eine Ehe zu schließen, in der vollkommene Gleichheit der Verhältnisse die erste Bedingung zum Glücke ist?"
Hätte Steinheim absichtlich eine Aeußerung machen wollen, die für alle Anwesende gleich verletzend wäre, er hätte keine bessere finden können. Seine Frau und Frau von Meining waren Beide wol um zwanzig Jahre jünger als ihre Männer und welch unangenehmen Ein- druck Jenny und Walter durch die Behauptung empfingen, bedarf keiner Erwähnung. Stein- heim fühlte aber davon nichts, da er die Ver- hältnisse der einzelnen Personen nicht kannte und fuhr, immer nur mit sich beschäftigt, fort: "Es hat eine Zeit gegeben, in der ich auch an ein Verschmelzen der Stände, wo möglich gar an eine gleichmäßige Vertheilung der Güter dachte und, von Eduard's Ueberspanntheit ange- steckt, nur von Reformen und Weltverbesserungen träumte. Der Traum war kindisch, aber gött-
eine Ehe zu ſchließen, in der vollkommene Gleichheit der Verhältniſſe die erſte Bedingung zum Glücke iſt?“
Hätte Steinheim abſichtlich eine Aeußerung machen wollen, die für alle Anweſende gleich verletzend wäre, er hätte keine beſſere finden können. Seine Frau und Frau von Meining waren Beide wol um zwanzig Jahre jünger als ihre Männer und welch unangenehmen Ein- druck Jenny und Walter durch die Behauptung empfingen, bedarf keiner Erwähnung. Stein- heim fühlte aber davon nichts, da er die Ver- hältniſſe der einzelnen Perſonen nicht kannte und fuhr, immer nur mit ſich beſchäftigt, fort: „Es hat eine Zeit gegeben, in der ich auch an ein Verſchmelzen der Stände, wo möglich gar an eine gleichmäßige Vertheilung der Güter dachte und, von Eduard's Ueberſpanntheit ange- ſteckt, nur von Reformen und Weltverbeſſerungen träumte. Der Traum war kindiſch, aber gött-
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eine Ehe zu ſchließen, in der vollkommene
Gleichheit der Verhältniſſe die erſte Bedingung
zum Glücke iſt?“
Hätte Steinheim abſichtlich eine Aeußerung
machen wollen, die für alle Anweſende gleich
verletzend wäre, er hätte keine beſſere finden
können. Seine Frau und Frau von Meining
waren Beide wol um zwanzig Jahre jünger
als ihre Männer und welch unangenehmen Ein-
druck Jenny und Walter durch die Behauptung
empfingen, bedarf keiner Erwähnung. Stein-
heim fühlte aber davon nichts, da er die Ver-
hältniſſe der einzelnen Perſonen nicht kannte
und fuhr, immer nur mit ſich beſchäftigt, fort:
„Es hat eine Zeit gegeben, in der ich auch an
ein Verſchmelzen der Stände, wo möglich gar
an eine gleichmäßige Vertheilung der Güter
dachte und, von Eduard's Ueberſpanntheit ange-
ſteckt, nur von Reformen und Weltverbeſſerungen
träumte. Der Traum war kindiſch, aber gött-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/254>, abgerufen am 27.11.2024.
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