Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

sich so geborgen unter dem Schutze dieses Man-
nes, so zufrieden in dem Gedanken an die Er-
leichterung, die sie ihrer Freundin verschafft
hatte, daß sie sich willig jener weichen Ruhe
überließ, zu der die schöne Sommernacht ver-
führerisch einlud. Allmälig aber wurde ihr
Walter's Schweigen peinlich. Es war, als ob
seine Stimmung sich ihr mittheilte, sie fühlte
sich beklommen, geängstigt, und um nur eine
Veränderung in diese Situation zu bringen,
sagte sie: "Es war so schwül in den Zimmern
der Frau von Meining, daß ich dringend die
Nothwendigkeit fühlte, mich abzukühlen und
deshalb mit unserm alten Diener den Fußweg
einschlug. Die Nacht ist wunderschön."

"O, unaussprechlich schön!"wiederholte Wal-
ter und die frühere Stille trat wieder ein.
Jenny's Unruhe stieg dadurch von Minute zu
Minute. Sie bildete sich endlich ein, um ihre
Unruhe zu motiviren, ihrem Vater sei irgend ein

ſich ſo geborgen unter dem Schutze dieſes Man-
nes, ſo zufrieden in dem Gedanken an die Er-
leichterung, die ſie ihrer Freundin verſchafft
hatte, daß ſie ſich willig jener weichen Ruhe
überließ, zu der die ſchöne Sommernacht ver-
führeriſch einlud. Allmälig aber wurde ihr
Walter's Schweigen peinlich. Es war, als ob
ſeine Stimmung ſich ihr mittheilte, ſie fühlte
ſich beklommen, geängſtigt, und um nur eine
Veränderung in dieſe Situation zu bringen,
ſagte ſie: „Es war ſo ſchwül in den Zimmern
der Frau von Meining, daß ich dringend die
Nothwendigkeit fühlte, mich abzukühlen und
deshalb mit unſerm alten Diener den Fußweg
einſchlug. Die Nacht iſt wunderſchön.“

„O, unausſprechlich ſchön!“wiederholte Wal-
ter und die frühere Stille trat wieder ein.
Jenny's Unruhe ſtieg dadurch von Minute zu
Minute. Sie bildete ſich endlich ein, um ihre
Unruhe zu motiviren, ihrem Vater ſei irgend ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0212" n="202"/>
&#x017F;ich &#x017F;o geborgen unter dem Schutze die&#x017F;es Man-<lb/>
nes, &#x017F;o zufrieden in dem Gedanken an die Er-<lb/>
leichterung, die &#x017F;ie ihrer Freundin ver&#x017F;chafft<lb/>
hatte, daß &#x017F;ie &#x017F;ich willig jener weichen Ruhe<lb/>
überließ, zu der die &#x017F;chöne Sommernacht ver-<lb/>
führeri&#x017F;ch einlud. Allmälig aber wurde ihr<lb/>
Walter's Schweigen peinlich. Es war, als ob<lb/>
&#x017F;eine Stimmung &#x017F;ich ihr mittheilte, &#x017F;ie fühlte<lb/>
&#x017F;ich beklommen, geäng&#x017F;tigt, und um nur eine<lb/>
Veränderung in die&#x017F;e Situation zu bringen,<lb/>
&#x017F;agte &#x017F;ie: &#x201E;Es war &#x017F;o &#x017F;chwül in den Zimmern<lb/>
der Frau von Meining, daß ich dringend die<lb/>
Nothwendigkeit fühlte, mich abzukühlen und<lb/>
deshalb mit un&#x017F;erm alten Diener den Fußweg<lb/>
ein&#x017F;chlug. Die Nacht i&#x017F;t wunder&#x017F;chön.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;O, unaus&#x017F;prechlich &#x017F;chön!&#x201C;wiederholte Wal-<lb/>
ter und die frühere Stille trat wieder ein.<lb/>
Jenny's Unruhe &#x017F;tieg dadurch von Minute zu<lb/>
Minute. Sie bildete &#x017F;ich endlich ein, um ihre<lb/>
Unruhe zu motiviren, ihrem Vater &#x017F;ei irgend ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0212] ſich ſo geborgen unter dem Schutze dieſes Man- nes, ſo zufrieden in dem Gedanken an die Er- leichterung, die ſie ihrer Freundin verſchafft hatte, daß ſie ſich willig jener weichen Ruhe überließ, zu der die ſchöne Sommernacht ver- führeriſch einlud. Allmälig aber wurde ihr Walter's Schweigen peinlich. Es war, als ob ſeine Stimmung ſich ihr mittheilte, ſie fühlte ſich beklommen, geängſtigt, und um nur eine Veränderung in dieſe Situation zu bringen, ſagte ſie: „Es war ſo ſchwül in den Zimmern der Frau von Meining, daß ich dringend die Nothwendigkeit fühlte, mich abzukühlen und deshalb mit unſerm alten Diener den Fußweg einſchlug. Die Nacht iſt wunderſchön.“ „O, unausſprechlich ſchön!“wiederholte Wal- ter und die frühere Stille trat wieder ein. Jenny's Unruhe ſtieg dadurch von Minute zu Minute. Sie bildete ſich endlich ein, um ihre Unruhe zu motiviren, ihrem Vater ſei irgend ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/212
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/212>, abgerufen am 24.11.2024.