Während dieser Rede war sie immer hefti- ger geworden und brach zuletzt in krampfhaftes Weinen aus, das sie zu erleichtern schien, sodaß sie bald darauf fortfuhr. "Auf Dich allein ist nun meine Zukunft angewiesen. Deine Söhne sollen die Erben dieses Hauses werden und Wil- liam hat mir versprechen müssen, daß sie un- sern Namen neben dem Euren führen sollen. Morgen muß der Ehecontrakt aufgenommen werden und sehr bald Eure Hochzeit sein. Ich würde nicht Ruhe haben, ehe ich die einzige Angelegenheit beendet, die mir auf Erden noch Freude machen kann, und daß Du mir diese letzte Freude machst, das wird Dir Segen brin- gen. Gott gebe, Du würdest eine glücklichere Mutter, als ich."
Ganz erschöpft fiel sie in die Kissen des Sophas zurück und sprachlos stand Clara an ihrer Seite, bemüht, sie durch den Geruch stärkender Essenzen zu beleben. Sie hatte sich vorgenom-
Während dieſer Rede war ſie immer hefti- ger geworden und brach zuletzt in krampfhaftes Weinen aus, das ſie zu erleichtern ſchien, ſodaß ſie bald darauf fortfuhr. „Auf Dich allein iſt nun meine Zukunft angewieſen. Deine Söhne ſollen die Erben dieſes Hauſes werden und Wil- liam hat mir verſprechen müſſen, daß ſie un- ſern Namen neben dem Euren führen ſollen. Morgen muß der Ehecontrakt aufgenommen werden und ſehr bald Eure Hochzeit ſein. Ich würde nicht Ruhe haben, ehe ich die einzige Angelegenheit beendet, die mir auf Erden noch Freude machen kann, und daß Du mir dieſe letzte Freude machſt, das wird Dir Segen brin- gen. Gott gebe, Du würdeſt eine glücklichere Mutter, als ich.“
Ganz erſchöpft fiel ſie in die Kiſſen des Sophas zurück und ſprachlos ſtand Clara an ihrer Seite, bemüht, ſie durch den Geruch ſtärkender Eſſenzen zu beleben. Sie hatte ſich vorgenom-
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Während dieſer Rede war ſie immer hefti-
ger geworden und brach zuletzt in krampfhaftes
Weinen aus, das ſie zu erleichtern ſchien, ſodaß
ſie bald darauf fortfuhr. „Auf Dich allein iſt
nun meine Zukunft angewieſen. Deine Söhne
ſollen die Erben dieſes Hauſes werden und Wil-
liam hat mir verſprechen müſſen, daß ſie un-
ſern Namen neben dem Euren führen ſollen.
Morgen muß der Ehecontrakt aufgenommen
werden und ſehr bald Eure Hochzeit ſein. Ich
würde nicht Ruhe haben, ehe ich die einzige
Angelegenheit beendet, die mir auf Erden noch
Freude machen kann, und daß Du mir dieſe
letzte Freude machſt, das wird Dir Segen brin-
gen. Gott gebe, Du würdeſt eine glücklichere
Mutter, als ich.“
Ganz erſchöpft fiel ſie in die Kiſſen des
Sophas zurück und ſprachlos ſtand Clara an
ihrer Seite, bemüht, ſie durch den Geruch ſtärkender
Eſſenzen zu beleben. Sie hatte ſich vorgenom-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/110>, abgerufen am 23.11.2024.
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