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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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Mutter zur Sprache kommen mußte, und auch
diese blieb nicht aus.

Eines Morgens ließ die Commerzienräthin
Clara früher als gewöhnlich rufen. Sie hatte
ihre Krankenstube verlassen und saß in einer
gewissen feierlichen Toilette auf einem Sopha.
Freundlich reichte sie der Tochter die Hand, nöthigte
sie, sich zu ihr zu setzen, und sagte, nachdem
sie einen Augenblick über den Anfang der Un-
terhaltung nachgedacht hatte: "Mein Kind, es
ist zwischen uns nicht immer so gewesen, wie
es sein sollte; ich habe Dich verkannt, Deine
Sanftmuth für Schwäche gehalten und Dir
auch sonst in meinem Herzen Unrecht gethan,
weil ich alle Plane für das Ansehen unsers
Hauses nur auf Ferdinand basirte. Er hat
meine Hoffnungen betrogen -- ich habe keinen
Sohn mehr."

Ein nervöses Zittern fuhr trotz der Mühe,
mit der sie es verbergen wollte, sichtbar durch

Mutter zur Sprache kommen mußte, und auch
dieſe blieb nicht aus.

Eines Morgens ließ die Commerzienräthin
Clara früher als gewöhnlich rufen. Sie hatte
ihre Krankenſtube verlaſſen und ſaß in einer
gewiſſen feierlichen Toilette auf einem Sopha.
Freundlich reichte ſie der Tochter die Hand, nöthigte
ſie, ſich zu ihr zu ſetzen, und ſagte, nachdem
ſie einen Augenblick über den Anfang der Un-
terhaltung nachgedacht hatte: „Mein Kind, es
iſt zwiſchen uns nicht immer ſo geweſen, wie
es ſein ſollte; ich habe Dich verkannt, Deine
Sanftmuth für Schwäche gehalten und Dir
auch ſonſt in meinem Herzen Unrecht gethan,
weil ich alle Plane für das Anſehen unſers
Hauſes nur auf Ferdinand baſirte. Er hat
meine Hoffnungen betrogen — ich habe keinen
Sohn mehr.“

Ein nervöſes Zittern fuhr trotz der Mühe,
mit der ſie es verbergen wollte, ſichtbar durch

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[98/0108] Mutter zur Sprache kommen mußte, und auch dieſe blieb nicht aus. Eines Morgens ließ die Commerzienräthin Clara früher als gewöhnlich rufen. Sie hatte ihre Krankenſtube verlaſſen und ſaß in einer gewiſſen feierlichen Toilette auf einem Sopha. Freundlich reichte ſie der Tochter die Hand, nöthigte ſie, ſich zu ihr zu ſetzen, und ſagte, nachdem ſie einen Augenblick über den Anfang der Un- terhaltung nachgedacht hatte: „Mein Kind, es iſt zwiſchen uns nicht immer ſo geweſen, wie es ſein ſollte; ich habe Dich verkannt, Deine Sanftmuth für Schwäche gehalten und Dir auch ſonſt in meinem Herzen Unrecht gethan, weil ich alle Plane für das Anſehen unſers Hauſes nur auf Ferdinand baſirte. Er hat meine Hoffnungen betrogen — ich habe keinen Sohn mehr.“ Ein nervöſes Zittern fuhr trotz der Mühe, mit der ſie es verbergen wollte, ſichtbar durch

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/108>, abgerufen am 23.11.2024.