als ob Musik und Dichtung so nahe zu ein- ander gehören, daß man kaum sagen darf, die Dichtung könne der Musik, oder diese der Dich- tung entbehren. So vollkommen jede Kunst für sich allein zu bestehen und zu entzücken vermag, so gibt es doch gar viele Fälle, in de- nen erst beide zusammen sich ergänzend, zu dem vollendeten Ganzen werden, das uns be- geistert." --
"Ich will doch lieber den Tasso ohne Musik hören, als den Figaro ohne Worte", lachte Joseph.
"Was das nur wieder für ein Streit ist", sagte Eduard, der bis dahin mit seiner Mutter gesprochen und an der Unterhaltung nicht Theil genommen hatte. "Wie oft hast Du, Joseph, mit großem Vergnügen der Aufführung der Ouvertüre gerade des Figaro zwei -- dreimal hintereinander zugehört. Merken Sie es sich aber, lieber Hughes! daß meine Schwester und
als ob Muſik und Dichtung ſo nahe zu ein- ander gehören, daß man kaum ſagen darf, die Dichtung könne der Muſik, oder dieſe der Dich- tung entbehren. So vollkommen jede Kunſt für ſich allein zu beſtehen und zu entzücken vermag, ſo gibt es doch gar viele Fälle, in de- nen erſt beide zuſammen ſich ergänzend, zu dem vollendeten Ganzen werden, das uns be- geiſtert.“ —
„Ich will doch lieber den Taſſo ohne Muſik hören, als den Figaro ohne Worte“, lachte Joſeph.
„Was das nur wieder für ein Streit iſt“, ſagte Eduard, der bis dahin mit ſeiner Mutter geſprochen und an der Unterhaltung nicht Theil genommen hatte. „Wie oft haſt Du, Joſeph, mit großem Vergnügen der Aufführung der Ouvertüre gerade des Figaro zwei — dreimal hintereinander zugehört. Merken Sie es ſich aber, lieber Hughes! daß meine Schweſter und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0092"n="80"/>
als ob Muſik und Dichtung ſo nahe zu ein-<lb/>
ander gehören, daß man kaum ſagen darf, die<lb/>
Dichtung könne der Muſik, oder dieſe der Dich-<lb/>
tung entbehren. So vollkommen jede Kunſt<lb/>
für ſich allein zu beſtehen und zu entzücken<lb/>
vermag, ſo gibt es doch gar viele Fälle, in de-<lb/>
nen erſt beide zuſammen ſich ergänzend, zu<lb/>
dem vollendeten Ganzen werden, das uns be-<lb/>
geiſtert.“—</p><lb/><p>„Ich will doch lieber den Taſſo ohne Muſik<lb/>
hören, als den Figaro ohne Worte“, lachte<lb/>
Joſeph.</p><lb/><p>„Was das nur wieder für ein Streit iſt“,<lb/>ſagte Eduard, der bis dahin mit ſeiner Mutter<lb/>
geſprochen und an der Unterhaltung nicht Theil<lb/>
genommen hatte. „Wie oft haſt Du, Joſeph,<lb/>
mit großem Vergnügen der Aufführung der<lb/>
Ouvertüre gerade des Figaro zwei — dreimal<lb/>
hintereinander zugehört. Merken Sie es ſich<lb/>
aber, lieber Hughes! daß meine Schweſter und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[80/0092]
als ob Muſik und Dichtung ſo nahe zu ein-
ander gehören, daß man kaum ſagen darf, die
Dichtung könne der Muſik, oder dieſe der Dich-
tung entbehren. So vollkommen jede Kunſt
für ſich allein zu beſtehen und zu entzücken
vermag, ſo gibt es doch gar viele Fälle, in de-
nen erſt beide zuſammen ſich ergänzend, zu
dem vollendeten Ganzen werden, das uns be-
geiſtert.“ —
„Ich will doch lieber den Taſſo ohne Muſik
hören, als den Figaro ohne Worte“, lachte
Joſeph.
„Was das nur wieder für ein Streit iſt“,
ſagte Eduard, der bis dahin mit ſeiner Mutter
geſprochen und an der Unterhaltung nicht Theil
genommen hatte. „Wie oft haſt Du, Joſeph,
mit großem Vergnügen der Aufführung der
Ouvertüre gerade des Figaro zwei — dreimal
hintereinander zugehört. Merken Sie es ſich
aber, lieber Hughes! daß meine Schweſter und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/92>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.