen, die
in der Beschaffenheit und Form, welche sie besitzen, unverdaut
mit ihrer ganzen Keimkraft in die Excremente der Thiere wie-
der übergehen, und man wundert sich, daß das Unkraut trotz
aller Anstrengung auf den Aeckern, wo es sich einmal einge-

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Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
phosphorſaures Ammoniak, die vegetabiliſchen Theile, welche
darinn enthalten ſind, gehen ebenfalls in Fäulniß über, alle
ſchwefelſauren Salze werden zerſetzt, der Schwefel bildet Schwe-
felwaſſerſtoff und flüchtiges Schwefelammonium. Die an der
Luft trocken gewordene Maſſe hat mehr wie die Hälfte ihres
Stickſtoffgehalts mit dem verdampfenden Waſſer verloren, der
Rückſtand beſteht neben phosphorſaurem und milchſaurem Am-
moniak, zum größten Theil aus phosphorſaurem Kalk, etwas
harnſaurer Bittererde und fettigen Subſtanzen; er iſt nichts
deſto weniger noch ein ſehr kräftiger Dünger, aber ſeine Fä-
higkeit zu düngen wäre verdoppelt und verdreifacht worden,
wenn man die Excremente vor dieſem Eintrocknen durch eine
wohlfeile Mineralſäure neutraliſirt hätte.

In andern Fabriken mengt man die weichen Excremente
mit Holzaſche oder mit Erde, die eine reichliche Quantität
ätzendem Kalk enthält, und bewirkt damit eine völlige Austrei-
bung alles Ammoniaks, wobei ſie ihren Geruch aufs Vollſtän-
digſte verlieren. Wenn dieſer Rückſtand düngt, ſo geſchieht
dieß lediglich nur durch die phosphorſauren Salze, die er noch
enthält, denn alle Ammoniakverbindungen ſind zerſetzt und das
Ammoniak iſt ausgetrieben worden.

In dem ſterilen Boden der Küſten Südamerika’s düngt man
mit Guano, mit harnſauren und anderen Ammoniakſalzen, und
erhält damit eine üppige Vegetation und die reichſten Ernten.
In China giebt man den Getreidefeldern keinen anderen Dün-
ger als Menſchenexcremente; bei uns überfährt man die Fel-
der jährlich mit dem Saamen von allen Unkrautpflanzen, die
in der Beſchaffenheit und Form, welche ſie beſitzen, unverdaut
mit ihrer ganzen Keimkraft in die Excremente der Thiere wie-
der übergehen, und man wundert ſich, daß das Unkraut trotz
aller Anſtrengung auf den Aeckern, wo es ſich einmal einge-

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[177/0195] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. phosphorſaures Ammoniak, die vegetabiliſchen Theile, welche darinn enthalten ſind, gehen ebenfalls in Fäulniß über, alle ſchwefelſauren Salze werden zerſetzt, der Schwefel bildet Schwe- felwaſſerſtoff und flüchtiges Schwefelammonium. Die an der Luft trocken gewordene Maſſe hat mehr wie die Hälfte ihres Stickſtoffgehalts mit dem verdampfenden Waſſer verloren, der Rückſtand beſteht neben phosphorſaurem und milchſaurem Am- moniak, zum größten Theil aus phosphorſaurem Kalk, etwas harnſaurer Bittererde und fettigen Subſtanzen; er iſt nichts deſto weniger noch ein ſehr kräftiger Dünger, aber ſeine Fä- higkeit zu düngen wäre verdoppelt und verdreifacht worden, wenn man die Excremente vor dieſem Eintrocknen durch eine wohlfeile Mineralſäure neutraliſirt hätte. In andern Fabriken mengt man die weichen Excremente mit Holzaſche oder mit Erde, die eine reichliche Quantität ätzendem Kalk enthält, und bewirkt damit eine völlige Austrei- bung alles Ammoniaks, wobei ſie ihren Geruch aufs Vollſtän- digſte verlieren. Wenn dieſer Rückſtand düngt, ſo geſchieht dieß lediglich nur durch die phosphorſauren Salze, die er noch enthält, denn alle Ammoniakverbindungen ſind zerſetzt und das Ammoniak iſt ausgetrieben worden. In dem ſterilen Boden der Küſten Südamerika’s düngt man mit Guano, mit harnſauren und anderen Ammoniakſalzen, und erhält damit eine üppige Vegetation und die reichſten Ernten. In China giebt man den Getreidefeldern keinen anderen Dün- ger als Menſchenexcremente; bei uns überfährt man die Fel- der jährlich mit dem Saamen von allen Unkrautpflanzen, die in der Beſchaffenheit und Form, welche ſie beſitzen, unverdaut mit ihrer ganzen Keimkraft in die Excremente der Thiere wie- der übergehen, und man wundert ſich, daß das Unkraut trotz aller Anſtrengung auf den Aeckern, wo es ſich einmal einge- 12

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/195>, abgerufen am 24.11.2024.