Besitz einer größern Summe gekommen sei, welche ihm diese Reise möglich macht. Die Commerzienräthin war in der tödtlichsten Un- ruhe, sie entschloß sich, ihrem Manne das Ge- heimniß zu enthüllen, und die unangenehme Scene, welche die Heftigkeit beider Theile her- vorrief, warf die Mutter aufs Neue nieder. Da langte endlich ein Brief von Ferdinand an, aber er war nicht an die Eltern, sondern an William gerichtet und lautete wie folgt:
"Du hast Dich der Mühe unterzogen, ohne daß ich darum bat, meiner Mutter eine Mit- theilung zu machen, die ich noch geheim zu hal- ten wünschte. Es scheint, daß dergleichen Com- missionen Dir Vergnügen machen, und Du wirst es deshalb entschuldigen, wenn ich Dich ersuche, jetzt meine Eltern davon zu unterrich- ten, daß ich mich in der vorigen Woche verhei- rathet habe und mit meiner Frau nach Paris gegangen bin. Ich werde dort bleiben, so lange
Beſitz einer größern Summe gekommen ſei, welche ihm dieſe Reiſe möglich macht. Die Commerzienräthin war in der tödtlichſten Un- ruhe, ſie entſchloß ſich, ihrem Manne das Ge- heimniß zu enthüllen, und die unangenehme Scene, welche die Heftigkeit beider Theile her- vorrief, warf die Mutter aufs Neue nieder. Da langte endlich ein Brief von Ferdinand an, aber er war nicht an die Eltern, ſondern an William gerichtet und lautete wie folgt:
„Du haſt Dich der Mühe unterzogen, ohne daß ich darum bat, meiner Mutter eine Mit- theilung zu machen, die ich noch geheim zu hal- ten wünſchte. Es ſcheint, daß dergleichen Com- miſſionen Dir Vergnügen machen, und Du wirſt es deshalb entſchuldigen, wenn ich Dich erſuche, jetzt meine Eltern davon zu unterrich- ten, daß ich mich in der vorigen Woche verhei- rathet habe und mit meiner Frau nach Paris gegangen bin. Ich werde dort bleiben, ſo lange
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0102"n="92"/>
Beſitz einer größern Summe gekommen ſei,<lb/>
welche ihm dieſe Reiſe möglich macht. Die<lb/>
Commerzienräthin war in der tödtlichſten Un-<lb/>
ruhe, ſie entſchloß ſich, ihrem Manne das Ge-<lb/>
heimniß zu enthüllen, und die unangenehme<lb/>
Scene, welche die Heftigkeit beider Theile her-<lb/>
vorrief, warf die Mutter aufs Neue nieder.<lb/>
Da langte endlich ein Brief von Ferdinand an,<lb/>
aber er war nicht an die Eltern, ſondern an<lb/>
William gerichtet und lautete wie folgt:</p><lb/><p>„Du haſt Dich der Mühe unterzogen, ohne<lb/>
daß ich darum bat, meiner Mutter eine Mit-<lb/>
theilung zu machen, die ich noch geheim zu hal-<lb/>
ten wünſchte. Es ſcheint, daß dergleichen Com-<lb/>
miſſionen Dir Vergnügen machen, und Du<lb/>
wirſt es deshalb entſchuldigen, wenn ich Dich<lb/>
erſuche, jetzt meine Eltern davon zu unterrich-<lb/>
ten, daß ich mich in der vorigen Woche verhei-<lb/>
rathet habe und mit meiner Frau nach Paris<lb/>
gegangen bin. Ich werde dort bleiben, ſo lange<lb/></p></div></body></text></TEI>
[92/0102]
Beſitz einer größern Summe gekommen ſei,
welche ihm dieſe Reiſe möglich macht. Die
Commerzienräthin war in der tödtlichſten Un-
ruhe, ſie entſchloß ſich, ihrem Manne das Ge-
heimniß zu enthüllen, und die unangenehme
Scene, welche die Heftigkeit beider Theile her-
vorrief, warf die Mutter aufs Neue nieder.
Da langte endlich ein Brief von Ferdinand an,
aber er war nicht an die Eltern, ſondern an
William gerichtet und lautete wie folgt:
„Du haſt Dich der Mühe unterzogen, ohne
daß ich darum bat, meiner Mutter eine Mit-
theilung zu machen, die ich noch geheim zu hal-
ten wünſchte. Es ſcheint, daß dergleichen Com-
miſſionen Dir Vergnügen machen, und Du
wirſt es deshalb entſchuldigen, wenn ich Dich
erſuche, jetzt meine Eltern davon zu unterrich-
ten, daß ich mich in der vorigen Woche verhei-
rathet habe und mit meiner Frau nach Paris
gegangen bin. Ich werde dort bleiben, ſo lange
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/102>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.