Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Fanny Lewald wurde am 24. März 1811 zu Königsberg in Preußen von israelitischen Eltern geboren, trat in ihrem siebzehnten Jahre zur evangelischen Kirche über, begleitete 1831 ihren Vater auf einer Reise durch Deutschland und Frankreich und lebte dann längere Zeit in Breslau und Berlin. Nachdem sie schon 1834 zur Unterhaltung ihrer kranken Schwester Märchen geschrieben hatte, wagte sie sich 1841 an ihre erste Novelle "der Stellvertreter", die in der "Europa" ihres Vetters August Lewald ohne ihren Namen erschien. Die größeren Erzählungen "Clementine" (1842), "Jenny" (1843), "eine Lebensfrage" (1845), ebenfalls anonym, lenkten rasch das allgemeine Interesse auf dies energisch sich entfaltende Talent; in rascher Folge erschienen eine Reihe umfangreicherer Romane, farbiger und lebendiger Reiseschilderungen (eine Reise durch Italien im Jahre 1845 hatte sie mit Adolf Stahr zusammengeführt, dessen Gattin sie im Jahre 1854 wurde), und kleinere in Zeitschriften zerstreute Arbeiten, zum Theil auch theoretisch eingreifend in die socialen Probleme der Zeit, die in vielen ihrer Dichtungen den Mittelpunkt der Handlung und die bewegende Kraft in den Charakteren bilden. Aus diesem Grundzug ihrer Natur, aus dem ernst und liebevoll auf das Ordnen und Klären der vielfach verworrenen Lebensfragen gerichteten Sinn der Schriftstellerin geht von selbst hervor, daß der Roman diejenige Form ist, in der sich ihr Talent am Freiesten und Fruchtbarsten zu entfalten vermag. Frühzeitig, wie es in ihrer trefflichen Selbstbiographie Stufe für Stufe sich verfolgen läßt, in einen Culturgegensatz hineingestellt, auf den Kampf der Confessionen, Fanny Lewald wurde am 24. März 1811 zu Königsberg in Preußen von israelitischen Eltern geboren, trat in ihrem siebzehnten Jahre zur evangelischen Kirche über, begleitete 1831 ihren Vater auf einer Reise durch Deutschland und Frankreich und lebte dann längere Zeit in Breslau und Berlin. Nachdem sie schon 1834 zur Unterhaltung ihrer kranken Schwester Märchen geschrieben hatte, wagte sie sich 1841 an ihre erste Novelle „der Stellvertreter“, die in der „Europa“ ihres Vetters August Lewald ohne ihren Namen erschien. Die größeren Erzählungen „Clementine“ (1842), „Jenny“ (1843), „eine Lebensfrage“ (1845), ebenfalls anonym, lenkten rasch das allgemeine Interesse auf dies energisch sich entfaltende Talent; in rascher Folge erschienen eine Reihe umfangreicherer Romane, farbiger und lebendiger Reiseschilderungen (eine Reise durch Italien im Jahre 1845 hatte sie mit Adolf Stahr zusammengeführt, dessen Gattin sie im Jahre 1854 wurde), und kleinere in Zeitschriften zerstreute Arbeiten, zum Theil auch theoretisch eingreifend in die socialen Probleme der Zeit, die in vielen ihrer Dichtungen den Mittelpunkt der Handlung und die bewegende Kraft in den Charakteren bilden. Aus diesem Grundzug ihrer Natur, aus dem ernst und liebevoll auf das Ordnen und Klären der vielfach verworrenen Lebensfragen gerichteten Sinn der Schriftstellerin geht von selbst hervor, daß der Roman diejenige Form ist, in der sich ihr Talent am Freiesten und Fruchtbarsten zu entfalten vermag. 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Die größeren Erzählungen „Clementine“ (1842), „Jenny“ (1843), „eine Lebensfrage“ (1845), ebenfalls anonym, lenkten rasch das allgemeine Interesse auf dies energisch sich entfaltende Talent; in rascher Folge erschienen eine Reihe umfangreicherer Romane, farbiger und lebendiger Reiseschilderungen (eine Reise durch Italien im Jahre 1845 hatte sie mit Adolf Stahr zusammengeführt, dessen Gattin sie im Jahre 1854 wurde), und kleinere in Zeitschriften zerstreute Arbeiten, zum Theil auch theoretisch eingreifend in die socialen Probleme der Zeit, die in vielen ihrer Dichtungen den Mittelpunkt der Handlung und die bewegende Kraft in den Charakteren bilden.</p><lb/> <p>Aus diesem Grundzug ihrer Natur, aus dem ernst und liebevoll auf das Ordnen und Klären der vielfach verworrenen Lebensfragen gerichteten Sinn der Schriftstellerin geht von selbst hervor, daß der Roman diejenige Form ist, in der sich ihr Talent am Freiesten und Fruchtbarsten zu entfalten vermag. 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Fanny Lewald wurde am 24. März 1811 zu Königsberg in Preußen von israelitischen Eltern geboren, trat in ihrem siebzehnten Jahre zur evangelischen Kirche über, begleitete 1831 ihren Vater auf einer Reise durch Deutschland und Frankreich und lebte dann längere Zeit in Breslau und Berlin. Nachdem sie schon 1834 zur Unterhaltung ihrer kranken Schwester Märchen geschrieben hatte, wagte sie sich 1841 an ihre erste Novelle „der Stellvertreter“, die in der „Europa“ ihres Vetters August Lewald ohne ihren Namen erschien. Die größeren Erzählungen „Clementine“ (1842), „Jenny“ (1843), „eine Lebensfrage“ (1845), ebenfalls anonym, lenkten rasch das allgemeine Interesse auf dies energisch sich entfaltende Talent; in rascher Folge erschienen eine Reihe umfangreicherer Romane, farbiger und lebendiger Reiseschilderungen (eine Reise durch Italien im Jahre 1845 hatte sie mit Adolf Stahr zusammengeführt, dessen Gattin sie im Jahre 1854 wurde), und kleinere in Zeitschriften zerstreute Arbeiten, zum Theil auch theoretisch eingreifend in die socialen Probleme der Zeit, die in vielen ihrer Dichtungen den Mittelpunkt der Handlung und die bewegende Kraft in den Charakteren bilden.
Aus diesem Grundzug ihrer Natur, aus dem ernst und liebevoll auf das Ordnen und Klären der vielfach verworrenen Lebensfragen gerichteten Sinn der Schriftstellerin geht von selbst hervor, daß der Roman diejenige Form ist, in der sich ihr Talent am Freiesten und Fruchtbarsten zu entfalten vermag. Frühzeitig, wie es in ihrer trefflichen Selbstbiographie Stufe für Stufe sich verfolgen läßt, in einen Culturgegensatz hineingestellt, auf den Kampf der Confessionen,
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/5>, abgerufen am 16.02.2025. |