"Der morgende Tag wird für das Seinige sorgen"! mit den Worten verließ der alte Meier am Abend seine Frau und Jenny, die noch lange beisammenblieben und, der Ver- gangenheit gedenkend, tausend Entwürfe mach- ten, wie es möglich zu machen sei, daß Mut- ter und Tochter nicht getrennt würden, was bei Reinhard's Beruf leicht der Fall sein konnte. Denn daß der Vater seine Einwilli- gung geben würde, da Jenny ihm versichert, sie könne nicht glücklich sein, nicht leben ohne Gustav, daran glaubten sie nicht zweifeln zu dürfen.
Und doch war der alte Herr der Heirath lange nicht so geneigt, als die beiden Frauen glaubten; und wir finden ihn in früher Mor- genstunde mit Eduard und Joseph, die er zu sich beschieden hatte, in ernsthafter Berathung. Er theilte ihnen die Vorgänge des letzten Abends mit und fand zu seiner Verwunderung, daß
„Der morgende Tag wird für das Seinige ſorgen“! mit den Worten verließ der alte Meier am Abend ſeine Frau und Jenny, die noch lange beiſammenblieben und, der Ver- gangenheit gedenkend, tauſend Entwürfe mach- ten, wie es möglich zu machen ſei, daß Mut- ter und Tochter nicht getrennt würden, was bei Reinhard's Beruf leicht der Fall ſein konnte. Denn daß der Vater ſeine Einwilli- gung geben würde, da Jenny ihm verſichert, ſie könne nicht glücklich ſein, nicht leben ohne Guſtav, daran glaubten ſie nicht zweifeln zu dürfen.
Und doch war der alte Herr der Heirath lange nicht ſo geneigt, als die beiden Frauen glaubten; und wir finden ihn in früher Mor- genſtunde mit Eduard und Joſeph, die er zu ſich beſchieden hatte, in ernſthafter Berathung. Er theilte ihnen die Vorgänge des letzten Abends mit und fand zu ſeiner Verwunderung, daß
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0244"n="232"/><p>„Der morgende Tag wird für das Seinige<lb/>ſorgen“! mit den Worten verließ der alte<lb/>
Meier am Abend ſeine Frau und Jenny, die<lb/>
noch lange beiſammenblieben und, der Ver-<lb/>
gangenheit gedenkend, tauſend Entwürfe mach-<lb/>
ten, wie es möglich zu machen ſei, daß Mut-<lb/>
ter und Tochter nicht getrennt würden, was<lb/>
bei Reinhard's Beruf leicht der Fall ſein<lb/>
konnte. Denn daß der Vater ſeine Einwilli-<lb/>
gung geben würde, da Jenny ihm verſichert,<lb/>ſie könne nicht glücklich ſein, nicht leben ohne<lb/>
Guſtav, daran glaubten ſie nicht zweifeln zu<lb/>
dürfen.</p><lb/><p>Und doch war der alte Herr der Heirath<lb/>
lange nicht ſo geneigt, als die beiden Frauen<lb/>
glaubten; und wir finden ihn in früher Mor-<lb/>
genſtunde mit Eduard und Joſeph, die er zu<lb/>ſich beſchieden hatte, in ernſthafter Berathung.<lb/>
Er theilte ihnen die Vorgänge des letzten Abends<lb/>
mit und fand zu ſeiner Verwunderung, daß<lb/></p></div></body></text></TEI>
[232/0244]
„Der morgende Tag wird für das Seinige
ſorgen“! mit den Worten verließ der alte
Meier am Abend ſeine Frau und Jenny, die
noch lange beiſammenblieben und, der Ver-
gangenheit gedenkend, tauſend Entwürfe mach-
ten, wie es möglich zu machen ſei, daß Mut-
ter und Tochter nicht getrennt würden, was
bei Reinhard's Beruf leicht der Fall ſein
konnte. Denn daß der Vater ſeine Einwilli-
gung geben würde, da Jenny ihm verſichert,
ſie könne nicht glücklich ſein, nicht leben ohne
Guſtav, daran glaubten ſie nicht zweifeln zu
dürfen.
Und doch war der alte Herr der Heirath
lange nicht ſo geneigt, als die beiden Frauen
glaubten; und wir finden ihn in früher Mor-
genſtunde mit Eduard und Joſeph, die er zu
ſich beſchieden hatte, in ernſthafter Berathung.
Er theilte ihnen die Vorgänge des letzten Abends
mit und fand zu ſeiner Verwunderung, daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/244>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.