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Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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meiner Mutter auszusprechen. Sie sah es ihm beim ersten Blicke an, daß etwas Besonderes und Unheilvolles sich begeben haben müßte, sie fragte auch gleich, was vorgegangen, was in Bezug auf Caroline gesprochen worden sei, indeß sie bekam keine Antwort. Er werde es ihr später sagen, bedeutete der Vater. Das hatte die Mutter noch nicht erlebt, und ihre schweigende Sorge machte sie still und niedergeschlagen.

Der Vater bemerkte es und deutete es auf seine Weise. Sie wird ahnen, dachte er, was die Mutter mir gesagt hat, ihr Gewissen ist erwacht. Sie liebt den Andern! Sie hat mich also nie geliebt! -- Wenn solch ein Gedanke einem vertrauenden Manne nach siebzehn Jahren seiner Ehe kommt, so ist das etwas Anderes, als wenn ein Jüngling Eifersucht empfindet. Es ist ein Erdbeben mit all seiner schrecklichen Zerstörung, denn der Boden wankt, auf dem man das eigene Leben und das Dasein der Familie aufgerichtet hatte.

Am Abende, als wir Alle schon zur Ruhe gegangen waren, saßen die Eltern noch allein beisammen. Die Mutter pflegte in den späten Stunden oft ein gutes Buch zur Hand zu nehmen, der Vater las dann seine Zeitung, und was sie zu berathen hatten, wurde meist in der Zeit zwischen ihnen abgemacht. Auch jetzt saßen sie neben einander, aber obschon sie Beide lasen, war ihnen die Stille, die im Zimmer zwischen ihnen herrschte, unheimlich und beängstigend.

meiner Mutter auszusprechen. Sie sah es ihm beim ersten Blicke an, daß etwas Besonderes und Unheilvolles sich begeben haben müßte, sie fragte auch gleich, was vorgegangen, was in Bezug auf Caroline gesprochen worden sei, indeß sie bekam keine Antwort. Er werde es ihr später sagen, bedeutete der Vater. Das hatte die Mutter noch nicht erlebt, und ihre schweigende Sorge machte sie still und niedergeschlagen.

Der Vater bemerkte es und deutete es auf seine Weise. Sie wird ahnen, dachte er, was die Mutter mir gesagt hat, ihr Gewissen ist erwacht. Sie liebt den Andern! Sie hat mich also nie geliebt! — Wenn solch ein Gedanke einem vertrauenden Manne nach siebzehn Jahren seiner Ehe kommt, so ist das etwas Anderes, als wenn ein Jüngling Eifersucht empfindet. Es ist ein Erdbeben mit all seiner schrecklichen Zerstörung, denn der Boden wankt, auf dem man das eigene Leben und das Dasein der Familie aufgerichtet hatte.

Am Abende, als wir Alle schon zur Ruhe gegangen waren, saßen die Eltern noch allein beisammen. Die Mutter pflegte in den späten Stunden oft ein gutes Buch zur Hand zu nehmen, der Vater las dann seine Zeitung, und was sie zu berathen hatten, wurde meist in der Zeit zwischen ihnen abgemacht. Auch jetzt saßen sie neben einander, aber obschon sie Beide lasen, war ihnen die Stille, die im Zimmer zwischen ihnen herrschte, unheimlich und beängstigend.

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[0042] meiner Mutter auszusprechen. Sie sah es ihm beim ersten Blicke an, daß etwas Besonderes und Unheilvolles sich begeben haben müßte, sie fragte auch gleich, was vorgegangen, was in Bezug auf Caroline gesprochen worden sei, indeß sie bekam keine Antwort. Er werde es ihr später sagen, bedeutete der Vater. Das hatte die Mutter noch nicht erlebt, und ihre schweigende Sorge machte sie still und niedergeschlagen. Der Vater bemerkte es und deutete es auf seine Weise. Sie wird ahnen, dachte er, was die Mutter mir gesagt hat, ihr Gewissen ist erwacht. Sie liebt den Andern! Sie hat mich also nie geliebt! — Wenn solch ein Gedanke einem vertrauenden Manne nach siebzehn Jahren seiner Ehe kommt, so ist das etwas Anderes, als wenn ein Jüngling Eifersucht empfindet. Es ist ein Erdbeben mit all seiner schrecklichen Zerstörung, denn der Boden wankt, auf dem man das eigene Leben und das Dasein der Familie aufgerichtet hatte. Am Abende, als wir Alle schon zur Ruhe gegangen waren, saßen die Eltern noch allein beisammen. Die Mutter pflegte in den späten Stunden oft ein gutes Buch zur Hand zu nehmen, der Vater las dann seine Zeitung, und was sie zu berathen hatten, wurde meist in der Zeit zwischen ihnen abgemacht. Auch jetzt saßen sie neben einander, aber obschon sie Beide lasen, war ihnen die Stille, die im Zimmer zwischen ihnen herrschte, unheimlich und beängstigend.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:16:08Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:16:08Z)

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/42>, abgerufen am 28.11.2024.