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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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und glaubte mit Recht erwarten zu dürfen,
daß Du mir aus einem Verhältniß kein Ge-
heimniß machen würdest, welches Dich so gänz-
lich absorbirt. Du kannst nicht leugnen, daß
Du Fräulein Horn liebst?"

"Auch möchte ich das nimmer", fiel Eduard
lebhaft ein.

"So beantworte mir ehrlich die Eine Frage,
wohin soll das führen? Bist Du entschlos-
sen, Christ zu werden?" fragte er weiter, da
Eduard schwieg.

"Um keinen Preis", erwiderte Eduard
fest, "selbst um Clara's Besitz nicht! Ja,
Vater! ich liebe sie, und um sie zu erlan-
gen, sie mein zu nennen, soll kein Mittel
unversucht bleiben. Ihres Herzens bin ich ge-
wiß, obgleich nie ein Wort von Liebe unsere
Lippen berührt hat; und nicht aus Mißtrauen
schwieg ich gegen Dich, sondern weil an dem
Tage, an dem ich Dir Clara als meine Braut

und glaubte mit Recht erwarten zu dürfen,
daß Du mir aus einem Verhältniß kein Ge-
heimniß machen würdeſt, welches Dich ſo gänz-
lich abſorbirt. Du kannſt nicht leugnen, daß
Du Fräulein Horn liebſt?“

„Auch möchte ich das nimmer“, fiel Eduard
lebhaft ein.

„So beantworte mir ehrlich die Eine Frage,
wohin ſoll das führen? Biſt Du entſchloſ-
ſen, Chriſt zu werden?“ fragte er weiter, da
Eduard ſchwieg.

„Um keinen Preis“, erwiderte Eduard
feſt, „ſelbſt um Clara's Beſitz nicht! Ja,
Vater! ich liebe ſie, und um ſie zu erlan-
gen, ſie mein zu nennen, ſoll kein Mittel
unverſucht bleiben. Ihres Herzens bin ich ge-
wiß, obgleich nie ein Wort von Liebe unſere
Lippen berührt hat; und nicht aus Mißtrauen
ſchwieg ich gegen Dich, ſondern weil an dem
Tage, an dem ich Dir Clara als meine Braut

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[349/0357] und glaubte mit Recht erwarten zu dürfen, daß Du mir aus einem Verhältniß kein Ge- heimniß machen würdeſt, welches Dich ſo gänz- lich abſorbirt. Du kannſt nicht leugnen, daß Du Fräulein Horn liebſt?“ „Auch möchte ich das nimmer“, fiel Eduard lebhaft ein. „So beantworte mir ehrlich die Eine Frage, wohin ſoll das führen? Biſt Du entſchloſ- ſen, Chriſt zu werden?“ fragte er weiter, da Eduard ſchwieg. „Um keinen Preis“, erwiderte Eduard feſt, „ſelbſt um Clara's Beſitz nicht! Ja, Vater! ich liebe ſie, und um ſie zu erlan- gen, ſie mein zu nennen, ſoll kein Mittel unverſucht bleiben. Ihres Herzens bin ich ge- wiß, obgleich nie ein Wort von Liebe unſere Lippen berührt hat; und nicht aus Mißtrauen ſchwieg ich gegen Dich, ſondern weil an dem Tage, an dem ich Dir Clara als meine Braut

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/357>, abgerufen am 27.11.2024.