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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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laubniß gegeben haben, morgen die Verlobung
feiern zu dürfen."

"Eduard!" rief William. Doch ehe er
noch ein Wort hinzufügen konnte, sprang Eduard
auf und wollte Clara zu Hülfe eilen, die tod-
tenbleich der Thüre zuwankte. Plötzlich blieb
er stehen und sagte rasch, aber mit einer Selbst-
beherrschung, die Jeden täuschen mußte, der die
Verhältnisse nicht kannte: "Ihre Braut ist un-
wohl, William, begleiten Sie sie."

In demselben Augenblick war William an
Clara's Seite, ihre letzte Kraft verließ sie, sie
sank halb ohnmächtig in die Arme ihres Bräu-
tigams und an seine Brust; in Eduard's und
in ihrer Mutter Gegenwart weinte sie heiße
Thränen über ihr schweres Loos.

Noch am Abende fuhr Eduard nach Berg-
hoff. "Clara Horn ist Braut mit William",
sagte er, nachdem er sich mit den Seinen be-
grüßt hatte.

laubniß gegeben haben, morgen die Verlobung
feiern zu dürfen.“

„Eduard!“ rief William. Doch ehe er
noch ein Wort hinzufügen konnte, ſprang Eduard
auf und wollte Clara zu Hülfe eilen, die tod-
tenbleich der Thüre zuwankte. Plötzlich blieb
er ſtehen und ſagte raſch, aber mit einer Selbſt-
beherrſchung, die Jeden täuſchen mußte, der die
Verhältniſſe nicht kannte: „Ihre Braut iſt un-
wohl, William, begleiten Sie ſie.“

In demſelben Augenblick war William an
Clara's Seite, ihre letzte Kraft verließ ſie, ſie
ſank halb ohnmächtig in die Arme ihres Bräu-
tigams und an ſeine Bruſt; in Eduard's und
in ihrer Mutter Gegenwart weinte ſie heiße
Thränen über ihr ſchweres Loos.

Noch am Abende fuhr Eduard nach Berg-
hoff. „Clara Horn iſt Braut mit William“,
ſagte er, nachdem er ſich mit den Seinen be-
grüßt hatte.

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[104/0114] laubniß gegeben haben, morgen die Verlobung feiern zu dürfen.“ „Eduard!“ rief William. Doch ehe er noch ein Wort hinzufügen konnte, ſprang Eduard auf und wollte Clara zu Hülfe eilen, die tod- tenbleich der Thüre zuwankte. Plötzlich blieb er ſtehen und ſagte raſch, aber mit einer Selbſt- beherrſchung, die Jeden täuſchen mußte, der die Verhältniſſe nicht kannte: „Ihre Braut iſt un- wohl, William, begleiten Sie ſie.“ In demſelben Augenblick war William an Clara's Seite, ihre letzte Kraft verließ ſie, ſie ſank halb ohnmächtig in die Arme ihres Bräu- tigams und an ſeine Bruſt; in Eduard's und in ihrer Mutter Gegenwart weinte ſie heiße Thränen über ihr ſchweres Loos. Noch am Abende fuhr Eduard nach Berg- hoff. „Clara Horn iſt Braut mit William“, ſagte er, nachdem er ſich mit den Seinen be- grüßt hatte.

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/114>, abgerufen am 24.11.2024.