Fähigkeit und die hohe Uneigennützigkeit seines Charakters; denn die Hoffnung, nach erlangter Emancipation, für sich selbst Würden und Eh- renstellen zu erwerben, hatte ebenso wenig Einfluß auf ihn, als die Furcht vor jenen Verantwortungen, denen sein kühnes Wort und seine freisinnigen Schriften ihn bereits häufig unterworfen hatten. Ihm genügte sein Bewußtsein und die achtende Anerkennung sei- ner Mitstrebenden. -- Noch immer lebte er in seinem väterlichen Hause. Sei es, daß seine Thätigkeit ihn so ganz absorbirte und ihn sein Alleinstehen nicht fühlen ließ, oder daß er kein Mädchen gefunden hatte, das seine Neigung erregte, er war bis jetzt unverheirathet ge- blieben.
Den Eltern Clara's, welche sie scheidend seiner Sorgfalt empfohlen, war er ein treuer und geschätzter Freund geworden. Ihm, das wußten sie jetzt, verdankten sie das Glück ihrer
Fähigkeit und die hohe Uneigennützigkeit ſeines Charakters; denn die Hoffnung, nach erlangter Emancipation, für ſich ſelbſt Würden und Eh- renſtellen zu erwerben, hatte ebenſo wenig Einfluß auf ihn, als die Furcht vor jenen Verantwortungen, denen ſein kühnes Wort und ſeine freiſinnigen Schriften ihn bereits häufig unterworfen hatten. Ihm genügte ſein Bewußtſein und die achtende Anerkennung ſei- ner Mitſtrebenden. — Noch immer lebte er in ſeinem väterlichen Hauſe. Sei es, daß ſeine Thätigkeit ihn ſo ganz abſorbirte und ihn ſein Alleinſtehen nicht fühlen ließ, oder daß er kein Mädchen gefunden hatte, das ſeine Neigung erregte, er war bis jetzt unverheirathet ge- blieben.
Den Eltern Clara's, welche ſie ſcheidend ſeiner Sorgfalt empfohlen, war er ein treuer und geſchätzter Freund geworden. Ihm, das wußten ſie jetzt, verdankten ſie das Glück ihrer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0168"n="158"/>
Fähigkeit und die hohe Uneigennützigkeit ſeines<lb/>
Charakters; denn die Hoffnung, nach erlangter<lb/>
Emancipation, für ſich ſelbſt Würden und Eh-<lb/>
renſtellen zu erwerben, hatte ebenſo wenig<lb/>
Einfluß auf ihn, als die Furcht vor jenen<lb/>
Verantwortungen, denen ſein kühnes Wort<lb/>
und ſeine freiſinnigen Schriften ihn bereits<lb/>
häufig unterworfen hatten. Ihm genügte ſein<lb/>
Bewußtſein und die achtende Anerkennung ſei-<lb/>
ner Mitſtrebenden. — Noch immer lebte er in<lb/>ſeinem väterlichen Hauſe. Sei es, daß ſeine<lb/>
Thätigkeit ihn ſo ganz abſorbirte und ihn ſein<lb/>
Alleinſtehen nicht fühlen ließ, oder daß er kein<lb/>
Mädchen gefunden hatte, das ſeine Neigung<lb/>
erregte, er war bis jetzt unverheirathet ge-<lb/>
blieben.</p><lb/><p>Den Eltern Clara's, welche ſie ſcheidend<lb/>ſeiner Sorgfalt empfohlen, war er ein treuer<lb/>
und geſchätzter Freund geworden. Ihm, das<lb/>
wußten ſie jetzt, verdankten ſie das Glück ihrer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[158/0168]
Fähigkeit und die hohe Uneigennützigkeit ſeines
Charakters; denn die Hoffnung, nach erlangter
Emancipation, für ſich ſelbſt Würden und Eh-
renſtellen zu erwerben, hatte ebenſo wenig
Einfluß auf ihn, als die Furcht vor jenen
Verantwortungen, denen ſein kühnes Wort
und ſeine freiſinnigen Schriften ihn bereits
häufig unterworfen hatten. Ihm genügte ſein
Bewußtſein und die achtende Anerkennung ſei-
ner Mitſtrebenden. — Noch immer lebte er in
ſeinem väterlichen Hauſe. Sei es, daß ſeine
Thätigkeit ihn ſo ganz abſorbirte und ihn ſein
Alleinſtehen nicht fühlen ließ, oder daß er kein
Mädchen gefunden hatte, das ſeine Neigung
erregte, er war bis jetzt unverheirathet ge-
blieben.
Den Eltern Clara's, welche ſie ſcheidend
ſeiner Sorgfalt empfohlen, war er ein treuer
und geſchätzter Freund geworden. Ihm, das
wußten ſie jetzt, verdankten ſie das Glück ihrer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/168>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.