liebe, habe ich keine Stunde ruhigen Glückes gekannt als in Deiner Nähe. Nur der Zauber Deiner Gegenwart konnte mich trösten, mich vergessen machen, daß ich Dich nicht besitzen würde. Ich fühlte in seligem Ahnen, wie Dein Herz sich zu mir neigte, und wollte Dich und mich vor jeder Hoffnung bewahren, indem ich Dir sagte, mit wie unauflöslichen Banden ich an mein Volk gekettet sei. Es ist nicht der Glaube, der mich an das Judenthum bindet: ich bin weder Jude noch Christ in dem Sinne der Menge -- ich bin ein Mensch, den Gott geschaffen, der seinem Schöpfer dafür dankt und der seine Mitgeschöpfe liebt. Aber meine Ehre fesselt mich an die Juden, die gleich mir in Unterdrückung seufzen. Was dem ver- bannten Polen sein Vaterland, das ist dem Juden die Gemeinde; nur der Verräther sagt sich von ihr los. Denkst Du jener Polenhel- den, die wir jüngst gesehen, und der Narben
liebe, habe ich keine Stunde ruhigen Glückes gekannt als in Deiner Nähe. Nur der Zauber Deiner Gegenwart konnte mich tröſten, mich vergeſſen machen, daß ich Dich nicht beſitzen würde. Ich fühlte in ſeligem Ahnen, wie Dein Herz ſich zu mir neigte, und wollte Dich und mich vor jeder Hoffnung bewahren, indem ich Dir ſagte, mit wie unauflöslichen Banden ich an mein Volk gekettet ſei. Es iſt nicht der Glaube, der mich an das Judenthum bindet: ich bin weder Jude noch Chriſt in dem Sinne der Menge — ich bin ein Menſch, den Gott geſchaffen, der ſeinem Schöpfer dafür dankt und der ſeine Mitgeſchöpfe liebt. Aber meine Ehre feſſelt mich an die Juden, die gleich mir in Unterdrückung ſeufzen. Was dem ver- bannten Polen ſein Vaterland, das iſt dem Juden die Gemeinde; nur der Verräther ſagt ſich von ihr los. Denkſt Du jener Polenhel- den, die wir jüngſt geſehen, und der Narben
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liebe, habe ich keine Stunde ruhigen Glückes
gekannt als in Deiner Nähe. Nur der Zauber
Deiner Gegenwart konnte mich tröſten, mich
vergeſſen machen, daß ich Dich nicht beſitzen
würde. Ich fühlte in ſeligem Ahnen, wie Dein
Herz ſich zu mir neigte, und wollte Dich und
mich vor jeder Hoffnung bewahren, indem ich
Dir ſagte, mit wie unauflöslichen Banden ich
an mein Volk gekettet ſei. Es iſt nicht der
Glaube, der mich an das Judenthum bindet:
ich bin weder Jude noch Chriſt in dem Sinne
der Menge — ich bin ein Menſch, den Gott
geſchaffen, der ſeinem Schöpfer dafür dankt
und der ſeine Mitgeſchöpfe liebt. Aber meine
Ehre feſſelt mich an die Juden, die gleich
mir in Unterdrückung ſeufzen. Was dem ver-
bannten Polen ſein Vaterland, das iſt dem
Juden die Gemeinde; nur der Verräther ſagt
ſich von ihr los. Denkſt Du jener Polenhel-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/374>, abgerufen am 28.11.2024.
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