willkommen. Sie konnte den rechten Ton für die Unterhaltung nicht finden, wurde zerstreut, dann verdrießlich, daß sie sich so wenig zu be- herrschen wisse, und entfernte sich unter dem Vorwande, Frau von Meining ihren Besuch zugesagt zu haben.
Walter, dem Jenny's befangenes Wesen, ihre Zurückhaltung nicht entgangen war, glaubte sie durch sein leidenschaftliches Betragen verletzt und benutzte ihre Abwesenheit dazu, ihrem Va- ter seine Bitte um Jenny's Hand auszusprechen, um sich dann auch gegen sie zu erklären und in seiner Liebe eine Entschuldigung für den Un- gestüm zu finden, mit dem er sie gestern erschreckt hatte.
So oft Herr Meier auch in gleicher Lage gewesen war, so sehr überraschte ihn Walter's Antrag. Er fragte, ob der Graf die Liebe sei- ner Tochter besitze?
"Ich glaube mit Zuversicht, daß mir ihre
willkommen. Sie konnte den rechten Ton für die Unterhaltung nicht finden, wurde zerſtreut, dann verdrießlich, daß ſie ſich ſo wenig zu be- herrſchen wiſſe, und entfernte ſich unter dem Vorwande, Frau von Meining ihren Beſuch zugeſagt zu haben.
Walter, dem Jenny's befangenes Weſen, ihre Zurückhaltung nicht entgangen war, glaubte ſie durch ſein leidenſchaftliches Betragen verletzt und benutzte ihre Abweſenheit dazu, ihrem Va- ter ſeine Bitte um Jenny's Hand auszuſprechen, um ſich dann auch gegen ſie zu erklären und in ſeiner Liebe eine Entſchuldigung für den Un- geſtüm zu finden, mit dem er ſie geſtern erſchreckt hatte.
So oft Herr Meier auch in gleicher Lage geweſen war, ſo ſehr überraſchte ihn Walter's Antrag. Er fragte, ob der Graf die Liebe ſei- ner Tochter beſitze?
„Ich glaube mit Zuverſicht, daß mir ihre
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willkommen. Sie konnte den rechten Ton für
die Unterhaltung nicht finden, wurde zerſtreut,
dann verdrießlich, daß ſie ſich ſo wenig zu be-
herrſchen wiſſe, und entfernte ſich unter dem
Vorwande, Frau von Meining ihren Beſuch
zugeſagt zu haben.
Walter, dem Jenny's befangenes Weſen,
ihre Zurückhaltung nicht entgangen war, glaubte
ſie durch ſein leidenſchaftliches Betragen verletzt
und benutzte ihre Abweſenheit dazu, ihrem Va-
ter ſeine Bitte um Jenny's Hand auszuſprechen,
um ſich dann auch gegen ſie zu erklären und
in ſeiner Liebe eine Entſchuldigung für den Un-
geſtüm zu finden, mit dem er ſie geſtern erſchreckt
hatte.
So oft Herr Meier auch in gleicher Lage
geweſen war, ſo ſehr überraſchte ihn Walter's
Antrag. Er fragte, ob der Graf die Liebe ſei-
ner Tochter beſitze?
„Ich glaube mit Zuverſicht, daß mir ihre
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/225>, abgerufen am 25.11.2024.
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