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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Cultur.
den Urin und die festen Excremente wird aller Ueberschuß wie-
der abgeführt.

Man kann sich eine Vorstellung von dem Gehalt von phos-
phorsaurer Bittererde in dem Getreide machen, wenn man sich
erinnert, daß die Steine in dem Blinddarm von Pferden, die
sich von Heu und Hafer nähren, aus phosphorsaurer Bitter-
erde und Ammoniak bestehen. Aus dem Mastdarm eines Mül-
lerpferdes in Eberstadt wurden nach seinem Tode 29 Steine
genommen, die zusammen über 3 Lb wogen, und Dr. Fr. Si-
mon
beschrieb vor Kurzem einen Stein von einem Fuhrmanns-
pferde, dessen Gewicht 471/2 Loth (über 700 Grammen) betrug.

Es ist klar, ohne phosphorsaure Bittererde, welche einen
nie fehlenden Bestandtheil der Saamen der Getreidearten aus-
macht, wird sich dieser Saame nicht bilden können; er wird
nicht zur Reife gelangen.

Außer Kieselsäure, Kali und Phosphorsäure, die unter kei-
nerlei Umständen in den Culturpflanzen fehlen, nehmen die
Vegetabilien aus dem Boden noch fremde Stoffe, Salze auf,
von denen man voraussetzen darf, daß sie die ebengenannten
zum Theil wenigstens in ihren Wirkungen ersetzen; in dieser
Form kann man bei manchen Pflanzen Kochsalz, schwefelsau-
res Kali, Salpeter, Chlorkalium und andere als nothwendige
Bestandtheile betrachten.

Der Thonschiefer enthält meistens Einmischungen von Ku-
pferoxid, der Glimmerboden enthält Fluormetalle. Von diesen
Bestandtheilen gehen geringe Mengen in den Organismus der
Pflanze über, ohne daß sich behaupten läßt, sie seien ihr noth-
wendig.

In gewissen Fällen scheint das Fluorcalcium den phosphor-
sauren Kalk in den Knochen und Zähnen vertreten zu können,
es läßt sich sonst wenigstens nicht erklären, woher es kommt,

Die Cultur.
den Urin und die feſten Excremente wird aller Ueberſchuß wie-
der abgeführt.

Man kann ſich eine Vorſtellung von dem Gehalt von phos-
phorſaurer Bittererde in dem Getreide machen, wenn man ſich
erinnert, daß die Steine in dem Blinddarm von Pferden, die
ſich von Heu und Hafer nähren, aus phosphorſaurer Bitter-
erde und Ammoniak beſtehen. Aus dem Maſtdarm eines Mül-
lerpferdes in Eberſtadt wurden nach ſeinem Tode 29 Steine
genommen, die zuſammen über 3 ℔ wogen, und Dr. Fr. Si-
mon
beſchrieb vor Kurzem einen Stein von einem Fuhrmanns-
pferde, deſſen Gewicht 47½ Loth (über 700 Grammen) betrug.

Es iſt klar, ohne phosphorſaure Bittererde, welche einen
nie fehlenden Beſtandtheil der Saamen der Getreidearten aus-
macht, wird ſich dieſer Saame nicht bilden können; er wird
nicht zur Reife gelangen.

Außer Kieſelſäure, Kali und Phosphorſäure, die unter kei-
nerlei Umſtänden in den Culturpflanzen fehlen, nehmen die
Vegetabilien aus dem Boden noch fremde Stoffe, Salze auf,
von denen man vorausſetzen darf, daß ſie die ebengenannten
zum Theil wenigſtens in ihren Wirkungen erſetzen; in dieſer
Form kann man bei manchen Pflanzen Kochſalz, ſchwefelſau-
res Kali, Salpeter, Chlorkalium und andere als nothwendige
Beſtandtheile betrachten.

Der Thonſchiefer enthält meiſtens Einmiſchungen von Ku-
pferoxid, der Glimmerboden enthält Fluormetalle. Von dieſen
Beſtandtheilen gehen geringe Mengen in den Organismus der
Pflanze über, ohne daß ſich behaupten läßt, ſie ſeien ihr noth-
wendig.

In gewiſſen Fällen ſcheint das Fluorcalcium den phosphor-
ſauren Kalk in den Knochen und Zähnen vertreten zu können,
es läßt ſich ſonſt wenigſtens nicht erklären, woher es kommt,

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[139/0157] Die Cultur. den Urin und die feſten Excremente wird aller Ueberſchuß wie- der abgeführt. Man kann ſich eine Vorſtellung von dem Gehalt von phos- phorſaurer Bittererde in dem Getreide machen, wenn man ſich erinnert, daß die Steine in dem Blinddarm von Pferden, die ſich von Heu und Hafer nähren, aus phosphorſaurer Bitter- erde und Ammoniak beſtehen. Aus dem Maſtdarm eines Mül- lerpferdes in Eberſtadt wurden nach ſeinem Tode 29 Steine genommen, die zuſammen über 3 ℔ wogen, und Dr. Fr. Si- mon beſchrieb vor Kurzem einen Stein von einem Fuhrmanns- pferde, deſſen Gewicht 47½ Loth (über 700 Grammen) betrug. Es iſt klar, ohne phosphorſaure Bittererde, welche einen nie fehlenden Beſtandtheil der Saamen der Getreidearten aus- macht, wird ſich dieſer Saame nicht bilden können; er wird nicht zur Reife gelangen. Außer Kieſelſäure, Kali und Phosphorſäure, die unter kei- nerlei Umſtänden in den Culturpflanzen fehlen, nehmen die Vegetabilien aus dem Boden noch fremde Stoffe, Salze auf, von denen man vorausſetzen darf, daß ſie die ebengenannten zum Theil wenigſtens in ihren Wirkungen erſetzen; in dieſer Form kann man bei manchen Pflanzen Kochſalz, ſchwefelſau- res Kali, Salpeter, Chlorkalium und andere als nothwendige Beſtandtheile betrachten. Der Thonſchiefer enthält meiſtens Einmiſchungen von Ku- pferoxid, der Glimmerboden enthält Fluormetalle. Von dieſen Beſtandtheilen gehen geringe Mengen in den Organismus der Pflanze über, ohne daß ſich behaupten läßt, ſie ſeien ihr noth- wendig. In gewiſſen Fällen ſcheint das Fluorcalcium den phosphor- ſauren Kalk in den Knochen und Zähnen vertreten zu können, es läßt ſich ſonſt wenigſtens nicht erklären, woher es kommt,

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/157>, abgerufen am 27.11.2024.