am Tage vorher in der Nähe des kleinen Wasserfalls entworfen hatte.
"Ich kann es nicht ausdrücken", sagte Jenny, "wie ich diese schönen, großen Bäume liebe. Sie geben mir immer ein Bild unsers Lebens, das fest in der Erde gewurzelt, doch sehnsüchtig himmelan strebt, und in dem Spiel der sonnenbeschienenen Blätter liegt außerdem für mich ein hoher Genuß. Die schönsten Träume meiner Kindheit, die rosigsten Mär- chen gaukeln an mir vorüber und alle Wun- der der Feenwelt scheinen mir möglich, wenn ich das flüsternde Kosen der Blätter höre."
"Das ist eine ächt deutsche Empfindung", bemerkte Walter, "die ich vollkommen begreife und mit Ihnen theile. Ich bin so glücklich, in meinem Park die herrlichsten Eichen zu besitzen und weiß meinen Voreltern Dank, die mir jene Bäume gepflanzt. Auch für mich sind sie eine Quelle immer neuen Genusses, wie die ganze
am Tage vorher in der Nähe des kleinen Waſſerfalls entworfen hatte.
„Ich kann es nicht ausdrücken“, ſagte Jenny, „wie ich dieſe ſchönen, großen Bäume liebe. Sie geben mir immer ein Bild unſers Lebens, das feſt in der Erde gewurzelt, doch ſehnſüchtig himmelan ſtrebt, und in dem Spiel der ſonnenbeſchienenen Blätter liegt außerdem für mich ein hoher Genuß. Die ſchönſten Träume meiner Kindheit, die roſigſten Mär- chen gaukeln an mir vorüber und alle Wun- der der Feenwelt ſcheinen mir möglich, wenn ich das flüſternde Koſen der Blätter höre.“
„Das iſt eine ächt deutſche Empfindung“, bemerkte Walter, „die ich vollkommen begreife und mit Ihnen theile. Ich bin ſo glücklich, in meinem Park die herrlichſten Eichen zu beſitzen und weiß meinen Voreltern Dank, die mir jene Bäume gepflanzt. Auch für mich ſind ſie eine Quelle immer neuen Genuſſes, wie die ganze
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am Tage vorher in der Nähe des kleinen
Waſſerfalls entworfen hatte.
„Ich kann es nicht ausdrücken“, ſagte
Jenny, „wie ich dieſe ſchönen, großen Bäume
liebe. Sie geben mir immer ein Bild unſers
Lebens, das feſt in der Erde gewurzelt, doch
ſehnſüchtig himmelan ſtrebt, und in dem Spiel
der ſonnenbeſchienenen Blätter liegt außerdem
für mich ein hoher Genuß. Die ſchönſten
Träume meiner Kindheit, die roſigſten Mär-
chen gaukeln an mir vorüber und alle Wun-
der der Feenwelt ſcheinen mir möglich, wenn
ich das flüſternde Koſen der Blätter höre.“
„Das iſt eine ächt deutſche Empfindung“,
bemerkte Walter, „die ich vollkommen begreife
und mit Ihnen theile. Ich bin ſo glücklich, in
meinem Park die herrlichſten Eichen zu beſitzen
und weiß meinen Voreltern Dank, die mir jene
Bäume gepflanzt. Auch für mich ſind ſie eine
Quelle immer neuen Genuſſes, wie die ganze
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/178>, abgerufen am 25.11.2024.
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