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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Wechselwirthschaft und der Dünger.
des Staates verbieten das Hinwegschütten derselben, in jedem
Hause sind mit der größten Sorgfalt Reservoirs angelegt, in
denen sie gesammelt werden, nie wird dort für Getreidefelder
ein andrer Dünger verwendet.

China ist die Heimath der Experimentirkunst, das unabläs-
sige Bestreben, Versuche zu machen, hat das chinesische Volk
seit Jahrtausenden zu Entdeckungen geführt, welche die Euro-
päer Jahrhunderte lang, in Beziehung auf Färberei, Malerei,
Porzellan- und Seidebereitung, Lack- und Malerfarben, bewun-
derten, ohne sie nachahmen zu können, man ist dort dazu ge-
langt, ohne durch wissenschaftliche Principien geleitet zu werden,
denn man findet in allen ihren Büchern Recepte und Vor-
schriften, aber niemals Erklärungen.

Ein halbes Jahrhundert genügte den Europäern, die Chi-
nesen in den Künsten und in den Gewerben nicht allein zu
erreichen, sondern sie zu übertreffen, und dieß geschah aus-
schließlich nur durch die Anwendung richtiger Grundsätze, die
aus dem Studium der Chemie hervorgingen, aber wie unendlich
weit ist der europäische Ackerbau hinter dem chinesischen zurück.
Die Chinesen sind die bewundernswürdigsten Gärtner und Er-
zieher von Gewächsen, für jedes wissen sie eigends zubereiteten
Dünger anzuwenden. Der Ackerbau der Chinesen ist der voll-
kommenste in der Welt, und man legt in diesem Lande, dessen
Klima in den fruchtbarsten Bezirken sich von dem europäischen
nur wenig entfernt, den Excrementen der Thiere nur einen
höchst geringen Werth bei. Bei uns schreibt man dicke Bü-
cher, aber man stellt keine Versuche an, man drückt in Procen-
ten aus, was die eine und die andere Pflanze an Dünger ver-
zehrt, und weiß nicht, was Dünger ist!

Wenn wir annehmen, daß die flüssigen und festen Excre-
mente eines Menschen täglich nur 11/2 Lb betragen (5/4 Lb Urin

Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
des Staates verbieten das Hinwegſchütten derſelben, in jedem
Hauſe ſind mit der größten Sorgfalt Reſervoirs angelegt, in
denen ſie geſammelt werden, nie wird dort für Getreidefelder
ein andrer Dünger verwendet.

China iſt die Heimath der Experimentirkunſt, das unabläſ-
ſige Beſtreben, Verſuche zu machen, hat das chineſiſche Volk
ſeit Jahrtauſenden zu Entdeckungen geführt, welche die Euro-
päer Jahrhunderte lang, in Beziehung auf Färberei, Malerei,
Porzellan- und Seidebereitung, Lack- und Malerfarben, bewun-
derten, ohne ſie nachahmen zu können, man iſt dort dazu ge-
langt, ohne durch wiſſenſchaftliche Principien geleitet zu werden,
denn man findet in allen ihren Büchern Recepte und Vor-
ſchriften, aber niemals Erklärungen.

Ein halbes Jahrhundert genügte den Europäern, die Chi-
neſen in den Künſten und in den Gewerben nicht allein zu
erreichen, ſondern ſie zu übertreffen, und dieß geſchah aus-
ſchließlich nur durch die Anwendung richtiger Grundſätze, die
aus dem Studium der Chemie hervorgingen, aber wie unendlich
weit iſt der europäiſche Ackerbau hinter dem chineſiſchen zurück.
Die Chineſen ſind die bewundernswürdigſten Gärtner und Er-
zieher von Gewächſen, für jedes wiſſen ſie eigends zubereiteten
Dünger anzuwenden. Der Ackerbau der Chineſen iſt der voll-
kommenſte in der Welt, und man legt in dieſem Lande, deſſen
Klima in den fruchtbarſten Bezirken ſich von dem europäiſchen
nur wenig entfernt, den Excrementen der Thiere nur einen
höchſt geringen Werth bei. Bei uns ſchreibt man dicke Bü-
cher, aber man ſtellt keine Verſuche an, man drückt in Procen-
ten aus, was die eine und die andere Pflanze an Dünger ver-
zehrt, und weiß nicht, was Dünger iſt!

Wenn wir annehmen, daß die flüſſigen und feſten Excre-
mente eines Menſchen täglich nur 1½ ℔ betragen (5/4 ℔ Urin

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[175/0193] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. des Staates verbieten das Hinwegſchütten derſelben, in jedem Hauſe ſind mit der größten Sorgfalt Reſervoirs angelegt, in denen ſie geſammelt werden, nie wird dort für Getreidefelder ein andrer Dünger verwendet. China iſt die Heimath der Experimentirkunſt, das unabläſ- ſige Beſtreben, Verſuche zu machen, hat das chineſiſche Volk ſeit Jahrtauſenden zu Entdeckungen geführt, welche die Euro- päer Jahrhunderte lang, in Beziehung auf Färberei, Malerei, Porzellan- und Seidebereitung, Lack- und Malerfarben, bewun- derten, ohne ſie nachahmen zu können, man iſt dort dazu ge- langt, ohne durch wiſſenſchaftliche Principien geleitet zu werden, denn man findet in allen ihren Büchern Recepte und Vor- ſchriften, aber niemals Erklärungen. Ein halbes Jahrhundert genügte den Europäern, die Chi- neſen in den Künſten und in den Gewerben nicht allein zu erreichen, ſondern ſie zu übertreffen, und dieß geſchah aus- ſchließlich nur durch die Anwendung richtiger Grundſätze, die aus dem Studium der Chemie hervorgingen, aber wie unendlich weit iſt der europäiſche Ackerbau hinter dem chineſiſchen zurück. Die Chineſen ſind die bewundernswürdigſten Gärtner und Er- zieher von Gewächſen, für jedes wiſſen ſie eigends zubereiteten Dünger anzuwenden. Der Ackerbau der Chineſen iſt der voll- kommenſte in der Welt, und man legt in dieſem Lande, deſſen Klima in den fruchtbarſten Bezirken ſich von dem europäiſchen nur wenig entfernt, den Excrementen der Thiere nur einen höchſt geringen Werth bei. Bei uns ſchreibt man dicke Bü- cher, aber man ſtellt keine Verſuche an, man drückt in Procen- ten aus, was die eine und die andere Pflanze an Dünger ver- zehrt, und weiß nicht, was Dünger iſt! Wenn wir annehmen, daß die flüſſigen und feſten Excre- mente eines Menſchen täglich nur 1½ ℔ betragen (5/4 ℔ Urin

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/193>, abgerufen am 25.11.2024.