Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

die Nacht seines Leidens gedrungen. Flüsternd
berührten Jenny's und Gustav's Stimmen sein
Ohr. Der milde Abend hatte sie ins Freie ge-
lockt und Eduard erblickte sie bald darauf in
den breiten Gängen des Gartens. Aber! trog
ihn sein Auge? noch eine dritte Gestalt ging
mit ihnen. Therese konnte das nicht sein; sie
war wenig größer, als Jenny, während diese
schlanke, hohe Figur Jenny bedeutend über-
ragte. Sie war es! Noch ahnete sie nichts
von dem Elend, das er empfunden, das der
nächste Tag auch ihr bringen mußte. Nur noch
dies Eine Mal wollte er sie glücklich sehen;
es schien ihm, als hätte sie im Vorübergehen,
trotz der Dunkelheit, nach seinen Fenstern ge-
blickt -- im nächsten Moment war er an ihrer
Seite --

"Wo kommst Du her, Nachtwandler?"
fragte Jenny scherzend. "Du hast mich furcht-

die Nacht ſeines Leidens gedrungen. Flüſternd
berührten Jenny's und Guſtav's Stimmen ſein
Ohr. Der milde Abend hatte ſie ins Freie ge-
lockt und Eduard erblickte ſie bald darauf in
den breiten Gängen des Gartens. Aber! trog
ihn ſein Auge? noch eine dritte Geſtalt ging
mit ihnen. Thereſe konnte das nicht ſein; ſie
war wenig größer, als Jenny, während dieſe
ſchlanke, hohe Figur Jenny bedeutend über-
ragte. Sie war es! Noch ahnete ſie nichts
von dem Elend, das er empfunden, das der
nächſte Tag auch ihr bringen mußte. Nur noch
dies Eine Mal wollte er ſie glücklich ſehen;
es ſchien ihm, als hätte ſie im Vorübergehen,
trotz der Dunkelheit, nach ſeinen Fenſtern ge-
blickt — im nächſten Moment war er an ihrer
Seite —

„Wo kommſt Du her, Nachtwandler?“
fragte Jenny ſcherzend. „Du haſt mich furcht-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0366" n="358"/>
die Nacht &#x017F;eines Leidens gedrungen. Flü&#x017F;ternd<lb/>
berührten Jenny's und Gu&#x017F;tav's Stimmen &#x017F;ein<lb/>
Ohr. Der milde Abend hatte &#x017F;ie ins Freie ge-<lb/>
lockt und Eduard erblickte &#x017F;ie bald darauf in<lb/>
den breiten Gängen des Gartens. Aber! trog<lb/>
ihn &#x017F;ein Auge? noch eine dritte Ge&#x017F;talt ging<lb/>
mit ihnen. There&#x017F;e konnte das nicht &#x017F;ein; &#x017F;ie<lb/>
war wenig größer, als Jenny, während die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;chlanke, hohe Figur Jenny bedeutend über-<lb/>
ragte. <hi rendition="#g">Sie</hi> war es! Noch ahnete &#x017F;ie nichts<lb/>
von dem Elend, das er empfunden, das der<lb/>
näch&#x017F;te Tag auch ihr bringen mußte. Nur noch<lb/>
dies Eine Mal wollte er &#x017F;ie glücklich &#x017F;ehen;<lb/>
es &#x017F;chien ihm, als hätte &#x017F;ie im Vorübergehen,<lb/>
trotz der Dunkelheit, nach &#x017F;einen Fen&#x017F;tern ge-<lb/>
blickt &#x2014; im näch&#x017F;ten Moment war er an ihrer<lb/>
Seite &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wo komm&#x017F;t Du her, Nachtwandler?&#x201C;<lb/>
fragte Jenny &#x017F;cherzend. &#x201E;Du ha&#x017F;t mich furcht-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[358/0366] die Nacht ſeines Leidens gedrungen. Flüſternd berührten Jenny's und Guſtav's Stimmen ſein Ohr. Der milde Abend hatte ſie ins Freie ge- lockt und Eduard erblickte ſie bald darauf in den breiten Gängen des Gartens. Aber! trog ihn ſein Auge? noch eine dritte Geſtalt ging mit ihnen. Thereſe konnte das nicht ſein; ſie war wenig größer, als Jenny, während dieſe ſchlanke, hohe Figur Jenny bedeutend über- ragte. Sie war es! Noch ahnete ſie nichts von dem Elend, das er empfunden, das der nächſte Tag auch ihr bringen mußte. Nur noch dies Eine Mal wollte er ſie glücklich ſehen; es ſchien ihm, als hätte ſie im Vorübergehen, trotz der Dunkelheit, nach ſeinen Fenſtern ge- blickt — im nächſten Moment war er an ihrer Seite — „Wo kommſt Du her, Nachtwandler?“ fragte Jenny ſcherzend. „Du haſt mich furcht-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/366
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/366>, abgerufen am 24.11.2024.