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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Wechselwirthschaft und der Dünger.
kohlensauren Ammoniaks mit dem Wasser verdunsten, eine andere
Portion davon wird von thon- und eisenoxidhaltigem Boden
eingesaugt werden, im Allgemeinen wird aber nur das milch-
saure, phosphorsaure und salzsaure Ammoniak in der Erde
bleiben, der Gehalt an diesen allein, macht den Boden fähig,
im Verlauf der Vegetation auf die Pflanzen eine directe Wir-
kung zu äußern, keine Spur davon wird den Wurzeln der
Pflanzen entgehen.

Das kohlensaure Ammoniak macht bei seiner Bildung den
Harn alkalisch, in normalem Zustande ist er, wie man weiß,
sauer; wenn es, was in den meisten Fällen eintritt, sich ver-
flüchtigt und in die Luft verliert, so ist der Verlust, den wir
erleiden, beinahe gleich dem Verlust an dem halben Gewichte
Urin; wenn wir es fixiren, d. h. ihm seine Flüchtigkeit nehmen,
so haben wir seine Wirksamkeit aufs Doppelte erhöht.

Das Vorhandensein von freiem kohlensauren Ammoniak
in gefaultem Urin hat selbst in früheren Zeiten zu dem Vor-
schlage Veranlassung gegeben, die Mistjauche auf Salmiak zu
benutzen. Von manchem Oekonomen ist dieser Vorschlag in
Ausführung gebracht worden zu einer Zeit, wo der Salmiak
einen hohen Handelswerth besaß. Die Mistjauche wurde in Ge-
fäßen von Eisen der Destillation unterworfen und das Destillat
auf gewöhnliche Weise in Salmiak verwandelt. (Demachy.)

Es versteht sich von selbst, daß die Agricultur eine solche
widersinnige Anwendung verwerfen muß, da der Stickstoff von
100 Lb Salmiak (welche 26 Theile Stickstoff enthalten) gleich
ist dem Stickstoffgehalte von 1200 Lb Weizenkörnern, 1480 Lb
Gerstenkörnern oder 2500 Lb Heu. (Boussingault.)

Das durch Fäulniß des Urins erzeugte kohlensaure Ammo-
niak kann auf mannigfaltige Weise fixirt, d. h. seiner Fähigkeit
sich zu verflüchtigen beraubt werden.

Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
kohlenſauren Ammoniaks mit dem Waſſer verdunſten, eine andere
Portion davon wird von thon- und eiſenoxidhaltigem Boden
eingeſaugt werden, im Allgemeinen wird aber nur das milch-
ſaure, phosphorſaure und ſalzſaure Ammoniak in der Erde
bleiben, der Gehalt an dieſen allein, macht den Boden fähig,
im Verlauf der Vegetation auf die Pflanzen eine directe Wir-
kung zu äußern, keine Spur davon wird den Wurzeln der
Pflanzen entgehen.

Das kohlenſaure Ammoniak macht bei ſeiner Bildung den
Harn alkaliſch, in normalem Zuſtande iſt er, wie man weiß,
ſauer; wenn es, was in den meiſten Fällen eintritt, ſich ver-
flüchtigt und in die Luft verliert, ſo iſt der Verluſt, den wir
erleiden, beinahe gleich dem Verluſt an dem halben Gewichte
Urin; wenn wir es fixiren, d. h. ihm ſeine Flüchtigkeit nehmen,
ſo haben wir ſeine Wirkſamkeit aufs Doppelte erhöht.

Das Vorhandenſein von freiem kohlenſauren Ammoniak
in gefaultem Urin hat ſelbſt in früheren Zeiten zu dem Vor-
ſchlage Veranlaſſung gegeben, die Miſtjauche auf Salmiak zu
benutzen. Von manchem Oekonomen iſt dieſer Vorſchlag in
Ausführung gebracht worden zu einer Zeit, wo der Salmiak
einen hohen Handelswerth beſaß. Die Miſtjauche wurde in Ge-
fäßen von Eiſen der Deſtillation unterworfen und das Deſtillat
auf gewöhnliche Weiſe in Salmiak verwandelt. (Demachy.)

Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die Agricultur eine ſolche
widerſinnige Anwendung verwerfen muß, da der Stickſtoff von
100 ℔ Salmiak (welche 26 Theile Stickſtoff enthalten) gleich
iſt dem Stickſtoffgehalte von 1200 ℔ Weizenkörnern, 1480 ℔
Gerſtenkörnern oder 2500 ℔ Heu. (Bouſſingault.)

Das durch Fäulniß des Urins erzeugte kohlenſaure Ammo-
niak kann auf mannigfaltige Weiſe fixirt, d. h. ſeiner Fähigkeit
ſich zu verflüchtigen beraubt werden.

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[172/0190] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. kohlenſauren Ammoniaks mit dem Waſſer verdunſten, eine andere Portion davon wird von thon- und eiſenoxidhaltigem Boden eingeſaugt werden, im Allgemeinen wird aber nur das milch- ſaure, phosphorſaure und ſalzſaure Ammoniak in der Erde bleiben, der Gehalt an dieſen allein, macht den Boden fähig, im Verlauf der Vegetation auf die Pflanzen eine directe Wir- kung zu äußern, keine Spur davon wird den Wurzeln der Pflanzen entgehen. Das kohlenſaure Ammoniak macht bei ſeiner Bildung den Harn alkaliſch, in normalem Zuſtande iſt er, wie man weiß, ſauer; wenn es, was in den meiſten Fällen eintritt, ſich ver- flüchtigt und in die Luft verliert, ſo iſt der Verluſt, den wir erleiden, beinahe gleich dem Verluſt an dem halben Gewichte Urin; wenn wir es fixiren, d. h. ihm ſeine Flüchtigkeit nehmen, ſo haben wir ſeine Wirkſamkeit aufs Doppelte erhöht. Das Vorhandenſein von freiem kohlenſauren Ammoniak in gefaultem Urin hat ſelbſt in früheren Zeiten zu dem Vor- ſchlage Veranlaſſung gegeben, die Miſtjauche auf Salmiak zu benutzen. Von manchem Oekonomen iſt dieſer Vorſchlag in Ausführung gebracht worden zu einer Zeit, wo der Salmiak einen hohen Handelswerth beſaß. Die Miſtjauche wurde in Ge- fäßen von Eiſen der Deſtillation unterworfen und das Deſtillat auf gewöhnliche Weiſe in Salmiak verwandelt. (Demachy.) Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die Agricultur eine ſolche widerſinnige Anwendung verwerfen muß, da der Stickſtoff von 100 ℔ Salmiak (welche 26 Theile Stickſtoff enthalten) gleich iſt dem Stickſtoffgehalte von 1200 ℔ Weizenkörnern, 1480 ℔ Gerſtenkörnern oder 2500 ℔ Heu. (Bouſſingault.) Das durch Fäulniß des Urins erzeugte kohlenſaure Ammo- niak kann auf mannigfaltige Weiſe fixirt, d. h. ſeiner Fähigkeit ſich zu verflüchtigen beraubt werden.

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/190>, abgerufen am 25.11.2024.