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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Cultur.
halten ein Maximum von Zucker und kein Ammoniaksalz, und
in gedüngtem Lande verliert die Teltower Rube ihre meh-
lige Beschaffenheit, denn in diesem vereinigen sich alle Bedin-
gungen für Zellenbildung.

Eine abnorme Production von gewissen Bestandtheilen der
Pflanzen setzt in den Blättern eine Kraft und Fähigkeit der
Assimilation voraus, die wir mit einer gewöhnlichen, selbst der
mächtigsten chemischen Action nicht vergleichen können. Man
kann sich in der That keine geringe Vorstellung davon machen,
denn sie übertrifft an Stärke die mächtigste galvanische Batte-
rie, mit der wir nicht im Stande sind, den Sauerstoff aus der
Kohlensäure auszuscheiden. Die Verwandtschaft des Chlors
zum Wasserstoff, seine Fähigkeit, das Wasser im Sonnenlichte
zu zerlegen und Sauerstoff daraus zu entwickeln, ist für nichts
zu achten, gegen die Kraft und Energie, mit welcher ein von
der Pflanze getrenntes Blatt das aufgesaugte kohlensaure Gas
zu zerlegen vermag.

Die gewöhnliche Meinung, daß nur das direct einfallende
Sonnenlicht, die Zerlegung der Kohlensäure in den Blättern
der Pflanzen zu bewirken vermöge, daß das reflectirte oder
Tageslicht diese Fähigkeit nicht besitzt, ist ein sehr verbreiteter
Irrthum, denn in einer Menge Pflanzen erzeugen sich absolut
die nemlichen Bestandtheile, gleichgültig ob sie vom Sonnen-
lichte getroffen werden, oder ob sie im Schatten wachsen, sie
bedürfen des Lichtes und zwar des Sonnenlichtes, aber es ist
für ihre Funktionen durchaus gleichgültig, ob sie die Strahlen
der Sonne direct erhalten oder nicht. Ihre Funktionen gehen
nur mit weit größerer Energie und Schnelligkeit im Sonnen-
lichte als wie im Tageslichte oder im Schatten vor sich; es
kann keine andere Verschiedenheit hier gedacht werden, als wie
bei ähnlichen Wirkungen, welche das Licht auf chemische Ver-

Die Cultur.
halten ein Maximum von Zucker und kein Ammoniakſalz, und
in gedüngtem Lande verliert die Teltower Rube ihre meh-
lige Beſchaffenheit, denn in dieſem vereinigen ſich alle Bedin-
gungen für Zellenbildung.

Eine abnorme Production von gewiſſen Beſtandtheilen der
Pflanzen ſetzt in den Blättern eine Kraft und Fähigkeit der
Aſſimilation voraus, die wir mit einer gewöhnlichen, ſelbſt der
mächtigſten chemiſchen Action nicht vergleichen können. Man
kann ſich in der That keine geringe Vorſtellung davon machen,
denn ſie übertrifft an Stärke die mächtigſte galvaniſche Batte-
rie, mit der wir nicht im Stande ſind, den Sauerſtoff aus der
Kohlenſäure auszuſcheiden. Die Verwandtſchaft des Chlors
zum Waſſerſtoff, ſeine Fähigkeit, das Waſſer im Sonnenlichte
zu zerlegen und Sauerſtoff daraus zu entwickeln, iſt für nichts
zu achten, gegen die Kraft und Energie, mit welcher ein von
der Pflanze getrenntes Blatt das aufgeſaugte kohlenſaure Gas
zu zerlegen vermag.

Die gewöhnliche Meinung, daß nur das direct einfallende
Sonnenlicht, die Zerlegung der Kohlenſäure in den Blättern
der Pflanzen zu bewirken vermöge, daß das reflectirte oder
Tageslicht dieſe Fähigkeit nicht beſitzt, iſt ein ſehr verbreiteter
Irrthum, denn in einer Menge Pflanzen erzeugen ſich abſolut
die nemlichen Beſtandtheile, gleichgültig ob ſie vom Sonnen-
lichte getroffen werden, oder ob ſie im Schatten wachſen, ſie
bedürfen des Lichtes und zwar des Sonnenlichtes, aber es iſt
für ihre Funktionen durchaus gleichgültig, ob ſie die Strahlen
der Sonne direct erhalten oder nicht. Ihre Funktionen gehen
nur mit weit größerer Energie und Schnelligkeit im Sonnen-
lichte als wie im Tageslichte oder im Schatten vor ſich; es
kann keine andere Verſchiedenheit hier gedacht werden, als wie
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[121/0139] Die Cultur. halten ein Maximum von Zucker und kein Ammoniakſalz, und in gedüngtem Lande verliert die Teltower Rube ihre meh- lige Beſchaffenheit, denn in dieſem vereinigen ſich alle Bedin- gungen für Zellenbildung. Eine abnorme Production von gewiſſen Beſtandtheilen der Pflanzen ſetzt in den Blättern eine Kraft und Fähigkeit der Aſſimilation voraus, die wir mit einer gewöhnlichen, ſelbſt der mächtigſten chemiſchen Action nicht vergleichen können. Man kann ſich in der That keine geringe Vorſtellung davon machen, denn ſie übertrifft an Stärke die mächtigſte galvaniſche Batte- rie, mit der wir nicht im Stande ſind, den Sauerſtoff aus der Kohlenſäure auszuſcheiden. Die Verwandtſchaft des Chlors zum Waſſerſtoff, ſeine Fähigkeit, das Waſſer im Sonnenlichte zu zerlegen und Sauerſtoff daraus zu entwickeln, iſt für nichts zu achten, gegen die Kraft und Energie, mit welcher ein von der Pflanze getrenntes Blatt das aufgeſaugte kohlenſaure Gas zu zerlegen vermag. Die gewöhnliche Meinung, daß nur das direct einfallende Sonnenlicht, die Zerlegung der Kohlenſäure in den Blättern der Pflanzen zu bewirken vermöge, daß das reflectirte oder Tageslicht dieſe Fähigkeit nicht beſitzt, iſt ein ſehr verbreiteter Irrthum, denn in einer Menge Pflanzen erzeugen ſich abſolut die nemlichen Beſtandtheile, gleichgültig ob ſie vom Sonnen- lichte getroffen werden, oder ob ſie im Schatten wachſen, ſie bedürfen des Lichtes und zwar des Sonnenlichtes, aber es iſt für ihre Funktionen durchaus gleichgültig, ob ſie die Strahlen der Sonne direct erhalten oder nicht. Ihre Funktionen gehen nur mit weit größerer Energie und Schnelligkeit im Sonnen- lichte als wie im Tageslichte oder im Schatten vor ſich; es kann keine andere Verſchiedenheit hier gedacht werden, als wie bei ähnlichen Wirkungen, welche das Licht auf chemiſche Ver-

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/139>, abgerufen am 22.11.2024.