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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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liebten, reichen Mädchens ein angemessenes
Jahrgeld anzunehmen, oder wie es hier der
Fall wäre, eine Mitgift, die im Verhältniß
zu Jenny's einstigem Reichthum durchaus un-
bedeutend erschien. Sie machte ihn darauf
aufmerksam, wie Jenny trotz dem noch Vieles
entbehren würde, woran sie in ihrem väterli-
chen Hause gewöhnt worden, und wie sie durch
die Freudigkeit, mit welcher sie der Zukunft
gedächte, einen sichern Beweis gebe, daß ihr
Reinhard's Liebe höher gelte als jener Reich-
thum, den nur Reinhard selbst so hoch an-
schlage, um sich damit zu quälen. Für einige
Tage waren diese Vorstellungen wirksam gewe-
sen; dann aber hatte es nur eines Wortes be-
durft, das irgend Jemand arglos ausgespro-
chen, und das eine andere Deutung zuließ,
um ihn aufs Neue mit dem finstersten Un-
muth zu erfüllen. Es bewährte sich auch an
ihm, daß Niemand uns so tödtlich zu verletzen,

liebten, reichen Mädchens ein angemeſſenes
Jahrgeld anzunehmen, oder wie es hier der
Fall wäre, eine Mitgift, die im Verhältniß
zu Jenny's einſtigem Reichthum durchaus un-
bedeutend erſchien. Sie machte ihn darauf
aufmerkſam, wie Jenny trotz dem noch Vieles
entbehren würde, woran ſie in ihrem väterli-
chen Hauſe gewöhnt worden, und wie ſie durch
die Freudigkeit, mit welcher ſie der Zukunft
gedächte, einen ſichern Beweis gebe, daß ihr
Reinhard's Liebe höher gelte als jener Reich-
thum, den nur Reinhard ſelbſt ſo hoch an-
ſchlage, um ſich damit zu quälen. Für einige
Tage waren dieſe Vorſtellungen wirkſam gewe-
ſen; dann aber hatte es nur eines Wortes be-
durft, das irgend Jemand arglos ausgeſpro-
chen, und das eine andere Deutung zuließ,
um ihn aufs Neue mit dem finſterſten Un-
muth zu erfüllen. Es bewährte ſich auch an
ihm, daß Niemand uns ſo tödtlich zu verletzen,

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[346/0354] liebten, reichen Mädchens ein angemeſſenes Jahrgeld anzunehmen, oder wie es hier der Fall wäre, eine Mitgift, die im Verhältniß zu Jenny's einſtigem Reichthum durchaus un- bedeutend erſchien. Sie machte ihn darauf aufmerkſam, wie Jenny trotz dem noch Vieles entbehren würde, woran ſie in ihrem väterli- chen Hauſe gewöhnt worden, und wie ſie durch die Freudigkeit, mit welcher ſie der Zukunft gedächte, einen ſichern Beweis gebe, daß ihr Reinhard's Liebe höher gelte als jener Reich- thum, den nur Reinhard ſelbſt ſo hoch an- ſchlage, um ſich damit zu quälen. Für einige Tage waren dieſe Vorſtellungen wirkſam gewe- ſen; dann aber hatte es nur eines Wortes be- durft, das irgend Jemand arglos ausgeſpro- chen, und das eine andere Deutung zuließ, um ihn aufs Neue mit dem finſterſten Un- muth zu erfüllen. Es bewährte ſich auch an ihm, daß Niemand uns ſo tödtlich zu verletzen,

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/354>, abgerufen am 23.11.2024.